Irgendwo abgelegen in einem alten Industriegebäude: In der sonst leerstehenden Lagerhalle stehen einige Schreibtische. Auf ihnen Computerbildschirme, mindestens zwei pro Tisch. Es ist dunkel, aber die Computer leuchten und nur ihr Blinken durchbricht ab und zu die Stille. Davor sitzen eine Handvoll Menschen. Eine Gruppe mit dunkler Kleidung, die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Alle schweigen.
So oder so ähnlich würden Hackerspaces wohl in Filmen vorgestellt werden. Doch was kann man sich tatsächlich unter Hackerspaces vorstellen? Welche gibt es und woher kommen sie? Im Folgenden erhaltet Ihr einen Überblick über die Hintergründe und Funktionen von Hackerspaces, einen Einblick in ihren Alltag und eine akkurate Vorstellung davon, wie sie wirklich aussehen können.
Was ist ein Hackerspace?
Ein Hackerspace ist erstmal – im Gegensatz zu dem eingangs gezeichneten Bild – ein Ort des Austausches. Hier treffen sich verschiedene Menschen mit einem gemeinsamen Interesse am Hacken, an Wissenschaft, Technik und am elektronischen Tüfteln. Man begegnet sich, arbeitet gemeinsam an Projekten und lernt voneinander. Hackerspaces sind dabei reale Orte, die fast überall auf der Welt verteilt sind. Viele dieser Spaces sind ebenfalls vernetzt. Ein Beispiel ist die Internetseite hackerspaces.org. Sie ist ein informelles und ehrenamtlich organisiertes Netzwerk, in dem Gemeinschaftsdienste bereitgestellt werden. Beispielsweise ein offenes Wiki, indem jede*r Infos, Erfahrungen und Fragen rund um Hackerspaces teilen kann.
In Hackerspaces herrscht eine große Do-it-yourself-Mentalität. Die Ausstattung kann dabei variieren und von Computern und Mikrochips bis zu 3D-Druckern oder Laser Cuttern reichen. Manchmal kann der Übergang zu einem Makerspace fließend sein, je nachdem wie viele größere Maschinen und Werkzeuge zur Verfügung stehen. Makerspaces kann man sich dabei als eine Art offene Werkstatt vorstellen. Auch Hackerspaces sind offen für alle. Hier kann es aber auch um die Förderung von technischer Allgemeinbildung gehen oder auch um relevante Themen der Hackerkultur – etwa die Netzpolitik. So findet neben den Workshops oder dem gemeinsamen Lernen und Ausprobieren auch Öffentlichkeitsarbeit statt, beispielsweise in Form von Vorträgen.
Hackerspace = Co-Working-Space?
Auf den ersten Blick könnte man meinen Hackerspaces seien das gleiche wie Co-Working-Spaces. Große Räume, Plätze zum Arbeiten und Menschen vor Computern. Doch der Schein trügt. Während Co-Working-Spaces in der Regel auf beruflichem Arbeiten aufbauen, häufig gegen Miete und mit Fokus auf Produktivität, geht es in Hackerspaces eher um gemeinsames Lernen, Basteln und Experimentieren. Das ganze ohne wirtschaftlichen Druck aber mit Offenheit und im Austausch miteinander. Hackerspaces sind also weniger Büro und mehr kreatives Labor.
Ein genauerer Einblick: Beispiele
c-base
Ein besonders bekannter Hackerspace ist die c-base aus Berlin. Dabei wird der Name bewusst klein und mit Bindestrich geschrieben, das ist Teil des c-lang (ausgesprochen wie Slang), ein interner Jargon, den die Mitglieder verwenden.
Ganz generell weist dieser Hackerspace einige kreative Besonderheiten auf, beispielsweise seinen eigenen Gründungsmythos. Die c-base ist laut ihren Mitgliedern nämlich eine vor 4,5 Milliarden Jahren abgestürzte Raumstation, die nun Stück für Stück rekonstruiert wird. Diese Geschichte bildet den kreativen Rahmen des Hackerspaces. Der Berliner Fernsehturm war dabei ursprünglich die Antenne der c-base und soll ein Beleg für diesen Mythos sein. Auch die Räumlichkeiten erinnern an ein Raumschiff. So lässt sich auf der Website eine c-tour durch die verschiedenen Ringe der Raumstation unternehmen, indem man über jeden Ring (der einen eigenen Aufgabenbereich darstellt) textbasierte Informationen erhält.
Im physischen Raum der c-base gibt es ebenfalls verschiedene Vereinsräume. So gibt es Zimmer, die als Seminarräume fungieren, Rückzugsorte für Mitglieder mit PCs und Couchecke, einen Raum mit Lötstation und 3D-Druckern, ein Tonstudio, eine Teeküche und vieles mehr. Der Hackerspace des c-base e.V. steht dabei allen Gruppen zur Verfügung, die sich mit den Zielen des eingetragenen Vereins identifizieren können. Ein Anmeldeformular für eine Mitgliedschaft lässt sich ebenfalls auf ihrer Website finden. Der monatliche Beitrag beträgt 17 Euro, für Rentner*innen, Schüler*innen, Student*innen oder Arbeitslose gibt es eine Ermäßigung. Die Teilnahme an Seminaren kostet 5 Euro und für Mitglieder 3 Euro.
Metalab
Für ein weiteres bekanntes Beispiel wechseln wir diesmal das Land und richten den Blick auf Österreich. In Wien befindet sich das Metalab. Dieser Hackerspace folgt zwar keinem künstlerischen Rahmen-Konzept wie die c-base, ist aber in der Funktion und Möglichkeiten sehr ähnlich.
Das Metalab versteht sich dabei ebenfalls als offener Raum für Technikinteressierte, die gemeinsam an Projekten arbeiten, voneinander lernen wollen und sich über gesellschaftliche und digitale Themen austauschen. Im Metalab gibt es verschiedene Interessengruppen mit dem Fokus auf Programmierung, Netzwerktechnik, Amateurfunk, Elektronik, Robotik, Kunst, Aktivismus und Inklusion. Verschiedene Veranstaltungen, wie Workshops oder Vorträge sind dabei in der Regel kostenlos und ohne Voranmeldung besuchbar. Eine Übersicht findet sich auf der Website.
Unter den Werkzeugen, die dem Metalab zu Verfügung stehen, finden sich Lasercutter, 3D-Drucker, eine CNC-Fräse, ein Elektroniklabor und vieles mehr. Gäste dürfen diese Werkzeuge benutzen, benötigen vorher aber gegebenenfalls eine Einführung. Die Geräte können kostenlos verwendet werden, Spenden sind jedoch gerne gesehen – eine Ausnahme stellt der Lasercutter mit 0,60 Euro pro Minute Schnittzeit dar. Grundsätzlich ist eine Mitgliedschaft nicht erforderlich, bei regelmäßigem Besuch im Hackerspace aber gerne gesehen. Sie beträgt 30 Euro und auch hier gibt es Ermäßigungen. Außerdem gibt es OpenDays an dem die Mitglieder neue Besucher*innen durch die Räumlichkeiten führen.
Das angesprochene Netzwerk hackerspaces.org wurde darüber hinaus von Paul Böhm, dem Metalab-Gründer, sowie weiteren Hackerspace-Aktiven gestartet.
Die Einflüsse des Chaos Computer Clubs
Der Chaos Computer Club (CCC) ist zwar kein Hackerspace, aber er war und ist einer der wichtigsten Wegbegleiter für deren Entstehung im deutschsprachigen Raum. Der CCC ist ein eingetragener Verein und schuf Strukturen, die die Elemente späterer Hackerspaces vorwegnehmen. Es gab und gibt offene Treffen, politisches Engagement in technischen Fragen sowie einen Fokus auf Aufklärung und freien Zugang zu Wissen. Der Club besteht aus dezentralen Gruppen. Kleinere Gruppen heißen Chaostreffs, während sich die größeren und aktiveren Gruppen Erfas (Erfahrungsaustauschkreise) nennen. Hier werden regelmäßig Veranstaltungen und Treffen organisiert. Außerdem gibt der CCC seine eigene Vereinszeitschrift, Die Datenschleuder, heraus.
Die inhaltliche Ausrichtung des Chaos Computer Clubs ist – wie bereits angedeutet – eng mit der sogenannten Hackerethik verknüpft. Dabei geht es zum Beispiel um die Informationsfreiheit und um die Auswirkungen von Technologie auf die Gesellschaft. Entsprechend engagiert sich der CCC auch gesellschaftspolitisch, vor allem im digitalen Raum. Zudem arbeitet der Club mit anderen Organisationen zusammen, die ähnliche Ziele verfolgen und gemeinsame Werte teilen. So kooperiert unter anderem auch c-base mit ihnen.
Weniger mysteriös als gedacht
Wer also bei Hackerspaces an nur schwer auffindbare dunkle Räume, Kapuzenpulli und Geheimniskrämerei denkt liegt doch eher daneben. Tatsächlich sind sie Orte der Zusammenarbeit, der Offenheit und der Neugier. Sie leben von Menschen die sich einbringen, die helfen, erklären, zuhören und ausprobieren.
In einer Welt die immer stärker von Technik geprägt ist gewinnen solche Orte an Bedeutung. Vielleicht lohnt es sich also, selbst mal einen Hackerspace in der Nähe zu besuchen, nicht nur zum Hacken, sondern zum Verstehen, Lernen und Mitmachen.
Image by Bmonster Lab via pexels
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