Nachhaltigkeit gewinnt auch in der Raumfahrt immer mehr Bedeutung. Im New Space konkurrieren statt Länder nun vor allem Unternehmen um die Raumfahrt.
Nachhaltigkeit in der Raumfahrt ist dabei sowohl Imagepflege als auch Kostenreduktion für die eigenen Raketenstarts. Doch sollte man Raketenstarts deshalb in ein grünes Licht rücken – oder steckt dahinter doch nur Greenwashing? Da man nie voreilige Entschlüsse ziehen sollte, ohne das Wissen zu haben, beleuchten wir das Thema in diesem Artikel, um mitreden zu können:
Wir stellen uns die Frage: Womit verschmutzen Raketen überhaupt das All? Was für negative Auswirkungen hat es auf den Klimawandel , und warum ist es vielleicht sogar positiv für uns?
Die Verschmutzungsprobleme der Raumfahrt
Starten wir mit CO₂, dem Klimakiller Nummer eins.
Ja, auch Raketen stoßen davon einiges aus. Besonders beim Start wird massig Treibstoff verbrannt, und das ist nicht einfach nur Benzin wie im Auto. Es sind spezielle Raketentreibstoffe – flüssiger Wasserstoff, Kerosin oder sogar festes Treibmittel, je nach Rakete. Dabei entsteht nicht nur CO₂, sondern je nach Treibstoff auch Stickoxide, Wasserdampf und andere Partikel. Sie bleiben länger in der oberen Atmosphäre und beeinflussen das Klima, da die Emissionen nicht am Boden entstehen, sondern in der Stratosphäre, ein Bereich, der besonders empfindlich reagiert. Nicht nur der Flug selbst, auch die Herstellung der Raketen ist ein Faktor, der dem Ziel von Nachhaltigkeit in der Raumfahrt Steine in den Weg legt. Materialien wie Aluminium, Titan oder Verbundstoffe müssen unter hohem Energieeinsatz produziert werden.
Dazu kommt der Müll: Jedes Trägerraketenteil, das beim Start ins Meer oder in die Wüste fällt, ist oft einfach verloren. Die Raketen sind in vielen Fällen Einwegprodukte – zumindest noch. Rußpartikel aus festen Treibstoffen können in der oberen Atmosphäre das Sonnenlicht blockieren. Dazu kommen akustische Belastungen für Tiere (der Lärm ist stark) und natürlich das Thema Weltraumschrott: Alte Satelliten, ausgediente Raketenstufen – all das kreist da oben und wird irgendwann zum Risiko. Die gesellschaftliche Akzeptanz spielt ebenfalls eine Rolle, denn die Raumfahrttechnik hat nicht mehr ihren Elite-Status wie bei der ersten Mondlandung. Wie eben beschrieben, schauen die Menschen nun auch auf die Folgen, die solche Aktionen auf die Umwelt haben.
Nun haben wir beleuchtet, wie schädlich die Raumfahrttechnik ist – jedoch hat jede Medaille auch zwei Seiten. Denn die Raumfahrt hat auch eine ziemlich starke grüne Seite. Ohne Satelliten könnten wir viele Umweltprobleme gar nicht so richtig erkennen. Zum Beispiel Wettervorhersagen: Diese werden durch Satelliten viel genauer. Oder der Klimawandel, der durch Satellitenbilder beobachtet wird – Eisschmelze, Temperaturveränderung, CO₂-Verteilung. Nicht zu vergessen die Landwirtschaft: Mit Satellitendaten weiß man nämlich, wann am besten gedüngt oder geerntet werden kann – das spart Ressourcen und verhindert Überdüngung. Laut Elon Musk haben wir als Zukunftsoption eh nur noch den Mars – also lieber einen Sprint hinlegen, etwas Verschleiß in Kauf nehmen und dann am Ende sicher am Ziel sein. Spaß beiseite: Das Ganze bedeutet nun – ohne die Raumfahrt könnten wir viele Umweltprobleme gar nicht so richtig verstehen, geschweige denn lösen.
Doch nicht so umweltschädlich wie gedacht?
Nachhaltige Entwicklung in der Raumfahrt
Denn wir wissen jetzt, dass Raketen Dreck produzieren – aber im Vergleich zu uns Menschen ist das gar nicht so viel. Ein Start der Falcon 9 von SpaceX verursacht ungefähr 336 Tonnen CO₂. Klingt erstmal nach viel? Aber zum Vergleich: Ein Langstreckenflug von Frankfurt nach New York und zurück mit einem Passagierflugzeug verursacht für alle Passagiere zusammen rund 600 Tonnen CO₂. Natürlich ist ein Raketenstart spektakulärer – und passiert auf einmal. Aber weltweit fliegen täglich über 100.000 Flugzeuge. Raketen? Vielleicht 200 Starts im Jahr.
Nicht zu vergessen: Auch Satelliten spielen für uns eine wichtige Rolle. Beobachtungen des Klimawandels, die besten Düngezeiten und Wettervorhersagen – all das wäre ohne Raumfahrttechnik nicht möglich. In unserem Artikel Remote Sensing einfach erklärt, sind wir den Satelliten und ihren Funktionen näher auf den Zahn gegangen.
Schluss mit Einweg
Wiederverwendbare Raketen verändern die Raumfahrt grundlegend. Statt nach dem Start wie früher ins Meer zu stürzen, landen viele Raketenstufen inzwischen kontrolliert zurück auf der Erde. SpaceX macht es mit der Falcon 9 vor: Die erste Stufe bremst nach dem Start gezielt ab, richtet sich aus und landet entweder auf einem Schiff im Meer oder auf einer Plattform an Land. Das spart nicht nur Material, sondern senkt auch die Startkosten deutlich – weil teure Bauteile nicht jedes Mal neu gebaut werden müssen. So können Raketen viel häufiger und günstiger eingesetzt werden.
Auch Blue Origin nutzt dieses Prinzip bei der New Shepard. Diese Rakete bringt Passagiere oder Experimente in den suborbitalen Raum und kehrt danach kontrolliert zur Erde zurück. Die Landung erfolgt mit Hilfe von Triebwerken, die den Fall abbremsen, und ausklappbaren Beinen zur Stabilisierung. Der Ansatz erinnert an Flugzeuge: Wenn sie sicher landen können und wieder starten, warum nicht auch Raketen?
Das Ergebnis sind weniger Weltraumschrott, geringere Umweltbelastung und mehr Flexibilität. Tests zeigen, dass einzelne Booster bis zu 10 Mal und mehr wiederverwendet werden können. Auch andere Firmen wie Rocket Lab und sogar staatliche Programme in China und Europa arbeiten inzwischen an eigenen Systemen zur Rückführung und Wiederverwendung – mit dem Ziel, Raumfahrt langfristig günstiger und nachhaltiger zu machen
Die bessere Ressourcennutzung
Wiederverwendbare Raketen, wie bei SpaceX, sind ein erster Schritt. Noch spannender sind aber die neuen Treibstoffe. Statt Kerosin oder stark gekühltem Wasserstoff setzt man heute auf Methan mit Flüssigsauerstoff. Das ist deutlich sauberer, leichter zu lagern und theoretisch sogar direkt auf dem Mars herstellbar. Methan bleibt bei normalen Temperaturen flüssig, lässt sich einfacher transportieren und hinterlässt beim Start weniger Rückstände. Genau deshalb wird es gerade für Langzeitmissionen immer beliebter.
SpaceX nutzt dafür das Raptor Triebwerk, Blue Origin entwickelt das BE4. Beide setzen auf Methan, weil es nicht nur effizient, sondern auch wiederverwendbar einsetzbar ist. Auch bei Festtreibstoffen passiert gerade viel. Statt giftiger Chemikalien werden Alternativen wie Zucker oder Wachs getestet. Klingt einfach, funktioniert aber gut und ist besonders für kleinere Raketen sinnvoll. Sie sind günstig, brennen zuverlässig und verursachen weniger Belastung für Umwelt und Personal.
Zusätzlich gibt es hybride Antriebe. Dabei wird fester Brennstoff mit flüssigem Sauerstoff kombiniert. Diese Lösung gilt als sauber, kostengünstig und technisch unkompliziert. Das französische Startup HyPrSpace entwickelt genau so ein System – kompakt, sicher und vielversprechend für kleinere Missionen.Neben SpaceX und Blue Origin arbeitet auch Orbex in Schottland an einer nachhaltigen Lösung. Sie testen eine kleine Rakete, die mit einem fast CO2 neutralen Treibstoff aus Bio Abfällen betrieben wird. Und auch die ESA unterstützt Forschungen zu neuen Antrieben. Ziel ist es, komplett auf giftige Stoffe zu verzichten und die Raumfahrt sauberer zu machen – gerade bei kleinen Trägerraketen ein wichtiges Thema.
Ressourcen vor Ort
Statt alles von der Erde mitzubringen, will man in Zukunft lieber das nutzen, was es direkt auf dem Mond oder Mars gibt. Genau das steckt hinter „In-Situ Resource Utilization“, der Nutzung von Ressourcen vor Ort. Was früher nach Science-Fiction klang, wird längst in der Praxis getestet: Treibstoff aus CO₂ und Wasser, Sauerstoff aus Mondstaub oder Gebäude aus 3D-gedrucktem Gestein. Redwire Space testet zum Beispiel, wie man mit einem speziellen Mondstaub-Ersatz auf der ISS Bauteile drucken kann. Die Idee: Auf dem Mond könnten später ganze Stationen direkt vor Ort entstehen – ganz ohne schwere Lieferungen von der Erde.
Erste Tests in der Schwerelosigkeit haben funktioniert. Jetzt geht es darum, wie sich das auf dem Mond selbst umsetzen lässt. Auch Masten Space Systems ist dran. Sie entwickeln ein Verfahren, um Sauerstoff aus dem feinen Mondstaub zu gewinnen. In dem Staub ist Sauerstoff gebunden, den man durch Erhitzen freisetzen kann. Im Labor klappt das schon – in Zukunft könnten so Astronauten direkt vor Ort Luft und Treibstoff erzeugen. Auf dem Mars sieht das anders aus: Dort will man aus dem CO₂ der Atmosphäre und gefrorenem Wasser Methan herstellen, ein Treibstoff, der sich mit der Sabatier-Reaktion gewinnen lässt. Auch das wird bereits getestet, zum Beispiel für spätere Marsmissionen von SpaceX.
Kurz gesagt: Viele dieser Technologien funktionieren bereits im Labor oder auf Testflügen. Wenn sie sich im All bewähren, wäre das ein riesiger Schritt für nachhaltige Raumfahrt und ein Weg, wirklich unabhängig von der Erde zu werden.
Weltraumlift
Ein Aufzug ins All. Klingt verrückt, aber die Idee ist ernst gemeint. Ein riesiges Seil, das von der Erde bis weit in den Orbit reicht, und an dem man Fracht hochzieht statt sie mit Raketen hochzuschießen. Keine Triebwerke, keine Abgase, aber dafür riesige technische Herausforderungen. Das größte Problem ist das Material. Das Seil müsste über 36.000 Kilometer lang sein und dabei sein Eigengewicht, Wind, extreme Temperaturen und die Belastung durch Aufzüge aushalten. Bis jetzt gibt es keinen Stoff, der das leisten kann. Geforscht wird an Nanoröhren und Graphen, aber die Technik ist noch nicht einsatzbereit.
Auch der Ort ist entscheidend: Der Lift müsste genau am Äquator stehen, weil nur dort die Erdrotation das Seil im Gleichgewicht halten kann. Das schränkt mögliche Standorte stark ein und macht den Bau noch komplexer. Selbst wenn das Seil machbar wird, bleiben Fragen: Wie schützt man es vor Weltraumschrott? Wie steuert man den Betrieb über diese gewaltige Strecke? Und was passiert bei Naturkatastrophen am Boden? Trotzdem wird die Idee weiterverfolgt. Die japanische Firma Obayashi plant bis 2050 den Bau eines Weltraumaufzugs. In Europa untersucht die EUSPA Space Elevator Initiative erste Ansätze. Noch ist vieles Theorie – aber die Hoffnung bleibt: ein sauberer, kostengünstiger Zugang zum All.
Wer sonst noch dran schraubt
Nicht nur SpaceX denkt um. Auch kleinere Start-ups tüfteln an sauberer Raumfahrt. Skyrora aus Großbritannien testet gerade Treibstoffe aus Recycling-Abfällen – zum Beispiel aus Plastik. In Deutschland will die Rocket Factory Augsburg Mikroraketen bauen, die wiederverwendbar sind und deutlich weniger Platz brauchen. Und Relativity Space aus Kalifornien? Die drucken ihre Raketen einfach komplett mit dem 3D-Drucker. Das spart Material, reduziert Produktionszeit und ermöglicht flexible Designs. Auch andere Start-ups gehen spannende Wege: Orbex aus Schottland entwickelt eine umweltfreundliche Mikrorakete, die mit Biopropan betrieben wird und kaum CO₂ ausstößt. Und das französische Unternehmen Hybrid Propulsion for Space(HyPrSpace) arbeitet an einer neuen Hybridrakete, die ebenfalls sauberer starten soll – mit flüssigem Sauerstoff und festem Treibstoff.
So stehen internationale Weltraumbehörden zur Nachhaltigkeit der Raumfahrt
Auch bei den großen Raumfahrtbehörden wird Nachhaltigkeit in der Raumfahrt immer wichtiger – egal ob beim Treibstoff, beim Raketenbau oder im Umgang mit Weltraummüll.
Die ESA (Europäische Weltraumorganisation)
Die ESA will ab 2030 keinen neuen Weltraummüll mehr hinterlassen. Mit der Initiative „Zero Debris“ soll dafür gesorgt werden, dass keine Raketen- oder Satellitenteile unkontrolliert im All bleiben. Außerdem arbeitet die ESA mit Firmen wie ClearSpace zusammen, die später aktiv alten Schrott aus dem All holen sollen. Auch bei Raketen setzt die ESA auf Fortschritt: Die neue Ariane 6 soll effizienter und sparsamer sein. Sie ersetzt die alte Ariane 5 und kann je nach Bedarf angepasst werden.
Die NASA (USA)
In den USA läuft vieles über Zusammenarbeit mit private Firmen. SpaceX ist wohl das bekannteste Beispiel – mit wiederverwendbaren Raketen wie der Falcon 9 und Plänen für sauberen Methan-Treibstoff aus CO2 auf dem Mars. Auch andere Firmen wie Blue Origin, Rocket Lab oder Firefly Aerospace arbeiten an umweltfreundlicheren Antrieben und neuen Konzepten. Die NASA selbst achtet bei eigenen Missionen immer mehr auf saubere Materialien, weniger Emissionen und technische Lösungen, die mehrfach genutzt werden können.
Asien: China, Japan und Südkorea
China geht seinen eigenen Weg, arbeitet aber inzwischen daran, Raketen sauberer zu machen und den Müll im All zu reduzieren. Die Long March Raketen sollen in Zukunft gezielter zurückfallen oder sich kontrolliert auflösen. Japan setzt auf sehr leichte Satelliten und kleinere Trägersysteme. Das spart Material und senkt die Umweltbelastung. Die japanische Raumfahrtagentur JAXA beteiligt sich außerdem an internationalen Projekten zur Vermeidung von Weltraumschrott. Auch Südkorea entwickelt eigene Raketen und legt den Fokus auf Effizienz. Gleichzeitig arbeitet das Land mit anderen Agenturen in Asien zusammen, um Raumfahrt langfristig nachhaltiger zu gestalten.
Fazit zur Nachhaltigkeit in der Raumfahrt:
Raumfahrt und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus, aber sie passen auch noch nicht perfekt zusammen. Raketenstarts belasten die Umwelt, doch der Vergleich mit anderen Industrien relativiert vieles. Gleichzeitig bringt die Raumfahrt auch Vorteile für den Umweltschutz, etwa durch Satellitenbeobachtung und präzisere Wetterdaten. Neue Treibstoffe, wiederverwendbare Raketen und clevere Ideen wie die Nutzung lokaler Ressourcen zeigen: Es bewegt sich was. Noch ist nicht alles nachhaltig, aber die Richtung stimmt. Und wer weiß, vielleicht wird die umweltfreundliche Raumfahrt bald der neue Standard sein.
Image by SpaceX via Pexels
Artikel per E-Mail verschicken
