So dreckig ist unser Laptop: der digitale Fußabdruck von E-Mails & Co

Den meisten Menschen ist wahrscheinlich gar nicht richtig bewusst, dass Umweltschutz nicht nur etwas mit Recycling, Autofahren oder der Ernährungsweise zu tun hat. All das sind natürlich gute Ansätze, aber auch aus digitaler Sicht ergibt es Sinn, seinen ökologischen Fußabdruck zu hinterfragen – quasi den digitalen Fußabdruck.

All unsere E-Mails, Streams & Downloads verursachen CO2-Ausstoß und das nicht gerade wenig. In unserem Netzpiloten Podcast „Tech & Trara“ offenbart uns Holger Holland beispielsweise, dass täglich über 650.000 Tonnen CO2 allein durch Emails erzeugt werden – das sind circa 45.000 vollbesetzte Flüge von München nach London. Holland ist unter anderem der Präsident der World Clean Up NGO und der Initiator des World Clean Up Days in Deutschland. In der aktuellen Podcast Folge erklärt Holger uns, wie man für das Klima aufräumen kann – analog und auch digital. Doch was ist jetzt ein digitaler Fußabdruck und wie trägt die unscheinbare Laptopnutzung zur Umweltverschmutzung bei?

Der digitale Fußabdruck

Wenn man den Ausdruck „digitaler Fußabdruck“ hört, denken viele vielleicht an die Spuren, die man im Internet hinterlässt – also an Fragen der Privatsphäre und des Datenschutzes. Das ist auch richtig, doch in diesem Artikel soll es um den ökologischen digitalen Fußabdruck gehen: Den CO2-Ausstoß, der durch unsere digitale Nutzung entsteht.

Auf den ersten Blick scheint die digitale Welt sehr sauber, in ihr gibt es schließlich keine Abgase, keinen Müll und keinen Benzingeruch. Doch hinter dieser „cleanen“ Fassade befinden sich echte Belastungen. Um das zu verdeutlichen, bleiben wir bei dem Beispiel einer E-Mail und werfen einen Blick auf ihren Werdegang. Zunächst wird sie auf dem Gerät der Absenderin oder des Absenders verfasst und dann per Sendebefehl an ein Rechenzentrum übermittelt. Hier wird sie verarbeitet und gespeichert. Durch verschiedene Netzwerkkomponenten, wie Router, Switches, Glasfaser oder Kupferleitungen, reist sie weiter. So kommt sie schließlich auf dem Gerät der Empfänger*innen an. Für jeden Schritt dieser Reise braucht es Strom. Für die Server, die Übertragung und die Endgeräte – Die Server benötigen dabei nicht nur Strom, um ihre Arbeit zu verrichten, sie müssen auch gekühlt werden.

Der Forscher Mike Berners-Lee schätzt den Verbrauch von E-Mails wie folgt ein: Eine kurze E-Mail benötigt ungefähr 0,4g CO2e, eine längere circa 17g CO2e und eine E-Mail mit Anhängen bis zu 50g CO2e. CO2e steht dabei für Kohlendioxid-Äquivalent. Dies fasst die Gesamtklimawirkung verschiedener Treibhausgase – also nicht nur CO2 – in einer Maßeinheit zusammen.

Der Alltag vor unseren Bildschirmen

Natürlich gehen wir tagtäglich auch vielen Aktivitäten nach, die eben eine hohe Bildschirmzeit mit sich bringen. Neben der Arbeitszeit geht es oft zu Hause weiter – beispielsweise, wenn man sich auf die neue Folge seiner Lieblingsserie freut. Zunächst also das Thema Streaming. Zum Teil kursieren Schlagzeilen und Hochrechnungen, nach denen ein zweistündiger Filmabend angeblich so viel CO2 verursacht wie eine 45-minütige Autofahrt. Solche Vergleiche sind aber oft stark übertrieben. Die International Energy Agency (IEA) schätzt den Fußabdruck deutlich niedriger ein. Eine halbe Stunde Streaming liegt bei rund 18g CO2e – das entspricht gerade einmal 100 Metern Autofahrt. Das klingt zwar erstmal harmlos, doch bei Milliarden von Streaming-Stunden weltweit summiert sich der Effekt enorm und sollte dennoch nicht unterschätzt werden.

Streaming ist dabei aber nur ein Beispiel von Vielen. Ob jetzt also WhatsApp-Nachrichten, Handyspiele oder das endlose Scrollen durch Social Media – all das wirkt im Alltag leicht und unsichtbar, entsteht aber nicht wie durch Zauberhand. Jede digitale Aktivität benötigt Energie, Server, Datenleistungen und Kühlung. Im Einzelnen mögen die Emissionen gering erscheinen, doch in der Summe zeigt sich dann, dass unser digitales Leben eng mit den realen Ressourcen und einem messbaren ökologischen, digitalen Fußabdruck verbunden ist. So summiert sich jede Nachricht, jedes Scrollen und auch jede E-Mail im Postfach.

KI als neuer Energiefresser?

Neben E-Mail, Streaming oder verschiedenen Apps gibt es natürlich auch weitere digitale Aktivitäten, die einen Einfluss auf die Umwelt haben. So erachtet Holger Holland die E-Mails zwar insgesamt als eine hohe CO2-Belastung, räumt aber auch ein, dass E-Mails an sich in der gesamten IT-Sphäre nicht mal den größten Teil ausmachen würden, betrachtet man die Datenmenge. Bei KI-Modellen, so führt er aus, ist das Datenvolumen 20 mal höher. Und genau um diese soll es nun gehen. KI wird immer beliebter, ob ChatGPT oder andere Chatbots – selbst bei Google-Suchen kommt man um die KI-Zusammenfassung am Anfang der Seite nicht herum. Aus dem Alltag vieler Menschen ist KI also fast nicht mehr wegzudenken. Und im Sinne von Climate Tech, kann KI tatsächlich auch Chancen gegen den Klimawandel eröffnen – beispielsweise beim effizienten Einsatz erneuerbarer Energien.

Während eine einzelne Anfrage an ChatGPT im Schnitt rund 4,3 g CO2e verursacht (zur Erinnerung: eine kurze E-Mail verursacht 0,4g CO2e), liegt eine noch höhere Belastung im Hintergrund. Das Training der KI-Modelle. Schätzungen zufolge können hier hunderte Tonnen CO2 verursacht werden. Die IEA macht klar, dass der Energiesektor insgesamt seine Emissionen drastisch senken muss, von aktuell über 13.000 Megatonnen CO2 auf unter null, um einen Netto-Null-Ausstoß 2050 zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Je mehr digitale Anwendungen wir nutzen, desto wichtiger wird es, auf Energieeffizienz zu setzten – auch bei KI.

Ausblick

Greenpeace warnt, dass sich der Stromverbrauch von KI-Rechenzentren bis 2030 drastisch steigern könnte. Während klassische Rechenzentren jetzt schon enorme Mengen Energie benötigen, ist der Bedarf bei der KI noch deutlich höher und das sowohl beim Strom- als auch beim Wasserverbrauch. So wird weiterhin darauf aufmerksam gemacht, dass der Ausbau der KI-Infrastruktur auch dafür sorgt, dass Gas- und Kohlekraftwerke länger am Netz bleiben, wenn nicht gleichzeitig massiv in erneuerbare Energien investiert wird. Greenpeace fordert deshalb klare Regeln, etwa den Einsatz zusätzlicher erneuerbarer Energien und mehr Transparenz über den Ressourcenverbrauch.

Der digitale Fußabdruck – weniger ist manchmal mehr

Wie jetzt also damit umgehen? Neben der Frage nach Effizienz spielt auch das Prinzip der digitalen Suffizienz eine Rolle. Während Effizienz bedeutet, die selbe digitale Aktivität mit weniger Energie zu betreiben, geht Suffizienz noch einen Schritt weiter. Sie stellt die Frage, ob eine Aktivität überhaupt notwendig ist. Dies umfasst Fragen wie: Muss jede Folge in der höchsten Auflösung gestreamt werden? Brauchen wir für jede Kleinigkeit Push-Benachrichtugungen oder einen Newsletter? Digitale Suffizienz heißt also, die Nutzung bewusst zu hinterfragen und in manchen Fällen zu reduzieren, oder anzupassen. Grade in einer Welt, in der Rechenleistung und Datenvolumen enorm schnell wachsen, kann dieser Gedanke sehr wichtig sein, um mehr Nachhaltigkeit zu realisieren. Es muss nicht immer mehr sein, nur weil plötzlich mehr möglich ist.

Fazit

Fest steht also, unser digitales Leben ist nicht immateriell, sondern hinterlässt einen spürbaren ökologischen Fußabdruck. Das heißt nicht, dass wir auf E-Mails, Serien oder KI verzichten müssen. Aber es bedeutet, bewusster mit unseren digitalen Gewohnheiten umzugehen. Unnötige Mails löschen, Videos nicht immer in höchster Auflösung streamen. Auch auf die Hardware bezogen ergibt es Sinn, Geräte nicht ständig auszutauschen, sondern sie länger zu nutzen oder auf refurbed Produkte zurückzugreifen. Noch wichtiger ist aber, dass Unternehmen und Politik klare Rahmenbedingungen schaffen – von erneuerbaren Energien für Rechenzentren bis hin zu effizienter Hardware. Auch die digitale Welt braucht eine nachhaltige Gestaltung.


Image by CDD20 via pixabay

Hat ihren Bachelor in Kulturwissenschaft mit Fokus auf digitale Medien abgeschlossen und verbindet nun ihre Leidenschaft fürs Schreiben mit der Begeisterung für alles, was digital ist. Dabei geht sie gerne den Fragen nach, die unsere vernetzte Welt bewegen und unseren Alltag prägen.


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