Dschungelcamp für Kinder

Katrin Viertel von medienlotse.com beantwortet Fragen rund ums Thema Erziehung und digitale Medien. Heute geht es ums RTL „Dschungelcamp“ für Kinder und Jugendliche.

In der Klasse meines Sohnes (13) gucken viele regelmäßig die RTL Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“. Auch er möchte das gern mal sehen, und ich verstehe das: Schließlich schaue ich die Sendung selbst gern und alle reden darüber. Seine Lehrerin ist jedoch entsetzt und möchte, dass diese Sendung von den Schülerinnen und Schülern auf keinen Fall geguckt wird. Was meinen Sie?

Antwort:

Zunächst einmal werden Lehrerinnen und Lehrer im Allgemeinen die Verantwortung für das, was zu Hause passiert, auch zu Hause belassen. Wenn sie das nicht tun, werden sie sicher gute Gründe dafür haben. Haben Sie sie einmal gefragt?

Ohne Ihrem Sohn bösen Willen unterstellen zu wollen, könnte es doch vielleicht sein, dass ein wichtiges Detail aus dem Schulleben noch nicht bis zu Ihnen vorgedrungen ist, das jedoch die Forderung der Lehrerin in einem anderen Licht erscheinen lässt? Erkundigen Sie sich doch auch einmal ganz gezielt bei Ihrem Sohn, worüber genau im Zusammenhang mit der Show in der Schule gesprochen wird. Ist es Schadenfreude? Sind es die peinlichen, gefährlichen und ekelhaften Aspekte? Oder ist das Zwischenmenschliche: Das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe, das Mobben gegen Einzelne oder die Liebesbeziehungen? Die Tatsache, dass – in diesem Fall per kostenpflichtigem Tele-Voting – jemand aus der Gruppe für etwas besonders Ekliges herausgepickt werden kann? Womöglich wurden in der Schule einzelne Aktionen, Schimpfwörter oder Verhaltensweisen übernommen und dies war der Grund für die Bitte der Lehrerin.

Auch wenn uns dies nur selten bewusst ist, so lernen wir beim Fernsehen stets etwas, so ganz nebenbei und zwar über lange Zeiträume hinweg. Damit meine ich kein Faktenwissen, sondern etwas über Rollenbilder und Verhaltensweisen im Allgemeinen und hier im Speziellen über Respekt und Anstand. Was dazu im Dschungelcamp gezeigt wird, möchten Sie Ihrem Sohn als Rollenmodell und Verhaltensvorbild wohl nicht zumuten.

Einem gesunden 13-Jährigen wird es wahrscheinlich nicht nachhaltig schaden, wenn er – in Gesellschaft seiner Eltern – einmal die Sendung sieht, und sei es nur, damit er eben mitreden kann, zum Beispiel am Wochenende. Nutzen Sie das gemeinsame Schauen, um über den Konflikt zwischen Würde und Respekt auf der einen Seite und Sensationslust und Einschaltquote auf der anderen Seite zu sprechen. Überlegen Sie dabei auch noch einmal gemeinsam, was die Lehrerin bewogen haben könnte, die Sendung zu verbieten zu wollen.

Auch wenn Sie selbst gern in den Dschungel sehen, sollte klar sein, dass dies kein Format für Kinder und Jugendliche ist: Schon allein der Ausstrahlungstermin nach 22 Uhr (siehe hier bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen) ist ein darauf sicherer Hinweis.

ist promovierte Kommunikationswissenschaftlerin, arbeitete viele Jahre als Journalistin für gedruckte und Online-Medien sowie für das Fernsehen, hauptsächlich zu Medienthemen, bis sie ihre neue Berufung fand. Seitdem berät und informiert sie als Medienlotse.com (http://www.medienlotse.com) Eltern, die sich fragen: Was machen unsere Kinder mit digitalen Medien? Und wie sollen wir damit umgehen?


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1 comment

  1. Also man kann sich auch küstlich aufregen. Die Lehrerin hat meiner Meinung nach ein wenig zuviel des Pädagogen in sich. Ich hasse diese Show zwar, wüsste aber jetzt nicht, was einem 13-jährigen hier an seelischem Schaden entstehen sollte (vielleicht Verdummung, aber dazu geht er ja noch in die Schule :-))

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