David Ziegelmayer

Am 10. Juli 2007 war der Anwalt David Ziegelmayer zu Gast in der Blogsprechstunde von politik-digital.de in Kooperation mit den Blogpiloten. Zum Thema Abmahnungen erklärte er den richtigen Umgang mit Abmahnungsbescheiden und wie Blogger sich vor ihnen schützen können.

Moderator: Hallo und herzlich willkommen zur Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten. Zum Thema Abmahnungen und Urheberrecht ist heute David Ziegelmayer zu Gast. Der Rechtsanwalt arbeitet bei der Kanzlei Lampmann und Behn und schreibt für den kanzleieigenen Blog [http://www.lampmann-behn.de/blog/]. Herr Ziegelmayer, kann es losgehen?

David Ziegelmayer: Bin drin!

Moderator: Unsere Nutzer konnten bereits im Vorfeld Fragen stellen und bewerten. Die drei Fragen mit den meisten Stimmen eröffnen den Chat. Hier Nummer eins:

ra: Stimmt es, dass immer mehr Rechtsanwälte sich auf Abmahnungen spezialisieren, weil man damit Geld schneiden kann und stimmt es, dass das meist eher unterbefähigte Rechtsanwälte – aus Not – machen?

David Ziegelmayer: Na, das ist eine Einstiegsfrage. Ich kann in jedem Fall bestätigen, dass es eine starke öffentliche Aufmerksamkeit gibt. Sich „auf Abmahnungen zu spezialisieren“ ist im Übrigen nicht so leicht, weil ich die Materien Wettbewerbs- und Urheberrecht für sehr kompliziert halte – das gilt vor allem im prozessualen Bereich. Ob es besonders viele „unterbefähigte“ Anwälte gibt, mag ich nicht beurteilen. Das würde ich nicht am Rechtsgebiet festmachen. Übrigens: So lukrativ und einfach wie einige Mandate zum Beispiel im Arbeits- oder Scheidungsrecht ist dieses Gebiet nicht unbedingt. Ich will auch nicht verheimlichen, dass Abmahnungen auch eine Geldquelle für kämpferische Anwälte auf Seiten des Abgemahnten sein können, die ihre Mandanten oft in aussichtslose Prozesse schicken, weil sie sie in dem leider weit verbreiteten Glauben bestärken, dass eine „Abmahnung“ an sich schon eine Form von Betrug sei.

hoschi: Was halten Sie von dem Vorschlag der Justizministerin Zypries, dass Abmahnungen nur noch mit 50 Euro zu Buche schlagen sollen?

David Ziegelmayer: Nicht sonderlich viel: Der Vorschlag kehrt das Schadensrecht um, weil es (in dem eng umgrenzten Bereich) der Rechtsinhaber die kompetente Rechtsverfolgung durch einen Anwalt erschwert, obwohl es sich nach unserem Recht fast immer um Straftaten handelt. Wenn schon, dann sollte man konsequent sein und das Urheberrecht, beziehungsweise das Kostenerstattungsrecht, abschaffen. Es wäre dann auch nicht mehr gerechtfertigt, Anwaltsgebühren für berechtigte Zahlungsansprüche beim Gegner einzufordern. Meine Auffassung ist, dass ein solches System dann auch für alle Rechtsgebiete gelten muss.

Smiers: Manchmal hat man den Eindruck, dass Abmahnungen als Werk des Teufels angesehen werden. Argumente wie „Damit werden ja nur kleine Unternehmen bestraft“ oder „Das ist nur Umsatzmache von Anwälten, die Abmahnungen um ihrer selbst Willen versenden“ hört man zuweilen. Halten Sie Abmahnungen für ein legitimes Instrument in unserem juristischen System? Erfüllt sie überhaupt irgendwelche Aufgaben?

David Ziegelmayer: Rechtsgeschichtlich wurde das Instrument zur Vermeidung von Prozessen konzipiert. Man muss sich klarmachen, dass dies nach wie vor gilt: Eine Abmahnung ist nichts anderes als die Aufforderung „Lass es sein“. Sie entlastet den Steuerzahler.

hmpf: Wie kann man es denn rechtfertigen, 6000 Euro für das Foto eines einfachen Brötchens zu verlangen (Stichwort Marions Kochbuch)?

David Ziegelmayer: Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies verlangt wird. Richtig ist, dass der Streitwert des Unterlassungsanspruchs meist über 6000 Euro beträgt. Diesen Betrag muss aber niemand zahlen, er ist Grundlage für die Berechnung von Anwalts- und Gerichtsgebühren.

Moderator: Der Betrag, den der Beklagte zu zahlen hat, liegt also darunter?

David Ziegelmayer: Oh ja: Bei einem Streitwert von 6.000 Euro beträgt die Anwaltsgebühr etwa 450 Euro, was natürlich auch viel Geld ist.

Kelko: Was kann ich denn tun, wenn ich eine Abmahnung erhalten habe?

David Ziegelmayer: Zum Anwalt gehen…Aber das meinten Sie wahrscheinlich nicht. Zu prüfen ist jedenfalls die Berechtigung der Abmahnung und die Höhe des Gegenstandswertes.

abcde: Was passiert mir im Falle, wenn ich gar nicht auf eine Abmahnung reagiere?

David Ziegelmayer: War die Abmahnung unberechtigt wahrscheinlich nichts. War sie berechtigt, bekommen Sie wahrscheinlich einige Zeit später eine einstweilige Verfügung durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt.

tobias: Kann ich auch für Inhalte abgemahnt werden, die ich auf fremden Seiten veröffentliche? Zum Beispiel in Kommentaren? Oder trifft das immer den Verantwortlichen der Seite? Inwiefern kann man ihn dann haftbar machen?

David Ziegelmayer: Als Urheber eines rechtswidrigen Kommentars sind Sie immer verantwortlich, auch wenn Sie ihn auf fremde Seiten stellen. Der Betreiber kann als „Störer“ haften.

nataku: Wann kann denn eine Abmahnung als berechtigt gelten und wann nicht?

David Ziegelmayer: Für die Beantwortung dieser Frage brauchen Sie wahrscheinlich den Anwalt. Zum Beispiel könnte jemand, der gar keine Rechte an einem urheberrechtlich geschützten Werk hat, auch keinen Unterlassungsanspruch geltend machen.

abcde: Kommt der Gerichtsvollzieher persönlich bei einer einstweiligen Verfügung? Was passiert/heißt das dann für mich?

David Ziegelmayer: Der Gerichtsvollzieher kann sich auch einen Postbeamten als Helfer nehmen, der den Beschluss in Ihren Briefkasten legt und damit wirksam zustellt. Für Sie bedeutet das, dass Sie sich ab dem Zeitpunkt der Zustellung an die Verfügung, beziehungsweise das Verbot, halten müssen, sonst riskieren Sie ein Ordnungsgeld.

Smiers: Bei Abmahnungen geht es häufig um Bildmaterial. Sollten die Ersteller dieser Bilder nicht ein Interesse daran haben, dass ihr Material verbreitet wird, beispielsweise wenn es sich um Stars handelt? Linux wird ja auch immer beliebter, das zeigt ja, dass Informationsfreiheit auch dem Produkt hilft.

David Ziegelmayer: Die Politik der Berechtigten ist oft sehr verschieden. Ein Hersteller eines Artikels wird sich wahrscheinlich freuen, wenn die Produktbilder verbreitet werden. Er kann seine Meinung aber auch von einem Tag auf den anderen ändern und die Verbreitung verbieten lassen. Daher sollte man sich bei der Übernahme von Bildern nie darauf verlassen, dass es „schon niemanden stören“ wird, solange man nichts schriftlich hat.

Moderator: Noch mal ganz allgemein zur Veröffentlichung von Fotos:

Halloween: Welche Fotos darf ich denn auf meinem Blog veröffentlichen, welche nicht?

Norbert: Darf ich Fotos von Freunden und Bekannten veröffentlichen? Was muss ich dabei beachten?

David Ziegelmayer: Grundsätzlich darf ich nur „Lichtbilder“ (so nennt es das Gesetz) veröffentlichen, an denen ich das Recht zur Veröffentlichung besitze. Kommt es zum Streit, trifft die Beweislast dafür, dass die Verwendung berechtigt erfolgte, immer den Verbreiter.

katzeshakira: Ist es legal, beim Verkauf von Markenwaren bei Internetkaufhäusern die Bilder der Hersteller zu nutzen? Macht es einen Unterschied, ob das Neu- oder Gebrauchtware ist? Mir ist aufgefallen, dass das bei Ebay häufig so gemacht wird, und ich ärger mich dann immer, dass ich mühselig meine Bildchen knipse und hochlade.

David Ziegelmayer: Die Abbildung eines Produktes könnte dann illegal sein, wenn es sich bei dem Produkt selbst um ein geschütztes „Werk“ handelt. Das müsste man im Einzelfall prüfen. Jedenfalls sind Ihre Knipsbildchen ebenfalls automatisch geschützt und niemand darf sie „klauen“.

hanno: Reicht es denn, wenn ich mir mündlich zusichern lasse, dass ich ein Foto veröffentlichen darf, oder muss ich da was Schriftliches haben?

David Ziegelmayer: Stellen Sie sich vor, Sie sitzen vor einem Richter und erzählen ihm, dass Ihr Bekannter Ihnen die Verwendung seines Fotos mündlich erlaubt hat. Er bestreitet das. Dann haben Sie Pech gehabt.

teichtier: Wie sieht es denn mit der Verlinkung von YouTube-Videos aus, also keine selbst gedrehten Filme, sondern Musikvideos und ähnliches? Verstößt das nicht auch gegen das Urheberrecht?

David Ziegelmayer: Ich halte es jedenfalls für sehr bedenklich, auf eigenen Seiten YouTube-Fenster einzubauen, die auf urheberrechtlich geschütztes Material verweisen. Sofern ich mir nicht sicher bin, dass das Video geschützt ist, sollte ich es (auch nicht über bebilderte Links) zugänglich machen.

Smiers: Werden (auch unberechtigte) Abmahnungen nicht auch von Unternehmen genutzt, um ihren Wettbewerbern zu schaden? Gerade wenn große Unternehmen kleine abmahnen, können sie so die Kosten ihrer Konkurrenten in die Höhe treiben, denn zumindest befassen muss man sich ja mit der Abmahnung. Kann man da als kleines Unternehmen etwas gegen machen?

David Ziegelmayer: Es ist korrekt, dass das Wettbewerbsrecht ein wenig nach dem Prinzip „Die Großen fressen die Kleinen“ funktioniert und die Unternehmen mit gefüllter Kriegskasse ordentlich zulangen. Man muss aber auch bedenken, dass große Unternehmen oft die Innovationsträger sind. Außerdem bietet das Gesetz in bestimmten Fällen die Möglichkeit an, Streitwerte mit Rücksicht auf den Angegriffenen zu senken. Grundsätzlich ist aber beim Streitwert das Interesse des „Großen“ zu berücksichtigen, so dass es zum Beispiel bei großen Markenrechtsinhabern zu horrenden Streitwerten kommt. Das ist letztlich eine politische Frage.

Moderator: Zum Thema Streitwert:

Alter Hasse: Ist es richtig, dass durch die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung mit mit dem Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber rechtsverbindlich“ und ohne Übernahme irgendwelcher Kosten der Streitwert stark gesenkt werden kann, da es nicht mehr um die Urheberrechtsfrage sondern nur noch um die Rechtmäßigkeit der Abmahnung und deren Gebühren geht? Würde dann in so einem Fall immer noch der fliegende Gerichtsstand gelten, oder müsste die Abmahnerseite ihre Forderungen am Wohnsitz des Beklagten einklagen?

David Ziegelmayer: Das ist so nicht korrekt. Eine solche Unterlassungserklärung würde die Wiederholungsgefahr und damit die Möglichkeit eines Eilverfahrens beseitigen, aber nichts am Gegenstands- bzw. Streitwert „der Abmahnung“ ändern. Das Gericht wird in einer Gebührenklage dann prüfen, welcher Gegenstandswert gerechtfertigt war. Für die Gebührenklage gilt (im Internet) der „fliegende Gerichtsstand“.

Moderator: Mal ein Schwenk zum Thema Urheberrechtsreform:

castrop: Was ändert sich mit der Urheberrechtsreform für den Verbraucher? Darf ich noch Privatkopien ziehen?

David Ziegelmayer: Dieser Grundsatz soll mit dem bevorstehenden „Zweiten Korb“ der Reform nicht angetastet werden, wird er aber doch. Denn das Gesetz erlaubt keine Umgehung von „wirksamen“ Kopierschutzmaßnahmen. Was das ist, wissen die Juristen wohl selbst noch nicht so genau.

CC: Ist das Urheberrecht – auch in seiner überarbeiteten Form – nicht hoffnungslos veraltet? Das Internet ist ein freies Medium, was spricht dagegen, auch alle Inhalte frei nutzbar zu machen?

David Ziegelmayer: Da sind wir schon wieder bei der Politik. Alle gesetzgeberischen Maßnahmen (von der 50-Euro-Klausel mal abgesehen) und politischen Absichtserklärung („G8″) deuten in die entgegengesetzte Richtung. Natürlich besteht vor allem unter den privaten Web 2.0 Nutzern das Wunschdenken nach einer gleichsam kommunistischen Internetordnung, wo alles für alle frei verfügbar ist. Mir hat aber noch keiner erklärt, wer die Inhalte, die kreativ geschaffen werden, bezahlen soll.

Moderator: Eine Nachfrage zu einem rechtlichen Begriff:

hanno: Was versteht man denn unter einem „fliegenden Gerichtsstand?“

David Ziegelmayer: Das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb und die Zivilprozessordnung definieren den Gerichtsstand dort, wo eine unerlaubte (Wettbewerbs-) Handlung begangen wurde. Im Internet wird die Handlung regelmäßig in ganz Deutschland begangen. Der Anspruchssteller oder Kläger kann sich also sein Gericht aussuchen und zum Beispiel von Köln nach Hamburg „fliegen“, was manchmal taktische Vorteile bietet.

muh: „Keine Umgehung von „wirksamen“ Kopierschutzmaßnahmen“…In Finnland gab es ein Urteil, dass die DVD-Verschlüsselung (DeCSS) nicht mehr wirksam ist, da sie jedes Programm umgehen kann. Ist dann in Deutschland diese Kopierschutzmaßnahmen noch gültig?

David Ziegelmayer: Ganz ehrlich: Keine Ahnung.

Smiers: Nur wenn ein Urheber die „Früchte“ seiner Arbeit genießen kann, besteht ein Anreiz, Urheber zu sein – sollte das Urheberrecht nicht aus diesem Grund noch strikter sein?

David Ziegelmayer: Das ist der Gegenpol zu dem oben skizzierten Wunsch nach freier Verfügbarkeit geistigen Eigentums. Ich denke, irgendwo muss ein Ausgleich geschaffen werden. Das Urheberrecht ist bei uns bereits sehr strikt und urheberfreundlich. Ich halte es deshalb für wichtig, dass ein Bewusstsein für „virtuelles“ Eigentum entsteht. Da ist die Welt aber komplett gespalten.

anonym: Ich finde raus, dass ein Leser meines Blogs Teile meiner Einträge übernimmt, ohne dabei eine Quelle anzugeben. Was kann ich tun?

David Ziegelmayer: Wenn die Beiträge in Ihrem Blog eine gewisse „Schöpfungshöhe“, also Kreativität erkennen lassen, wird man davon ausgehen können, dass Ihre Einträge ohne besonderen Hinweis urheberrechtlich geschützt sind. Dann haben Sie in jedem Fall den Anspruch auf die Angabe der Quelle. Ihre Ansprüche gehen aber noch weit darüber hinaus: Sie könnten dem Content-Dieb die Benutzung untersagen lassen. Das Mittel der Wahl wäre dann die Abmahnung, ob mit oder ohne Anwalt.

Moderator: Eine englische Frage. Für die deutschen Nutzer: Wie sieht es mit Copyright und Photoshop aus? Verliert ein Fotograf die Rechte an seinem Bild, wenn ein Designer dieses Foto für künstlerische Zwecke verwendet (und verfremdet)?

Steven: Hello David. (Sorry in English) How about copyrights and photoshopping? Does a photographer lose its rights, when a designer uses its photo for art purposes?

David Ziegelmayer: Only if he creates a whole new artwork. It’s not enough to just „use“ a picture that doesn’t belong to you. Ähem, so is my English. [Übersetzung:Nur wenn er ein neues Kunstprodukt erschafft. Es reicht nicht aus, nur ein Bild zu „benutzen“, dass dir nicht gehört.]

tobias: Wie ausführlich muss das Impressum auf meinem Blog sein?

David Ziegelmayer: Das ist durch das Telemediengesetz in Paragraph §5 vorgegeben, der eine ganze Reihe von Voraussetzungen aufzählt. Der gilt allerdings nur für geschäftsmäßige, in der Regel entgeltliche Dienste. Ob das Blog dazu gehört, müsste man prüfen. Werbebanner könnten schon dafür sprechen.

Moderator: Zurück zum Thema Abmahnungen:

Carnia: Die abmahnenden Anwälte behaupten ja immer, dass ihre Software fehlerfrei ist. Nun liest man aber immer wieder von Abmahnungen, die nicht stimmen können. Die Beschuldigten können es nach der langen Zeit, die zwischen Tat und Abmahnung liegen(Monate) nicht beweisen, dass sie nie was Unrechtes getan haben. Wie soll, beziehungsweise kann man sich dagegen wehren?

David Ziegelmayer: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Frage verstanden habe, aber: Wenn der geschilderte Sachverhalt in einer Abmahnung frei erfunden ist, ist sie wahrscheinlich unberechtigt. Es gibt dann für den Betroffenen sogar die Möglichkeit, den Spieß umzudrehen und den Abmahner in ein Verfahren zu ziehen. Dort muss der Anspruchsteller beweisen, dass Sie als Abgemahnter irgendwann irgendwas falsch gemacht haben.

abcde: Muss man denn immer mit einem Gerichtsverfahren rechnen, wenn man die Abmahnung ignoriert?

David Ziegelmayer: Ja.

Hadron: Abmahnung als Geschäftsmodell: 50.000 bis 70.000 Abmahnungen, aber genau null einstweilige Verfügungen und nicht einmal zehn Gerichtsverhandlungen. Macht da die 50 Euro-Deckelung nicht doch Sinn? Einfach um einen Missbrauch des Rechtsmittels Abmahnung zu verhindern?

David Ziegelmayer: Was hätte das zur Folge? Ich kenne Rechteinhaber, die freundliche E-Mails an die Verletzer geschrieben haben und dafür ausgelacht wurden. Kommt die 50-Euro-Regelung, wird es vielleicht mehr freundliche E-Mails, aber sicher auch mehr einstweilige Verfügungen geben, weil Abmahnungen von normalen Menschen (leider zu Unrecht) nicht so ernst genommen werden wie Abmahnungen von Anwälten. Zu dem „Geschäftsmodell“: Jede Abmahnung birgt die Gefahr einer negativen Feststellungsklage und Haftungsrisiken für den Anwalt.

hobbykellner: Was halten Sie eigentlich von Bloggern, die sich gegen Abmahnungen wenden und öffentlich darüber schreiben, zum Beispiel auf dem Abmahnblog [http://abmahnung.blogger.de/]?

David Ziegelmayer: Die Meinungsfreiheit ist grundgesetzlich garantiert und ich freue mich immer über Diskussionen zu dem Thema. Auch ist es manchmal sinnvoll, wenn so genannte „Abmahn-Opfer“ sich austauschen. Man sollte nur nicht vorschnell dazu neigen, gleich jede Abmahnung in die öffentliche Diskussion zu zerren. War die Abmahnung nämlich berechtigt, wird man sich Einigungsmöglichkeiten verbauen. Wer es darauf ankommen lassen will, braucht viel Zeit und Geld.

Moderator: Uns haben auch einige allgemeinere Fragen zum Internetrecht erreicht:

snob: Kann ich die Grafik von Google-Maps als „Kamerafahrt“ in einen gewerblichen Werbetrailer (Video) einbauen?

David Ziegelmayer: Erst kürzlich hat das Landgericht München entschieden, dass solche Karten urheberrechtsfähig sind. Kann sein, dass es Google nicht juckt, wenn Sie so etwas tun. Kann aber auch nicht sein – und dann wird es wieder teuer.

hobbykellner: Was kann mir denn passieren, wenn ich nicht meinen vollen Namen im Impressum angebe – oder erst gar keines anlege?

David Ziegelmayer: Wenn Sie ein Anbieter sind, der unter das Telemediengesetz
(siehe oben) fällt, drohen Ihnen Bußgelder. Aber auch Wettbewerber oder zum Beispiel die Verbraucherzentralen könnten sich daran stören und Sie – was sonst – abmahnen.

Moderator: Anmerkung zur nächsten Frage: Doppelter Opt-In bedeutet, dass man die Anmeldung zu einem E-Mail-Newsletter oder einem ähnlichen Dienst bestätigen muss, in dem man eine Mail mit einem Aktivierungslink erhält.

newsletter: Seitdem unser Newsletter vor Jahren auf Double-Opt-In umgestellt wurde, sind die Wachstumsraten auf ein eher enttäuschendes Maß zurückgegangen. Wie streng muss man sich heutzutage an Double-Opt-In im Medien-Newsletter-Bereich halten? (Wir versenden keine gewerblichen Sachen)

David Ziegelmayer: Das Double-Opt-In ist die sicherste Möglichkeit, sich vor Angriffen von Wettbewerbern oder Privaten wegen unerbetener Werbung zu schützen. Wenn Sie es nicht einsetzen, können Sie ohne Verifikation des Abonnenten nie sicher sein, ob nicht Dritte Ihren Dienst manipulieren.

katzeshakira: Wie ist WiKisource [ HYPERLINK „http://de.wikisource.org/wiki/Hauptseite“http://de.wikisource.org/wiki/Hauptseite] zu betrachten; darf man diese Quellen bedenkenlos in eigenen Blogs oder auf eigenen Seiten zitieren?

David Ziegelmayer: Auch hier gilt: Sie können gerne jeder „offenen Lizenz“ im Netz trauen. Wenn sich aber irgendwann ein Rechteinhaber meldet und sagt, dass er solche Lizenzen nie erteilt hat, stehen Sie im Regen. Sie können dann höchstens versuchen, sich bei Wikisource schadlos zu halten. Ich würde keiner Lizenz trauen, solange ich die Kette bis zum Urheber nicht kenne.

moko: Noch eine Frage zu den Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzung. Ist nach Zahlung und Abgabe der Unterlassungserklärung weiteres zu erwarten ? Beides fristgerecht erfolgt.

David Ziegelmayer: Nur dann, wenn Sie sich nicht an diese Erklärung halten und denselben Verstoß erneut begehen. Dann müssen Sie an den Abmahnenden eine hohe Vertragsstrafe zahlen.

Smiers: Darf man in seinem Online-Shop die Preise von Wettbewerbern nennen?

David Ziegelmayer: Die Frage ist mir etwas zu pauschal. Vielleicht sagt Ihnen das Stichwort
„Baumarktkrieg“ („20 Prozent auf alles, gehen Sie nicht zur Konkurrenz“ et cetera…) etwas. Eine vergleichende Werbung ist grundsätzlich zulässig, muss aber nachvollziehbar sein und darf den Wettbewerber nicht verunglimpfen. Die Nennung eines ganz bestimmten Wettbewerbers bei Preisvergleichen halte ich für bedenklich.

Moderator: Und zum Schluss noch eine Frage zum Kanzlei-Blog [http://www.lampmann-behn.de/blog/]:

d_sauer: Wie ist Ihre Anwaltskanzlei eigentlich auf die Idee gekommen, ein Blog zu starten? Wie wird das von Ihren Klienten aufgenommen?

David Ziegelmayer: Wir wollten auch ins Web 2.0. Im Ernst: Ich schreibe gerne, bin manchmal Journalist und will mich mitteilen. Wie andere Blogger auch. Viel Feedback von eigenen Mandanten bekommen wir nicht. Es sind eher „externe“ Leser. Aber manchmal ergibt sich natürlich ein Mandat.

Moderator: Das waren schon wieder 60 Minuten Blogsprechstunde. Danke an alle für die vielen Fragen und danke natürlich an Herrn Ziegelmayer für die Antworten. Am nächsten Dienstag gibt es an dieser Stelle Tipps für Blog-Neulinge von Thomas Praus, der unter anderem bei stylewalker.net [http://www.stylewalker.net/] und dem meinungsmacherblog [http://www.meinungsmacherblog.de/] bloggt: 17. Juli von 16.00 bis 17.00 Uhr. Das letzte Wort für heute hat David Ziegelmayer:

David Ziegelmayer: Danke für die Einladung. Meine Finger kommen jetzt in warmes Wasser.

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