Miscast und das Modellieren von Miniaturen

Es ist lange nicht vorgekommen, dass mich ein Online-Inhalt so richtig begeistert hat. Und damit meine ich nicht die Art Begeisterung, die man bei Dingen verspürt, die objektiv gesehen gut gemacht sind. Ich meine die Art Begeisterung, bei der man einfach hängen bleibt. In der man sich alles anguckt und in eine ganz neue Welt gesogen wird. Doch genau das ist mir vor einigen Wochen passiert und jetzt möchte ich euch an einem großartigen YouTube-Channel teilhaben lassen, über den ich rein zufällig gestolpert bin. Die Rede ist von dem YouTuber Miscast! Um meine Faszination für die Videos des Tabletop- und Warhammer-YouTubers verständlicher zu machen, muss ich aber etwas weiter ausholen. Falls euch das nicht interessiert, könnt ihr aber auch einfach direkt zum entsprechenden Abschnitt springen.

Ein kleiner Exkurs

Mit 12 Jahren hatte ich einen Kumpel, Dario. Der besaß kleine Fantasy-Figuren, die er Dunkelelfen genannt hat. Diese Figuren hat Dario laut eigener Aussage selbst bemalt und es waren sehr bunte und detailreiche Miniaturen. Wie Dario mir erklärte, spielt man mit diesen Figuren ein Wargame. Denn es handelte sich nicht bloß um Figuren, sondern um Einheiten, die zu ganzen Armeen zusammengeschlossen werden konnten. 

Das Spiel brauchte lediglich diese Figuren, einen Tisch (daher nennt man diese Art Spiel auch “Tabletop”) und einige wirklich dicke Regelbücher. Nun wurde mit Würfeln und Linealen ein Strategiespiel auf dem Tisch gespielt. Jede Einheit hatte dabei ganz bestimmte Werte und Fähigkeiten, die die Spieler einsetzen konnten. Die Armeen kaufte man aber nicht etwa fertig. Stattdessen wurden die Figuren in Einzelteilen gekauft, mussten zusammengeklebt und bemalt werden. 

Wenn ich ehrlich sein soll, hat mich das Spiel dahinter nicht sonderlich interessiert. Ich war aber völlig begeistert von den Miniaturen. Die sahen einfach cool aus mit all ihren Details und hatten alle eine eigene Hintergrundgeschichte (Lore), die im Warhammer Fantasy-Universum angesiedelt war. Wie ich später herausfand, gab und gibt es hier eine ganze Fantasy-Welt mit Göttern, Helden, Völkern und einer eigenen Historie.

Miniaturen sind teuer

Mein Interesse war geweckt und so sind wir zu einem Laden gefahren, der eben diese Miniaturen, Farben und Pinsel verkauft. Dort musste ich leider mit Ernüchterung feststellen, dass fünf dieser Miniaturen in ungeschliffenen Einzelteilen etwa 20 bis 30 Euro kosten sollten. Für einen 12-jährigen eine Menge Geld. Also war der Traum von meiner eigenen Zwergen-Armee aus und die Faszination wurde in irgendeine entlegene Ecke meines Bewusstsein geschoben. Bis vor kurzem, als sie sich schließlich ihren Weg zurück in mein Bewusstsein bahnte. 

Das Warhammer-Universum

Ein guter Freund hat mir vor ein paar Monaten nämlich den YouTube-Kanal von Raikiir empfohlen. Der YouTuber hat es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, die Hintergrundgeschichte von Warhammer zu vermitteln. Da ich Fantasy und auch Science-Fiction schon immer mochte, habe ich also angefangen, dessen Videos zu schauen. Warhammer gliedert sich nämlich in Warhammer Fantasy (oder Age of Sigmar) und Warhammer 40k. Während Ersteres in einem mittelalterlichen Szenario angesiedelt ist, spielt Letzteres in einem ziemlich dystopischen Sci-Fi-Universum im Jahre 40.000. 

Ich habe das Interesse an der Lore ehrlich gesagt relativ schnell wieder verloren. Die Inhalte sind nämlich so umfangreich, dass es einem Bachelorstudium gleichkäme, sie alle aufnehmen und verstehen zu wollen. Aber irgendwie haben diese Videos meine Faszination für kleine Fantasy-Miniaturen wieder aufleben lassen. 

Also habe ich angefangen zu recherchieren und geschaut, was es für Möglichkeiten gibt, sich diesem Hobby nun doch noch zu widmen. Schnell bin ich auf die kreative Seite des Hobbies und damit auf Miscast gestoßen.

Die besten Vlogs, die ich je gesehen habe

Da mir auch heute noch 30 Euro für unfertiges Plastik unverhältnismäßig viel erscheinen, habe ich also etwas recherchiert zum Thema “Miniaturen selber machen” und bin fündig geworden. Trent Holbrook betreibt seit einigen Jahren den YouTube-Kanal Miscast und nimmt seine Zuschauer mit, wenn er eigene Miniaturen modelliert, bestehende ergänzt oder ganze Landschaften für seine Warhammer-Armeen baut. Dabei fasziniert mich besonders die großartige Ästhetik dieser Videos. Die vermitteln einen Eindruck davon, wie es sich anfühlt, an diesen kleinen Kunstwerken zu arbeiten, Modelle zu bemalen und sich einfach in der kreativen Arbeit zu verlieren. Trent zeigt hier oft, was er sich vorgenommen hat, wie er es angeht und lässt uns in einem Voice Over an seinen Gedanken während der Arbeit teilhaben. Das ergibt eine tolle Mischung aus Einblicken in seine Persönlichkeit und Fakten und Inspirationen für das Hobby selbst.

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Die Videos lassen sich am ehesten als Vlogs beschreiben. Ein Format, das mich schon immer fasziniert hat, das viele YouTuber aber mit Themen füllen, die mich nicht wirklich interessieren. Anstatt mir lediglich das Leben einer Person anzugucken, finde ich es viel schöner, durch einen Vlog die Freude an einem Hobby wie diesem zu teilen. Wenn der dann auch noch persönlich ist, umso besser!

Die Ästhetik des Unnützen

In der Digitalbubbel geht es viel darum, mit seinem kreativen Können irgendeinen Wert zu schöpfen. Das Bemalen von kleinen Plastikfiguren dagegen hat zumindest keinen unmittelbar erkennbaren Wert. Damit lässt sich auch nicht zwingend Geld verdienen. Und gerade das fasziniert mich daran. Es ist einfach ein Hobby. Und Miscast transportiert genau diese Entspanntheit, diese pure Freude am kreativen Arbeiten in seinen Videos. Dabei verkauft er manche seiner Kreationen auch. Hin und wieder spricht er auch darüber, wie schwer es mitunter ist, diese naive Freude an seinem Hobby aufrecht zu erhalten. Besonders mit der Reflektion über seine kreative Tätigkeit und was sie in ihm auslöst, kann ich mich gut identifizieren und entdecke mich oft darin wieder. So zum Beispiel in dem Spannungsfeld zwischen Leistung und Spaß in einer Sache. 

Mal etwas analoges machen

Als jemand, der beruflich bedingt gefühlt vor seinem Computer leben muss, ist so ein analoges Hobby wirklich eine tolle Abwechslung. Schlussendlich habe also auch ich mir folgende Dinge bestellt und angefangen, eigene Miniaturen zu modellieren und zu bemalen. Wenn man ein bisschen recherchiert, kommt man damit sehr viel günstiger weg, als die Figuren fertig zu kaufen. Auch ist es ratsam nicht direkt alles zu kaufen und mit den teuersten Mitteln zu starten. Letztlich tun es auch Dinge, die man ohnehin zuhause hat.

Falls ihr euch jetzt aber inspiriert fühlt und das ganze selbst ausprobieren wollt, hier eine kleine Einkaufsliste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber zumindest mir genug Freiraum für Kreativität gibt:

Durch die Miscast-Videos solltet ihr ein gutes Gefühl dafür bekommen, wie man seine eigenen Figuren modelliert. Seid nicht frustriert, wenn eure ersten Miniaturen nicht so toll aussehen. Man muss für Form und auch das Material erstmal ein Gefühl bekommen.

Mit Lutz Staacke habe ich mich in unserem Podcast „Tech & Trara“ übrigens über die Bedeutung analoger Tätigkeiten als digital Arbeitende unterhalten. Die Folge könntet ihr super beim malen oder modellieren nebenbei hören.


Titelbild von Danie via Adobe Stock


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