Chatprotokoll: Peter Rehbein über Hippiephasen, Musiktrends und dreckige Rockclubs

Am Mittwoch war Peter Rehbein von Schallgrenzen.de zu Gast in der Blogsprechstunde. Für alle die es verpasst haben, hier das Chatprotokoll:

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Moderator: Hallo und herzlich willkommen in der Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten. Heute geht es um das Thema Musik und alles, was dazu gehört. Unser Gast heute ist Peter Rehbein, Blogger beim Musik-Blog Schallgrenzen.de. Ab Punkt 16 Uhr geht es los, Ihre Fragen können Sie gerne auch jetzt schon stellen. So, bei uns ist es jetzt 16 Uhr. Kurze Frage an unseren Gast: Können wir starten?

Peter Rehbein: Jau.

Moderator: Hier die erste Frage:

Schuuuulz: Hörst du gerade Musik – wenn ja, welche?

Peter Rehbein: A Whisper In The Noise – The Tale of Two Doves.

Krabbe: Wie bist Du zur Musik gekommen?

Peter Rehbein: Uff, wahrscheinlich wie jeder von uns, übers Radio. Zum Bsp. „Musik für junge Leute“ auf NDR.

Moderator: Und wie alt warst du, als du zum ersten Mal so „richtig“ Interesse für Musik entwickeltest?

Peter Rehbein
: Mit 15-16 habe ich mich ernsthaft mit Musik beschäftigt. Hippiephase mit Genesis, Yes und Konsorten.

Karlaaa: Wie musikalisch bist du selber? Spielst du Instrumente und/oder singst du?
Peter Rehbein: Null.

Samurai: Was ist dein Lieblings-Genre?

Peter Rehbein: Zur Zeit Postrock, Progressive, Indie und wieder die alten New Wave-Sachen (die Düsteren).

Moderator: Unsere Nutzer konnten schon im Vorfeld Fragen stellen und bewerten. Diese Frage wurde am besten bewertet:

Nomotok: Wird Musik zukünftig nur noch im Internet gehört?

Peter Rehbein: Das glaube ich nicht. Es sei denn, man kann irgendwann das Internet überall mit hinnehmen. Aber das Internet (und natürlich auch die MusikBlogs oder auch MySpace) sind DIE Informationsquelle überhaupt.

rollbrett: Kann man überhaupt noch gute Musik im Radio finden (Stichwort Privat-Chart-Funk) und wenn ja wo?

Peter Rehbein: Muss ich wohl verneinen. Es gab mal gute Radiosendungen. Ich arbeite ja nebenher bei einem lokalen Radiosender. Den kann man hören. Vielleicht noch live und einige Sendungen bei den Öffentlichen.

Moderator: Eine Nachfrage zu MySpace als Musikquelle:

Artas: Musiker bei MySpace – da gibts doch inzwischen eine viel zu große Beliebigkeit, findest du nicht?

Peter Rehbein: Ich habe seit ca 1 1/2 Jahren ein Profil bei MySpace und habe in dieser Zeit fantastische Musik und großartige Künstler kennengelernt. MySpace ist längst nicht so schlecht wie sein Ruf. Die unmittelbare Möglichkeit mit Künstlern in Kontakt zu treten ist nahezu fantastisch :-)

Luke: Ich höre Musik eigentlich nur noch im Internet, über Custom Radios usw… wozu braucht man heutzutage noch Alben und Singles?

Peter Rehbein: Um sie sich ins Regal zu stellen zum Beispiel.

Moderator: Das Thema „Musik im Internet“ beschäftigt die User:

Lupo: Stichwort Radio: Kannst Du Internet-Musik-Sender empfehlen?

Peter Rehbein: Radio Tonkuhle, ist per Stream zu empfangen. Heute abend zum Beispiel Schallgrenzen ab 22.00 Uhr. Ernsthaft, ich höre eigentlich eher kein Radio übers Internet.

Moderator: Und wieso nicht? :-)

Peter Rehbein: Ich lege lieber eine CD ein oder höre Musik über MP3-Player. Gute Sachen wie der „Nachtclub“ mit Paul Baskerville sind terrestrisch zu empfangen.

Moderator: Eine Frage zum Blog unseres Gasts:

tini: Inwiefern können Sie neue Bands wirklich „fördern „? Die Rezipienten eines Blogs sind ja im Vergleich zu Radio und viel beworbenen TV-Shows doch eher wenig. Irgendeine Erfolgsstory?

Peter Rehbein: Ja, ich konnte aufgrund meiner Blogarbeit zum Beispiel ein Festival mit 4 dänischen Indie-Rock Bands veranstalten. Und plane für den Mai wieder ein Konzert. Ich verstehe meine Bloggerei auch nicht als Steigbügelhalterei für die großen TV-Shows und Mainstreamsender. Nur ein Wort: Indie! Und damit gewollte Nische.

Moderator: Kommen wir vom Thema Internet-Musik wieder zu Musik allgemein. Dazu das Statement und die Frage eines Users:

Rockin: Die Musik hat ihre beste Zeit hinter sich – heut wird doch fast nur noch Müll produziert, oder?

Peter Rehbein: Kann ich sich so nicht behaupten. Ich entdecke täglich interessante Musik und schaffe es, alle zwei Wochen eine Radiosendung mit zwei Stunden Musik zu befüllen.

Moderator: Passend dazu folgende Frage:

Terban: Gibt´s irgendwann eine neue Renaissance?

Moderator: Gemeint ist hier sicher die musikalische Rennaissance. :-)

Peter Rehbein: Das große Thema Retro. Jetzt kommt ja gerade so ein wenig Noise-Pop hoch. Man weiß es nicht. Vielleicht wieder die neue deutsche Welle. :-) Aber ehrlich gesagt, sehe ich da nichts am Horizont.

Rambazamba: Wäre Woodstock heutzutage noch möglich?

Peter Rehbein: Nöö, Kommerz, soweit das Auge reicht.

Larala: Was hältst du von Casting-Shows wie DSDS?

Peter Rehbein: Nichts. Die armen Schweine, die da mitmachen, tun mir nur unsäglich leid.

Nemesis: Ich hab das Gefühl, dass Bands heutzutage eine extrem kurze Halbwertzeit haben – wie siehst du das?

Peter Rehbein: Aus musikalischen Gründen gibt es dafür eigentlich keinen Anlass. Das dürfte wohl eher ein finanzielles Problem sein. Es sind ja immer weniger Leute bereit (ich spreche besonders von der Indieszene) für CD`s und auch MP`3 Geld auszugeben oder für Konzerte „noch“ unbekannter Bands einen adäquaten Eintrittspreis zu entrichten. Wie lange wird der Atem für die Musiker dann reichen?

Timothy: Wieso gibt es so wenig international erfolgreiche deutsche Bands?

Peter Rehbein: Weil sie entweder deutsch singen, nicht gut genug sind oder keinen fetten Major hinter sich haben.

Moderator: Wie erklärst du dir den Erfolg z.B. von Rammstein im Ausland?

Peter Rehbein: Exotik und das rollende Rrrrrrrrrrrrrrrrr.

Woman in Red: Ist der Boom von Brit-Pop/Rock in Deutschland nur ein Hype?

Peter Rehbein: Definitiv ja. Ich hasse diesen ganzen Hype (von der britischen Presse initiiert) wie die Pest.

Moderator: Eine Nachfrage zu deutschen Bands:

gloeckchen: Was ist denn so schlimm daran, dass eine Band deutsch singt? Muss sie sich halt ein bisschen mehr Gedanken über Texte machen.

Peter Rehbein: Ich finde es gut, wenn deutsch gesungen wird und die Musik gut ist. Gibt ja auch einige Beispiele, z. B. Kante. Aber im Ausland? No Chance.

LoudeR: In Deutschland wird Metal aus den skandinavischen Ländern immer populärer, wieso eigentlich?

Peter Rehbein: Keine Ahnung. Höre ich nicht in dem Maße.

holladiewaldfee: Wie innovativ ist die Musikszene in und um Hildesheim?

Peter Rehbein: Ehrlich gesagt nicht innovativer als in anderen Städten auch. Es gibt ein paar sehr gute Bands und halt viele die sehr beliebig sind.

Moderator: …und nochmal zu deutschen Bands:

holladiewaldfee: Ist Tokio Hotel da nicht ein Gegenbeispiel, dass Musik mit deutschen Texten auch im Ausland erfolgreich sein kann und Menschen (naja, kleine Mädchen) deswegen sogar Deutsch lernen? Vielleicht nur schade, dass es gerade diese „Band“ ist.

Peter Rehbein: Was Tokio Hotel da machen, finde ich gar nicht so übel. Ich bin zwar beileibe kein Fan, aber sie spielen ihre Instrumente selbst, schreiben ihre Songs und tun was für die Völkerverständigung. Ich find`s gut.

Moderator: Eine spezielle Frage eines Users:

Shaun: Wie findest du Neil Young und seine Musik?

Peter Rehbein: Cool.

Moderator: Was gefällt dir an ihm? Er als Typ oder seine Musik?

Peter Rehbein: Dass er seit Jahrzehnten ein unwahrscheinliches Level hält, Gitarre spielen kann wie Sau und ein paar wirklich großartige Songs geschrieben hat.

Xerxes: Wieso müssen große Konzerte eigentlich so teuer sein? Viele Schüler und Studenten werden damit ausgegrenzt.

Peter Rehbein: Wahrscheinlich wegen der extremen Gagen und dem Gigantismus, der betrieben wird. Ist sowieso nicht mein Ding, lieber ein kleines feines Clubkonzert.

Moderator: Eine persönliche Frage:

lama: Wäre es dein Traum, ein erfolgreicher Musiker zu sein? Oder bleibst du lieber hinter den Kulissen?

Peter Rehbein: Ich wäre total gerne ein erfolgreich Musiker. Große Bühne, breitbeinig mit der Gitarre und so. Aber ich kann`s nicht und trau mich nicht.

Moderator: Hast du denn schon einmal selbst Gitarre gespielt bzw. es versucht :-)?

Peter Rehbein: Nö.

Heinerbach: Magst du Clubs? Was hältst du von diesen ganzen Party-Club-Gängern?

Peter Rehbein: Menst du die Dinger, wo man Tanzen kann? Ich hasse das. Ich kriege davon Pickel. Okay, so`n leicht verdreckter Rockclub ist okay, aber sonst – nein danke!

Murmel: Glaubst du, ab einem bestimmten Alter interessiert einen nur noch die gleiche Musik? Oder bist du neuen Strömungen gegenüber offen?

Peter Rehbein: Glaube ich nicht. Wenn man neugierig ist, gibt es immer Neues zu entdecken. Ich habe schon so oft mein Genre geändert. Hauptsache Gitarre und kein HipHop.

Moderator: Kommen wir wieder zu den „fundamentalen“ Fragen:

narf: Wie bist du eigentlich zum Radio gekommen?

Peter Rehbein: Vor über drei Jahren wurde ein Lokalsender in Hildesheim gegründet und es wurden Mitarbeiter gesucht. Ich habe mich dann mit einer Sendung (ursprünglich New Wave der Achtziger) beworben und bin bis heute dabei.

SammelK: Welche „normalen“ Radio-Sender hörst du gerne?

Peter Rehbein: Deutschland Radio Kultur, Deutschlandfunk und NDR Info.

tini: Wie stehen Sie zum Thema „illegaler Musikdownload“? Halten Sie verschärfte Ermittlungen für gerechtfertigt?

Peter Rehbein: Eigentlich ja. Ein paar Teenies zu belangen ist nicht okay, aber im Grunde gibt es kein Unrechtsbewusstsein mehr. Ich kenne ja kaum noch jemanden, der sich eine CD kauft! Das ist unglaublich. Vor kurzem erwähnte ich in einem Gespräch, dass ich mir jetzt Musik als mp3 KAUFE. Das gab echt ungläubige Gesichter.

fehler: Wie sehr interessiert dich eigentlich die Blogosphäre außerhalb von Musikblogs?

Peter Rehbein: Eher am Rande. Mir ist vieles nicht so ganz geheuer und suspekt. Da geht es um Alpha- und Beta-Blogger und so´n Kram. Finde ich eher komisch. Einige Blogs schaue ich mir aber regelmäßig an.

Moderator: Und welche interessieren dich besonders?

Peter Rehbein: Zum Beispiel Blogpiloten :-) oder Spiegel online… Shit, das ist ja kein Blog.

Klaas: Auf welchem Konzert warst du zuletzt?

Peter Rehbein: Ein kleines Konzert der AC Vibes in der Löseke in Hildesheim. Samstag geht´s nach Braunschweig. A Whisper in The Noise!

Moderator: Die Bitte an unseren Gast, in die Musik-Kristallkugel zu schauen:

Future: Welche Musik werden wir in 20 Jahren hören?

Peter Rehbein: Eine Mischung aus Hardcore, Heavy-Metal, Noise-Pop, Progressive und Punk, dazu noch ein wenig Drum’n’Bass und Jazz. Schätze ich mal.

Moderator: Und jetzt die Gretchenfrage:

Hail2theKing: Was ist dein Lieblingslied und warum?

Peter Rehbein: Ich hab’s geahnt. „Our Secret“ von The Comsat Angels, einer Band aus Sheffield, die es schon lange nicht mehr gibt. Aber der Song begleitet mich seit mehr als zwanzig Jahren und soll auf meiner (hoffentlich noch fernen) Beerdigung gespielt werden.

Hollibaer: Wie willst du deinen Blog vielleicht noch weiter entwickeln? Welche Pläne hast du?

Peter Rehbein: Es wird endlich ein neues Layout geben. Ich möchte weiter ein Sprachrohr für gute (und vielleicht noch unbekannte Musiker sein) und vielleicht auch ein wenig andere gesellschaftliche Themen aufgreifen. Mich ein wenig öffnen. Sozusagen.

Trainer: Und welche „kommerzielle“ Band ist dir am Liebsten?

Peter Rehbein: Tool.

Moderator: So, das waren fast 60 Minuten Blogsprechstunde. Vielen Dank an unsere Nutzer für die vielen Fragen. Und natürlich vielen Dank an Peter Rehbein für die Antworten. Das Protokoll dieses Chats können Sie in Kürze auf den Seiten von politik-digital.de und bei den Blogpiloten nachlesen. Das letzte Wort für heute hat unser Gast:

Peter Rehbein: Vielen Dank, dass ich eingeladen wurde. Es hat riesigen Spaß gemacht. Vielleicht könnte der Herr Moderator meine Schreibfehler ausbessern. Tschüss.

Moderator: Die nächste Blogsprechstunde gibt’s am Mittwoch, den 26. März, mit einem Chat zum Fußball-Länderspiel Deutschland-Schweiz; unser Gast ist dann Tom Lehnert vom Blog Doktor Fußball, der das Spiel live im Chat begleiten wird. Das Chat-Team wünscht allen noch einen schönen Abend!


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ist freiberuflich als Medien- & Verlagsberater, Trainer und Medienwissenschaftler tätig. Schwerpunkte: Crossmedia, Social Media und E-Learning. Seine Blogheimat ist der media-ocean. Außerdem ist er einer der Gründer der hardbloggingscientists. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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