Annik Rubens

Am 31. Juli war Podcast-Pionierin Annik Rubens von ‚Schlaflos in München‘ in der Blogsprechstunde.

Moderator: Hallo und herzlich willkommen zur Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de in Kooperation mit den Blogpiloten. Heute ist Annik Rubens, Podcasterin auf schlaflosinmuenchen.net, unser Gast. Hallo nach München zu Annik Rubens. Können wir loslegen?

Annik Rubens: Hallo aus München!

Moderator: Unsere Nutzer konnten im Vorfeld schon Fragen stellen und darüber abstimmen, welche heute zu Beginn des Chats gestellt werden sollen. Hier kommt die Frage, die die meisten Stimmen erhielt:

marla: Du bloggst beziehungsweise podcastest unter einem Pseudonym. Warum? Und bist du als Privatperson anders wie als „Annik“?

Annik Rubens: Ok, also: Ich habe 2005 in einer Nacht- und Nebelaktion angefangen, zu podcasten. Und da mein Name als Journalistin doch mit seriösen Dingen zu tun haben sollte, dachte ich, es wäre klüger, mein altes Pseudonym wieder hervor zu kramen. Im Internet hat schließlich jeder einen „Nick“, oder? Als Privatperson bin ich nicht anders, nur facettenreicher. Annik hört man ja nur eine Stunde pro Woche.

DonPasquale: In „Schlaflos in München“ lässt du persönliche Themen außen vor – wie schwer ist dir das vor allem beim täglichen Podcasten gefallen, zwischen Annik und Larissa zu trennen?

Annik Rubens: Das ist doch alles kein bewusster Schachzug! Das klingt so konstruiert! Ich bin ich. Und ich gehe ans Mikrofon und erzähle Dinge, die ich auch jemandem erzählen würde, der auf einer langen Bahnfahrt neben mir sitzt. Da muss ich nichts trennen. Ich tue das, was mir gefällt und erzähle nichts, was ich nicht erzählen möchte.

Serendipidy: Wie kompliziert ist es, sein eigenes Podcast auf die Beine zu stellen? Wie viel technische Erfahrung braucht man dafür?

Annik Rubens: Es ist mittlerweile gar nicht mehr kompliziert. Für den Anfang kann man sogar einfach mit dem Telefon podcasten. Das klingt halt nicht so toll. Ansonsten reicht ein Mikrofon oder Headset und der Computer. Und dann kann man die Datei hochladen bei Volldienstleistern wie podhost.de. Die machen den ganzen Rest. Technische Erfahrung braucht man also nicht, aber ein wenig Geduld, wenn mal was nicht klappt.

Moderator: Mit einem Telefon podcasten? Wie funktioniert das denn?

Annik Rubens: Es gibt verschiedene Anbieter. Da ruft man eine bestimmte Nummer an und hat ein Kennwort, und schon können es andere als Podcast hören! Ich habe eine blinde Hörerin, die so ihren eigenen Podcast macht, weil das an ihrem alten Computer sonst nicht ginge.

Playback: Hat dir deine Radio-Erfahrung geholfen, als du mit dem Podcasten angefangen hast?

Annik Rubens: Nein. Mir hat meine Erfahrung als Print-Journalistin geholfen, weil mir die Themensuche daher nicht schwer fällt. Das Radio hat mir damals nur gezeigt: Nein, so will ich es nicht machen. Daher genieße ich Podcasting so: Da habe ich keine Zeitbeschränkung und muss kein Wetter vorlesen!

Moderator: Ähnlich nochmal zu Podcast und Radio:

Djane: Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen Podcasts und Radio?

Annik Rubens: Natürlich der Zeitfaktor. Podcasts können keine Nachrichten zur vollen Stunde bieten und keinen aktuellen Verkehrsbericht. Keine Falschfahrer und solche Dinge. Ansonsten ist Podcasting ja nur eine Technik – was man damit verbreitet, ist egal. Daher ist oft auch eine Radiosendung ein Podcast. Und der Vorteil ist, dass man das dann, wann und wo man will, hören kann.

mrDJ: Lässt sich das Format „Podcast“ eigentlich mit dem Radio verbinden? Funktioniert eine Radio-Sendung mit / über Podcasts?

Annik Rubens: Ich hoffe ich versteh die Frage richtig: Ja, klar lässt es sich verbinden. Jens-Uwe Krause, der bei mir in der Podvela regelmäßig auftaucht, ist Morgenmoderator bei „Bremen Vier“. Nach der Morgenshow setzen er und die Service-Fee sich in ein Nebenstudio und plaudern über die Morgenshow. Das ist eine sehr witzige Ergänzung! Toll finde ich persönlich auch, dass mein Lieblingspodcast „SWR1 Leute“ als Podcast eine halbe Stunde lang ist, während das Original zwei Stunden dahindümpelt mit Werbe-, Nachrichten- oder Wetterunterbrechungen. Im Podcast bekomme ich das Interview pur.

filo: Wieviel Zeit geht bei dir für eine SiM-Folge drauf? Nimmst du die Beiträge nachts auf, wie es der Name vermuten lässt?

Annik Rubens: Am Anfang habe ich wirklich zwischen Mitternacht und zwei Uhr nachts neue Folgen aufgenommen. Mittlerweile ist das ja anders: Die Folgen sind ca. 45 Minuten lang, da geht der ganze Montag drauf, meistens zwölf bis vierzehn Stunden.

KRDigital: Wann oder wo kommen dir eigentlich die besten Ideen für deine Sendung und könntest du dir vorstellen, dass Podcasts (vielleicht unter neuem Namen) in einigen Jahren auch außerhalb vom Internet abrufbar sind (so eine Art Onlinebibliothek), gegebenenfalls sogar gegen harte Euro?

Annik Rubens: Die besten Ideen kommen mir meistens entweder, wenn mein Zug extrem Verspätung hat und ich mich ärgere, oder wenn ich selber Podcasts höre. Ich gehe einfach mit offenen Augen durch München und schnappe viele Themen auf, die ich mir dann notiere. Podcasts sind schon jetzt auf Smartphones wie dem iPhone abrufbar ohne Computer. Und es gibt schon Podcaster, die alte Folgen auf CD oder DVD rausbringen – gegen Euro. Ich spiele ehrlich gesagt auch mit dem Gedanken, denn Podcasting kostet Geld, da muss man sich schon überlegen, wie man das finanziert.

Julie: Über dich und deinen Podcast wurde ja schon eine Menge geschrieben. Wie fühlst du sich dabei, zu einer regelrecht berühmten Podcaster-Persönlichkeit geworden zu sein?

Annik Rubens: Naja, die Podcasting-Szene ist winzig klein, daher ist das jetzt nicht wirklich „Ruhm“. Aber es verdutzt mich immer wieder, wenn beispielsweise Leute sich auf Veranstaltungen nicht trauen, mich anzusprechen, weil sie mich erkennen. Und sehr kurios ist natürlich, wenn mich auf der Straße jemand anquatscht – das ist mir zwei Mal passiert und ich stand dann einfach sprachlos stammelnd da. Kommt nicht oft vor. Ich muss aber sagen, dass es mir gut tut, hin und wieder Hörer zu treffen und mit ihnen zu reden, also nicht immer im stillen Kämmerlein meinen Kram zu machen.

DonPasquale: Eine Motivation zum Weitercasten sind sicher auch die Zuhörer-Reaktionen. Welche Themen riefen die stärksten Reaktionen, positive wie negative, hervor?

Annik Rubens: Stärkste Reaktionen gibt es immer beim Thema Mac gegen Microsoft. Ansonsten kamen sehr positive Reaktionen jüngst, als ich mit meinem lieben Sidekick Hartmut eine Mangobroschüre vorgelesen habe, deren Deutsch nicht so ganz astrein war. Generell muss ich aber sagen, dass jede Folge so ungefähr 20-30 Kommentare bekommt, und manche entspinnen dann neue Threads im Forum. Meine Hörer sind extrem aktiv und gerade das macht mir Spaß. Und nicht zuletzt auch hier erkenne ich einige bekannte Namen ;-).

libelle: Warum lässt du die Beiträge eigentlich im Forum kommentieren und nicht per Kommentarfunktion unter den Einträgen direkt?

Annik Rubens: Weil es sich gezeigt hat, dass das ein viel besserer Weg ist! Anonyme Kommentarfunktionen locken leider oft Trolle an und generell einfach Leute, denen langweilig ist und die ihre schlechte Laune ablassen möchten. Das schreckt die „netten“ Hörer irgendwann ab und nervt. Außerdem soll meine Seite den Inhalt von SiM wiedergeben. Meinen Inhalt. Im registrierten Forum ist der Austausch netter, man kennt sich, man freut sich, man bleibt kreativ bei der Sache. Wer SiM hören will, der geht auf meine Seite. Wer aktiv mitquatschen will, der geht ins Forum. Ich finde diese Trennung sehr gut.

Podcast.killed.the.radio.star: Was denkst du über Radiosendungen, die sich mit Blogs und Podcasts befassen? Hier in Berlin gibt es zum Beispiel Trackback, bundesweit das Blogspiel [http://www.blogspiel.de/]. Eine sinnvolle Ergänzung?

Annik Rubens: Das Blogspiel höre ich, Trackback höre ich nicht. Ich finde das schon in Ordnung, aber eher für den Zweck, dass andere mehr über Podcasts und Blogs erfahren. Für die Community ist es glaube ich nicht so wichtig. Die informiert sich anderweitig eh schon.

teichtier: Hast du eigentlich damit gerechnet, mit einer Art Internet-Radio-Show so viel Erfolg zu haben und so viele Fans zu finden?

Annik Rubens: NIEMALS! Das war ja alles nur ein Test, ich wollte die Technik testen, sehen wie das alles funktioniert. Ich hab nie damit gerechnet, dass das überhaupt jemand hört!

aabbcc: Du produzierst ja auch Podcasts für Unternehmen. Wie gehst du mit kritischen Stimmen um, denen das zu kommerziell ist?

Annik Rubens: Jedem seine Meinung. Allerdings fällt mir oft auf, dass Nörgler diese Podcasts nie gehört haben. Ich habe bislang nie reine Werbung gemacht, sondern immer nur redaktionelle Podcasts, ohne dass mir jemand die Inhalte vorgeschrieben hat. Ich kann damit sehr gut leben. Nörgler gibt es immer. Auf die möchte ich lieber keine Energie verschwenden.

Kater: Welche Themen würdest du in deinem Podcast niemals besprechen? Welche kommerziellen Podcast-Angebote würdest du ablehnen / hast du abgelehnt?

Annik Rubens: Ich würde nichts besprechen, bei dem mir nicht wohl ist. Das sind derzeit beispielsweise meine Freunde oder Verwandten. Ich will nicht, dass die mir nichts mehr anvertrauen weil sie denken: Da macht Annik dann einen Gag für ihren Podcast draus. Oder: Adam Curry hat lang und breit vom Sterben seiner Mutter erzählt, ich glaube nicht, dass ich so etwas tun würde. Das ist Typsache. Welche kommerziellen Angebote ich ablehnen würde? Eigentlich alles, wo mir vorgeschrieben wird, was ich zu tun habe. Bislang habe ich nur kommerzielle Angebote angenommen, bei denen ich die redaktionelle Freiheit einer Journalistin hatte. Das war bei Ikea so und bei Warner Music. Das ist nach wie vor bei Audible [http://audibleannik.podspot.de/] so. Und so macht es mir dann auch Spaß und das überträgt sich auf die Hörer und ist ehrlich.

Jule: Wo besorgst du dir die Einspielmusik für deine Sendungen?

Annik Rubens: Das ist immer die gleiche – und ich kann sie nach 428 Folgen eigentlich nicht mehr hören, aber sie gehört dazu. Das ist eine amerikanische Band namens „The Rantings of EVA“, denen ich damals gleich geschrieben hatte, ob ich ihr Stück „Infrared“ als Intro verwenden darf.

frog: Wie hat sich die Technik zum Podcasten weiterentwickelt? Kann heute praktisch jeder podcasten?

Annik Rubens: Jeder, der einen Computer mit Internetzugang und ein Mikrofon/Headset hat, ja. Die Software ist kostenlos im Internet erhältlich, es gibt mittlerweile Pakete, wo die ganze Technik extra für Podcaster geschnürt wurde.

Moderator: Nochmal zur Qualität vom Podcasten über Telefon:

Ascari: Wie gut ist da die Qualität eigentlich?

Annik Rubens: Naja, es klingt halt wie über’s Telefon. Also man versteht den anderen schon sehr gut, aber es ist eher dumpf, feinere Nuancen der Stimme kommen da nicht rüber. Und der Nachteil: Mal eben was einspielen oder was reinschneiden später geht nicht. Mir war das Zuhören daher oft zu anstrengend.

3xschwarzerkater: Wie kam eigentlich die Zusammenarbeit mit deinem Sidekick Hartmut zustande, oder die PodVela mit Jens-Uwe?

Annik Rubens: Also erstmal Hartmut: Das ist ein Freund von mir, den ich seit 15 Jahren kenne. Wir wollten damals einen gemeinsamen Podcast machen, da hat er dann aber nicht mitgemacht. Und jetzt muss er halt als Sidekick herhalten! Jens-Uwe hatte mich kontaktiert, wir hören gegenseitig unsere Podcasts und hatten uns gemailt. Er hatte dann die Idee zur PodVela, also zu einem hörbaren Briefwechsel, und das macht großen Spaß.

teichtier: Wer sind deine Vorbilder, was das Podcasten angeht? Hast du auch fürs „Radiomachen“ Vorbilder?

Annik Rubens: Beim Podcasten habe ich keine Vorbilder. Ich hab damals nur Adam Curry gehört und gleich täglich angefangen zu podcasten, das war also ein wenig Vorbild. Aber mein „Format“ waren damals drei bis fünf Minuten, nicht 45 wie bei ihm. Im Radio und was Interviewtechnik angeht auf jeden Fall Wolfgang Heim und Stefan Siller vom SWR.

Fafu: Welches sind die größten Irrtümer über das Podcasten, denen du so in der Presse oder in den Kommentaren begegnet bist?

Annik Rubens: Tja, das übliche: Ein Journalist meinte mal entschuldigend vor einem Interview: „Tut mir leid, ich habe deinen Podcast noch nie gehört, weil ich keinen iPod habe“. Und manche denken, dass man was bezahlen muss, weil es ja das Wort „abonnieren“ in der Podcastwelt gibt.

horrit: Sind in der „Podosphäre“ deinem Eindruck nach mehr Frauen erfolgreich als in der Blogosphäre? Wo könntest du dich denn in „Pod-Charts“ einordnen, wenn es nach Hörern ginge?

Annik Rubens: Beides schwer zu beantworten! Die Blogosphäre habe ich nicht im Blick, in der Podosphäre tummeln sich nach wie vor sehr viele Männer und höchstens so um die zehn Prozent Frauen, denke ich. In Hörerquoten-Charts will ich mich gar nicht einordnen, weil ich dieses Quotendenken aus der Fernseh- und Radiowelt nicht übertragen möchte auf die Podcastwelt. Ich habe rund 10.000 Hörer pro Folge und bin sehr zufrieden damit.

Moderator: Zu der geringen „Frauenquote“:

Demian: Woran könnte das liegen?

Annik Rubens: Das ist leider ganz normal, denn insgesamt zeigt sich in Studien immer wieder, dass im Internet generell viel mehr Männer unterwegs sind als Frauen. Sehr schade!

Moderator: Wie könnte man das ändern? Das Veröffentlichen im Netz für Frauen attraktiver machen?

Annik Rubens: Ich glaube, das ändert sich schon langsam aber sicher. Ich merke, dass immer mehr Frauen meinen Podcast hören und mir schreiben. Die technischen Hürden werden immer geringer, daher werden Frauen sich öfter mal trauen. Ich denke eher, dass Frauen sich öfter für soziale Interaktion entscheiden (= beste Freundin) als für die Cyberwelt.

wedekind: Gibt es ein Thema, was du schon lange bearbeiten willst? Was wäre das?

Annik Rubens: Ich mache die Themen, die mich interessieren eigentlich immer gleich in der nächsten Episode. Klar würde ich gerne ausgefallenere oder längere Interviews machen, aber die Vorbereitung kann ich mir nicht „leisten“, SiM schluckt eh schon zu viel Zeit und ist eine Sucht. Ich würde gerne über Schlaganfall-Patienten mehr erfahren, bin aber nicht sicher, ob ich das mit Halbwissen angehen kann.

Ascari: Wird es eine Neuauflage deines Podcasting-Buches geben?

Annik Rubens: Vom Verlag hab ich diesbezüglich noch nichts gehört. Aber ich plane selber was in der Richtung, natürlich was Hörbares. Mal sehen, wie das in meinen Terminkalender passt!

rullermunk: Welche Rolle spielt das iTunes-Portal deiner Meinung nach für die Podcast-Szene? Gehen kleine Anbieter da nicht unter?

Annik Rubens: Wer sind denn kleine Anbieter? Hmmm. Also bei mir kommen 95 Prozent der Hörer über iTunes. Also der Abonnenten, muss ich genauer sagen. Der Rest kommt über meine Seite. Ich finde das Portal wichtig und sehr leicht und intuitiv zu bedienen, es läuft auf Mac und PC, daher habe ich wenig auszusetzen. Noch was dazu: iTunes sorgt für eine große Öffentlichkeit für Podcasts, und das finde ich positiv. Schlecht finde ich, dass schwer erkennbar ist, welche nun Video- und welche Audiopodcasts sind. Da könnten sich kleine Anbieter eine Nische schaffen und eben nur Verzeichnisse für private oder Videocasts aufmachen.

lol-o-rosso: Wie trennst du Podcasten für Geld (Auftragsarbeiten) und Sachen, die du von alleine machst?

Annik Rubens: Ganz einfach: Ich mache den Audible-Hörletter (für Geld) einmal im Monat und stelle da zehn Hörbücher vor, die ich bei Audible rauspicke. Ich mache SiM (ohne Geld) jeden Montag. Ich finde, da ist die Trennung nicht wirklich schwer.

digitalvoice: Welche Fehler sollte man unbedingt vermeiden, wenn man einen erfolgreichen Podcast machen möchte? Also, einen, der den Nutzern gefällt?

Annik Rubens: Man sollte ehrlich sein. Ganz wichtig. Authentisch. Gut wäre noch eine gewisse Regelmäßigkeit und eine erträgliche technische Qualität. Und man sollte was zu sagen haben und Freude am Reden.

Bremer: Mal provokanter: Ist podcasten nicht schon out, weil doch jetzt jeder videocastet? Wie würdest du podcasting (also nur fürs Ohr produzieren) verteidigen?

Annik Rubens: Ist Radio out, seit es Fernsehen gibt? Ich kann in der Schlange am Supermarkt, am Steuer meines Autos oder beim Fensterputzen keine Videocasts sehen. Ich kann diese Zeit aber sehr wohl nutzen, um Podcasts zu hören. Wenn die Augen beschäftigt sind, sind Podcasts da.

DonPasquale: Wann macht Othello/Tiger seinen eigenen Catcast?

Annik Rubens: Tiger fand das Mikrofon am Anfang sehr interessant, mittlerweile hat er sich daran gewöhnt, dass ich im Schrank stehe und rede. Daher glaube ich, ist sein Interesse an einem eigenen Catcast ziemlich gering. Er beobachtet lieber die Amseln im Hinterhof. Wenn es einen Amselpodcast gäbe, könnte ich ihn eventuell wieder dafür begeistern.

Natalie: Unter den ganzen Sendungen von „Schlaflos in München“, die du schon produziert hast – hast du eine Lieblings-Story?

Annik Rubens: Nein, eigentlich nicht. Ich erinnere mich gerne an die Folge der Anhalterfliegen, weil das einfach eine blöde Idee von mir war, die ich in SiM weitergesponnen habe. Von den neuen Folgen bleiben mir die Interviews am meisten in Erinnerung, beispielsweise mit meinem Hörer Marcus, der auf den Cayman-Inseln arbeitet.

frau_meier: Wie kam die Idee mit „SiM auf Weltreise“ eigentlich zustande?

Annik Rubens: Das hat ein Hörer von mir angefangen und es ist zu einer Lawine geworden. Er hat mir ein Foto geschickt von seinem iPod, auf dessen Bildschirm SiM zu sehen war, und den hat er in die Landschaft gehalten. Ich habe es auf meinem Blog veröffentlicht, und mittlerweile sind hunderte derartiger Bilder eingetroffen. Viele Ideen kommen von den Hörern, beispielsweise auch die Intros zu jeder Folge.

reporter: Würdest du gerne mehr Interviews machen?

Annik Rubens: Ja, natürlich! Aber das funktioniert derzeit ganz gut, ich habe eigentlich jede Woche eine andere Stimme zu Gast.

june: Hat dich bloggen, also in Textform veröffentlichen, gar nicht gereizt? Was fasziniert dich am gesprochenen Wort?

Annik Rubens: Sehr gute Frage, das habe ich mich auch schon oft gefragt. Mich hat Bloggen nie interessiert, obwohl ich ja eigentlich Print-Journalistin bin. Ich kann es nicht erklären! Ich bin schon immer ein Audio-Mensch gewesen, habe als Teenager immer viel Radio gehört und liebe es einfach, weil da die Fantasie noch selber was zu tun hat.

DonPasquale: Als Annik bist du vor allem unterhaltend. Wo kann man die Journalistin Vassilian am politischsten erleben? Für welche tages- oder parteipolitischen Themen interessierst oder engagierst du dich?

Annik Rubens: Ich finde nicht, dass ich nur unterhaltend bin. Ich versuche durchaus, auch zu informieren. Aber das ist ja kein Widerspruch. Man kann ja auch unterhalten UND informieren. Ich mache regelmäßig Porträts von interessanten Menschen oder interviewe Leute. Ob das Blinde sind oder jetzt in der aktuellen Folge eine Frau, deren Kinder man damals in der DDR ohne ihr Einverständnis zur Adoption freigegeben hat. Ich glaube schon, dass man nach SiM mehr weiß als vor SiM. Deswegen mache ich es ja auch: Weil mich selber manche Dinge interessieren und ich mich darüber informiere.
Als Journalistin habe ich gelernt, meine politische Meinung für mich zu behalten. Daher fällt es mir schwer, da aus der Rolle zu fallen. Gut, ich habe mich mal geäußert, dass ich Nichtwähler blöd finde. Aber in SiM möchte ich die Politik lieber nicht stattfinden lassen. Da fühle ich mich nicht wohl dabei, das sollen andere machen. Ich engagiere mich persönlich beispielsweise bei Amnesty International gegen die Todesstrafe und setze mich vor allem für verfolgte und bedrohte Journalisten ein.

wedekind: Wie siehst du die Zukunft der Podcasts und der jetzt neuen „Neuen Medien“? Wie sieht die nächste Medienrevolution wohl aus? Wünschst du dir etwas Bestimmtes?

Annik Rubens: Wenn ich das wüsste, wäre ich reich. Ich habe keine Ahnung, ich lasse mich überraschen. Podcasts werden bleiben, das ist sicher. Videocasts auch. Als nächstes wird im Podcasting wohl der Computer wegfallen, da wird man die Folgen direkt aufs Handy geladen bekommen und somit immer neuen Hörstoff haben. Ich wünsche mir nur, dass das gesprochene Wort weiterhin wichtig bleibt.

Moderator: Noch ein Blick in die Zukunft:

Christopher: Kleiner Blick in die Zukunft: Bloggen oder Podcasten – was wird länger bleiben? Was hat mehr Potenzial, die Massen anzusprechen?

Annik Rubens: Alles wird bleiben. Es gibt Zeitungen, Radio und TV. Es gibt Blogs, Podcasts und Videocasts. Die Menschen werden sich weiterhin ausdrücken wollen, mit Worten, geschrieben oder gesprochen, und Bildern.

diebsl: Beim Vergleich von Podcasts und Blogs: Meinst du, hinter den verschiedenen Formaten sitzen entsprechend unterschiedliche Typen oder ist es einfach Geschmackssache, welches Format man wählt? Was gefällt dir an Podcasts besser als an geschriebenen Blogs?

Annik Rubens: Ich finde, dass die Stimme eines Menschen viel über ihn aussagt. Ich höre gerne verschiedene Stimmen und mache mir so ein Bild des Menschen. Und Podcasts kann ich nun mal mitnehmen, wenn ich mich auf der Post mal wieder langweile beim Anstehen. Blogs sind doch noch relativ statisch, man liest am Bildschirm. Blogs sind natürlich aber auch weniger aufwändig, was die Technik angeht, da kann man schnell mal aus der Arbeit ein paar Zeilen schreiben. Daher ist es wohl wirklich Typsache, für was man sich entscheidet. Man muss seine eigene Stimme mögen – und das tun viele nicht! Schade eigentlich.

comment: Liest du denn Blogs, auch wenn dich das Bloggen selbst weniger interessiert? Welche magst du besonders?

Annik Rubens: Ich lese sehr wenige Blogs, eigentlich nur Buzzmachine.com und ein paar Podcaster-Blogs aus USA. *schäm*

rzt: Hilft denn eine Sprecherausbildung oder wenigstens eine Schulung, wenn man Podcasten will?

Annik Rubens: Braucht man eine Sprechausbildung, um anderen Menschen auf den Anrufbeantworter zu sprechen? Nein, im Podcast darf man ruhig einen Dialekt haben oder mal nuscheln, das ist doch menschlich. Geschliffene gleichklingende Stimmen hören wir im Radio schon genug.

Moderator: Hier hat jemand mal ganz genau hingesehen:

wachinberlin: Warum haben Sie zwei Apple-Kopfhörer auf Ihrem Bild im Ohr? ;-)

Annik Rubens: Äh – einer rechts, einer links? Macht man das nicht so?

Moderator: :-) Ich glaube, es war eher nach Apple gefragt.

Annik Rubens: Hihi, ich glaube auch. Weil ich einen iPod habe, das ist nach wie vor der Marktführer.

greenhorn: Was hältst du von Politiker-Podcasts? Gibt es einen, den du gut findest oder hörst?

Annik Rubens: Puh. Angela Merkel tut es, und ich bin ihr dankbar dafür, weil Podcasting dadurch mal kurz durch die Presse ging. Mir bringt der Podcast aber nichts. Politiker müssten im Podcast auch etwas authentischer werden, dann würden sich das mehr Leute ansehen. Also wirklich mal volksnäher und nicht geschleckt vor einem Greenscreen mit Bundestag. Gähn.

Moderator: Ganz ähnlich:

littlecat: Glaubst du, Politiker können über Podcasts persönlicher rüberkommen und so mehr Wähler gewinnen? Sollten sie sich mehr trauen?

Annik Rubens: Das können sie ja nicht selbst entscheiden, da stecken noch sooo viele Leute im Hintergrund, die mitreden. Ich glaube, Politiker könnten das sehr gut nutzen, um sich direkt an die Wähler zu wenden, ohne „Umweg“ über die Presse. Ist natürlich auch gefährlich, sowas. Aber mal sehen, ob es im US-Wahlkampf dazu kommt, die Kandidaten scheinen sehr Internet-affin zu sein.

Moderator: Gibt es außer den USA noch andere Vorbilder, an denen sich deutsche Politiker orientieren könnten?

Annik Rubens: An normalen Menschen? ;-)

Moderator: Eine Nachfrage dazu, dass du heute hier im Chat bist:

katze: Was erhoffst du dir von diesem Interview?

Annik Rubens: Das, was ich mir von jedem Interview erhoffe: Ich mache diese Interviews in meiner Freizeit, um zu missionieren. Ich hoffe, dass dadurch mehr Leute auf das Podcasting aufmerksam werden und sich in dieser Szene mal umschauen. Denn bei 65.000 Podcasts weltweit ist sicher für jeden interessanter Hörstoff dabei. Ich finde Podcasts sind eine Bereicherung für das eigene Leben, und davon möchte ich gerne andere Leute (vor allem junge Menschen und vor allem weibliche Menschen!) überzeugen.

Moderator: Zwei mal die Frage nach dem Lieblings-Podcast:

FAN: Welches sind eigentlich deine liebsten Podcasts?

Alfred: Hast du eine Lieblingsstimme unter den Podcastern (in Deutschland und international)?

Annik Rubens: Das ist immer sooo schwer zu beantworten! Ändert sich auch oft! Also:
Ich habe rund 80 Podcasts abonniert, daher ist das schwer zu sagen. Ich liebe den Interviewpodcast „SWR1 Leute“, ich höre sehr gerne die Kinokritiken von Mark Kermode von der BBC. Aber ich finde auch den MacManiacs-Podcast aus Österreich gut oder die Couchpotatoes hier aus München. Und ich sehe gerne den Jungs von „De-Lite Fun Cooking“ beim Kochen zu. Ach, und mein aktueller Video-Liebling ist Ratatouille von Pixar. Meine Lieblingsstimme international war Scott Fletcher, aber der podcastet leider nicht mehr. Hier bei uns ist es wohl mein Nachbar Alex Wunschel, der brummelt wunderbar in seinem „Blick über den Tellerrand“.

sabine: Welche Hörbuch-Stimmen kannst du denn empfehlen? Sowohl Frauen als auch Männer?

Annik Rubens: Ich selber mag so viele Stimmen, Heikko Deutschmann, Christian Brückner, Dietmar Bär, Charles Brauer. Bei den Frauen…hmmm, da gibt es ja blöderweise weniger Stimmen im Hörbuchmarkt. Ich höre sie fast alle gern, die Thalbachs beispielsweise oder Andrea Sawatzky.

kira: Hat dich dieser Chat zu einem neuen Beitrag inspiriert ;-)?

Annik Rubens: Kann gut sein, weil ich mich gerade wundere, wie viel man in einer Stunde tippen kann!

teichtier: Du hast ja schon mal eine Pause von SiM gemacht. Was glaubst du, wie lange bleibst du noch dabei?

Annik Rubens: Solange es mir Spaß macht und mich noch jemand hört. Und solange es die Zeit zulässt. Wenn ich in nächster Zeit unerwartet Mutter von Fünflingen werde, muss ich wohl kürzer treten, was das Podcasting angeht. ;-)

Moderator: Aber darüber ließe sich bestimmt auch eine Sendung produzieren :-)

Annik Rubens: Selbstverständlich!

Moderator: 60 Minuten Blogsprechstunde sind mal wieder rum. Danke an alle Mit-Chatter für die vielen Fragen und natürlich danke an Annik für die Antworten. Das Transkript dieses Chats finden Sie in Kürze auf den Seiten von politik-digital.de und den Blogpiloten. Das Schlusswort für heute hat unser Gast:

Annik Rubens: Bleibt schlaflos und hört mal rein in die Podcastwelt! Hat Spaß gemacht, vielen Dank!

Moderator: Nächste Woche, am 7. August, dreht sich hier alles um Fußball, schließlich sind es dann nur noch drei Tage bis zum Saisonstart der Bundesliga. Zu Gast haben wir daher einen Experten vom Blog des Fußball-Magazins „11 Freunde“, Jens Kirschneck. Fragen können Sie bereits hier stellen: www.talksalon.de

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