Torsten Rupprich

Moderator: Hallo und herzlich willkommen zur Blogsprechstunde, dem Chat von politik-digital.de und den Blogpiloten. Heute ist Torsten Rupprich unser Gast. Der Redakteur vom Rundfunk Berlin Brandenburg bloggt im Namen des kleinen Eisbären Knut aus dem Berliner Zoo.

Torsten Rupprich: Hallo, ich wäre bereit.

Moderator: Gut, dann können wir ja anfangen. Unsere Nutzer konnten im Vorfeld schon Fragen stellen und bewerten. Die Fragen, die die meisten Stimmen erhalten haben, eröffnen heute unseren Chat. Hier die erste Frage. Und vielleicht für alle, die Knuts Werdegang nicht ganz so eifrig verfolgt haben: Wie ist denn nun der Stand, wie lange soll Pfleger Thomas Dörflein noch Rundum-Betreuung leisten?

Anne: Von wem ist die – von außen betrachtet – plötzliche Abnabelung ausgegangen, Zoomanagement oder Thomas Dörflein?

Torsten Rupprich: Nach dem letzten Interview des Zoodirektors soll Herr Dörflein ja nur noch sechs Wochen direkten Kontakt zu Knut haben können.
@Anne: Das weiß ich im Detail auch nicht. Dass die Abnabelung stattfinden muss und wird ist ja klar. Ich denke, die Abnabelung lief bislang im Groben wie geplant. Das „plötzlich“ empfinden wir wohl so, weil der Zoodirektor Bernhard Blaszkiewitz am Wochenende einen konkreten Zeithorizont (sechs Wochen) genannt hat.

Blaue Maus: Wie sieht Knuts Tagesplan aus? Wie lange ist er außer in den Shows mit Dörflein oder den Pflegern zusammen?

Torsten Rupprich: Bis vor Kurzem begann der Tag mit einem Zoorundgang, dann war er im Innenhof des Bärengeheges mit Thomas Dörflein und anderen Pflegern zusammen, dazwischen die beiden „Shows“ um 11.00 und 14.00 Uhr. Jetzt ist er aber außerhalb der „Shows“ viel Zeit auf seiner eigenen neuen Anlage. Und immer mehr auch alleine. Aber darum geht es ja auch: Abnabeln.

Moderator: Eine englische Frage, für die deutschen Leser: Muss Knut den Zoo eventuell nach einem Jahr verlassen?

Astrid: Does Knut eventually have to leave Berlin Zoo after one year?

Torsten Rupprich: Ich weiß es nicht. Nach Zoo-Aussage bleibt er ja mindestens noch bis zum Frühjahr 2008 in Berlin. Was dann geschieht: ???

Luna: Stehen Sie persönlich direkt in Kontakt mit den Pflegern von Knut oder erhalten Sie Ihre Informationen über Knut aus dritter Hand?

Torsten Rupprich: Die meisten Infos erhalte ich über die RBB- und DokFilm- Fernsehautoren [DokFilm ist eine Fernsehproduktionsfirma in Potsdam Babelsberg, Anm. d. Red.], die Knut-Beiträge drehen. Die sind ja regelmäßig im Zoo. Ansonsten habe ich auch Kontakt zu Herrn Schüle, dem Tierarzt von Knut.

Annikara: Wie lange werden Sie noch das Knut-Blog schreiben?

Torsten Rupprich: Das ist schwer zu sagen. Solange ich genug Informationen über Knut anbieten kann und das Interesse am Blog anhält. Vielleicht bis Jahresende.

noname: Wie viel Zeit verbringen Sie am Tag damit, als Knut zu bloggen? Besuchen Sie ihn dafür auch selbst oft im Zoo oder machen Sie das alles von der Redaktion aus?

Torsten Rupprich: Zeit? Schwer zu sagen. Das Schreiben neuer Einträge geht recht fix, weil ich die „Geschichten“ oft ein zwei Tage mit mir „rumtrage“. Zeitaufwändig ist die Organisation: Der Kontakt zu unseren Fernsehautoren und -teams, die bei Knut drehen, neue Bilder und Videos auswählen und aufbereiten. Dafür habe ich Hilfe in meiner Redaktion. Ansonsten frisst die Administration die meiste Zeit. Es gibt irrsinnig viele Fragen im Blog – und ich versuche halt, so gut es geht, zu antworten. Das heißt ich schaue schon 16 Stunden am Tag immer wieder drauf.

hummel: Ist es schwierig, jeden Tag aus der Sicht eines Eisbären zu schreiben?

Torsten Rupprich: Ja und nein. Das Schreiben selbst macht keine Probleme. Schwierig wird es, wenn es wirklich mal tagelang nichts Neues zu berichten gibt. Da entstehen dann so Dinge wie Knuts Tatzenabdruck zum downloaden.

Holly: Knut bekommt ja eine Menge Kommentare auch aus dem Ausland. Woher rührt diese internationale Begeisterung für den kleinen Eisbären?

Torsten Rupprich: Darüber könnte man medienwissenschaftliche Abhandlungen verfassen. Da kommt sicher vieles zusammen. Der „Niedlichkeitsfaktor“ des kleinen Eisbärbabys, und vor allem die Tatsache, dass es überhaupt erstmalig von der Handaufzucht eines Eisbären Videos und Bilder gab, die dann regelmäßig im Rundfunk Berlin-Brandenburg gesendet wurden.
Das Blog ist ja nicht die Ursache für den weltweiten Knut-Hype. Allerdings haben wir das Blog in dem Augenblick gestartet, als die Knutomanie gerade einmal um die Welt schwappte. Das war dann auch ganz gut in den Kommentaren im Blog nachzuverfolgen. Erst war es Mittel- und Nord-Europa: Niederlande, Schweden, England, dann Südeuropa, von da schwappte es Richtung Südamerika und schließlich weiter: Nordamerika und Japan. Viele von den Besuchern sind dann drangeblieben, sodass wir jetzt wirklich international und in zig Sprachen bloggen. Für die Knut-Fans in der weiten Welt ist das Blog und die RBB-Knut-Seite jetzt eine der Hauptquellen für neue Bilder und Videos.

Moderator: Daran anschließend:

pingu: Ihre Beiträge werden ja in sehr viele Sprachen übersetzt – welche Nation liest Knut am meisten?

Torsten Rupprich: Wer am meisten liest, ist schwierig zu beantworten. Wenn ich nach abgefragten Videos schaue, dann kommt an zweiter Stelle gleich Japan. Die meisten aktiven Schreiber kommen – nach Deutschland – wohl aus den USA.

Peter43: Wie sind eigentlich so die Benutzerzahlen von Knuts Blog? Die Menge an Kommentaren stellen ja alle anderen Blogs in den Schatten?

Torsten Rupprich: Nach IVW: täglich etwa 15.000 – 20.000 Zugriffe auf das Blog, noch mehr auf die Knut-Homepage (www.rbb-online.de/knut). Videos werden jeweils zehntausende Mal abgerufen [IVW steht für die Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern, Anm. d. Red.].

Annikara: Macht Knut Sie auch täglich so „glücklich“, wie es die vielen Knut-Fans empfinden (wie man es im Blog so lesen kann und vielleicht auch aus eigener Erfahrung kennt)?

Torsten Rupprich: Ohje, was soll ich darauf antworten. Sagen wir mal so: Mir macht das Blog sehr viel Spaß und Freude. Ich glaube, ich habe daneben gar nicht genug Zeit, um mich der Knutitis (so bezeichnen die Knut-Blogger ihre „Erkrankung“) so hinzugeben.

Bauz: Sind Sie ausschließlich nur mit Knuts Blog befasst oder haben Sie noch weitere Aufgabenbereiche?

Torsten Rupprich: Na, das wäre schön. Nein, Ich leite „nebenher“ die Online Redaktion im RBB Fernsehen. Da gibt es auch ein „Regelgeschäft“ und andere Seiten wie www.polylog.tv oder www.sandmaennchen.de.

malzbier: Haben Sie als Knut-Experte schon andere Interviews gegeben?

Torsten Rupprich: Ich bin ja mehr der Knut-Online Experte. Weniger der Knut Experte. Aber dazu „durfte“ ich mich ein paar Mal im eigenen Fernsehen und im japanischen TV äußern.

Moderator: Eine Rückfrage zu den Nutzerzahlen:

killer: Heißt das, Knut ist derzeit das meistgelesene Blog in Deutschland? Sonst wird doch immer Bildblog als solches gehandelt, aber die sind nicht IVW-bereinigt?

Torsten Rupprich: Tja, die Zahlen bei blogscout et cetera. kann ich auch immer schwer vergleichen. Da hat Bildblog, meine ich, rund 50.000 Page Impressions (abgerufene Seiten, Anm. d. Red.). Aber wie das mit IVW-Pixel wäre (IVW-Pixel ist ein erweitertes Zählverfahren der IVW, Anm. d. Red.)? Ich denke, Knuts Blog gehört auf jeden Fall zu den drei meistgelesenen Blogs Deutschlands. Vielleicht sogar Platz eins. Aber wie gesagt, dafür müsste man vergleichbare Zahlen haben

fine: Zur Sprache auf Knuts Blog: Haben Sie Kinder? Oder wen stellen Sie sich als Inspiration vor?

Torsten Rupprich: Ja, zwei Kinder. Aber denen schaue ich die Sprache nicht mehr ab. Anfangs war Knuts Sprache ja sehr sehr kindlich. Das versuche ich jetzt ein wenig zu verändern. Er wird ja älter, ist jetzt vielleicht ein kleiner Junge und wird bald pubertieren. Mal sehen, ob das in Knuts Sprache nachvollziehbar wird. Schwierig!

Moderator: Nochmal zu den vielen Fans, die das Blog besuchen:

killer: Gehört die Zukunft der Klicks dem Boulevard-Blogging?

Torsten Rupprich: „Boulevard-Blogging“ – schönes Wort. Das war Anfangs auch unsere Befürchtung, dass solch ein Blog zu sehr Boulevard sein könnte. Ich sehe es eher als gute Unterhaltung. Ob dem die Zukunft gehört was die Nutzungszahlen angeht – keine Ahnung. Ich denke, viele Blogs sind doch im weitesten Sinne unterhaltend. Die Klicks kommen durch das Thema: Knut.

Blogger: Die 20.000 Visits pro Tag – sind das Besucher?

Torsten Rupprich: Nee, das sind Page Impressions. Angaben über Visits habe ich leider nicht. Jedenfalls keine nach IVW. Und unsere internen Auswertungen helfen ja hier nicht weiter. Die 15.000 bis 20.000 sind allerdings jetzt das Normalmaß. In Hochzeiten – als Knut erstmals vorgestellt wurde zum Beispiel – ist es auch deutlich mehr.

PeachMelba: Wie kam denn die Idee, nicht über Knut, sondern als Knut zu bloggen?

Torsten Rupprich: Ehrlich, das war so eine typische spontane Schnapsidee. Da steckt keine „Geheimstrategie“ hinter. Die Idee dazu hatte ich ganz spontan in einer Redaktionsrunde – das war Ende Februar. In der nächsten Sekunde mit dem zweiten Gedanken bin ich dann erstmal zurückgeschreckt. „Ist das nicht zu trivial und boulevardmäßig für unser öffentlich-rechtliches Profil wenn wir als Eisbär bloggen?“ Aber alle fanden die Idee gut und wir haben entschieden, dass wir das einfach mal probieren. Naja, da war der erste Gedanke der richtige!

Bauz: Darf man die auf der RBB-Webseite von Knut veröffentlichte Fotos und Videos auch für andere Webseiten verwenden? Natürlich nicht für den kommerziellen Gebrauch?

Torsten Rupprich: Für beides gilt: Nein, da hängen ja Urheberrechte dran.

Moderator: Zurück vom Blog in den Berliner Zoo:

eisbärsein!: Ist die Erhöhung der Eintrittspreise durch den Zoo zu rechtfertigen? Immerhin haben die durch Knut Extraeinnahmen in Millionenhöhe!

Torsten Rupprich: Hm, da bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich kann da beide Seiten verstehen. Die, die die günstigen Eintrittspreise wollen, aber auch den Zoo, der ja seine Kosten decken muss. Und so viel ich weiß, war die Preiserhöhung ja lange geplant.

Okapi: Welches Tier sollte denn noch bloggen? Ich wäre ja fürs Okapi aus dem Berliner Zoo.

Torsten Rupprich: Tja, mal sehen. Im Herbst gibt es einen neue Staffel der Tier-Doku „Panda, Gorilla & Co“ – vielleicht findet sich da ein Kandidat. Und ein Kollege, der Lust darauf hat..:)

Moderator: Zwei Fragen en bloc:

Ela: Was meinen Sie, können bloggende Tiere eine Chance für den Umweltschutz sein? Würde es zum Beispiel funktionieren, wenn etwa Greenpeace einen „Blauwal “ bloggen lässt, um Aufmerksamkeit für den Walschutz zu wecken?

Pachulke: Könnten sie nicht die ungeheurer Popularität von Knut nutzen, um auf das Problem vom Aussterben bedrohter Tierarten hinzuweisen? Schließlich zählt ja gerade der Eisbär zu diesen vom Aussterben bedrohten Tierarten

Torsten Rupprich: @Ela: Schwer. Wenn bald alle Tiere bloggen, ist das ja nichts ungewöhnliches mehr. Ich glaube, Knut ist da ein Ausnahme. Ich weiß nicht, ob ich mit einem Blauwal bloggen möchte?!
@Paschulke: Ja, sicher. Aber ich denke, dass tut Knut auch mit dem Blog bereits. Auch wenn es nicht immer ausgesprochen ist. Knut steht ja für Artenschutz. Aber sicher kann man das auch noch konkreter tun.

Gibmirtiernamen: Was glauben Sie, wann wird die Begeisterung für Knut einmal nachlassen?

Torsten Rupprich: Darüber habe ich auch schon oft nachgedacht. Ganz schwere Frage. Ich glaube, es wird bestimmt noch dieses Jahr anhalten. Und dann wird es, denke ich, deutlich abflauen.

Bauz: Wann genau würde der Knut-Blog eingestellt werden? Gibt es da eine Grenze an Hits, die nicht unterschritten werden sollte?

Torsten Rupprich: Oh, das kann ich so nicht sagen. Wir machen sicher solange weiter wie wir: 1. genug Informationen, Bilder, Videos zu Knut anbieten können und 2. das Interesse halbwegs anhält. Aber Zahlen kann ich nicht sagen. Natürlich könnten wir den Aufwand nicht für ein Handvoll User aufrecht erhalten. Aber die Gefahr sehe ich im Augenblick nicht. Ich hoffe, die User bleiben uns treu.

Anne: Könnten Sie Herrn Dörflein überreden, im Knut-Blog vorbei zu schauen, damit er dort Fragen beantwortet? Zum Beispiel statt einem Beitrag von Knut einen vom Knut-Papi.

Torsten Rupprich: Das würde ich gerne. Aber Herr Dörflein hat keine so große Beziehung zu Computern und Internet. Und ich glaube, er ist froh über jede ruhige Minute. Aber wer weiß…

Moderator: Eine Frage zur Finanzierung des Blogs:

killer: Wieviel lässt sich der RBB denn den Spaß kosten?

Torsten Rupprich: Eigentlich nichts was man konkret beziffern könnte. Es gibt sicher an vielen Stellen kleine Mehraufwände. Ich bin fest angestellt.

Moderator: Zum Abschluss: Einmal Glückwünsche, einmal Dank:

Blogger: Wenn Sie polylog.tv machen: Herzlichen Glückwunsch zum Grimme-Online-Award!

Bauz: Ich möchte mich im Namen der Blogger für ihre wundervolle Arbeit bedanken.

Torsten Rupprich: Oh, zwei Mal Danke zurück. Ich muss auch Danke sagen – nämlich all den „ehrenamtlichen“ Übersetzern, die das Blog in fünf bis acht Sprachen übersetzen und den Fotografinnen, die uns unermüdlich mit Bildern versorgen.

Moderator: 60 Minuten Blogsprechstunde sind auch schon wieder um. Danke an alle Knut-Fans für Ihre Fragen und an Torsten Rupprich für die Antworten. Nächste Woche chatten wir an dieser Stelle mit Jens Schröder, Macher der deutschen Blogcharts und von Blogcensus.de: Dienstag, 26. Juni von 16.00 bis 17.00 Uhr.

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