Der Download-Code für das neueste Top-Spiel kostet 70 Euro. Auf dem Online-Marktplatz G2A ist derselbe Code für 35 Euro zu finden. Ein Klick, ein paar Minuten später, und das Spiel ist in der digitalen Bibliothek. Was nach einem cleveren Deal klingt, entpuppt sich für manche Käufer als teurer Irrtum und ruft Verbraucherschützer auf den Plan. Denn G2A, einer der größten Wiederverkäufer für digitale Gaming-Keys, steht seit Jahren im Zentrum einer hitzigen Debatte über Legalität, Sicherheit und die Risiken des digitalen Graumarkts.
Die Grauzone des digitalen Handels: Wie G2A funktioniert
Um die Problematik zu verstehen, muss man das Geschäftsmodell von G2A begreifen. G2A ist kein klassischer Händler wie Steam oder GOG, der Lizenzen direkt von den Spieleentwicklern oder Publishern bezieht. G2A ist eine Plattform, ein Marktplatz, ähnlich wie eBay. Private und kommerzielle Verkäufer bieten dort ihre digitalen Keys an; G2A stellt die Infrastruktur und kassiert eine Provision.
Die Herkunft dieser Keys ist der Kern des Problems. Ein Teil mag legitim sein – etwa aus „Bundles“ wie dem Humble Bundle, bei denen Käufer mehrere Spiele im Paket erhalten, aber vielleicht nicht alle aktivieren. Andere Keys stammen aus Ländern mit deutlich niedrigerem Preisniveau; sie werden dort günstig eingekauft und auf G2A mit Aufschlag weiterverkauft. Diese Praxis, oft als „regionale Arbitrage“ bezeichnet, wird von vielen Publishern in den Nutzungsbedingungen ausgeschlossen.
Wirklich problematisch wird es, wenn die Keys aus kriminellen Aktivitäten stammen. Betrüger nutzen gestohlene Kreditkartendaten, um in offiziellen Shops massenhaft Keys zu kaufen. Diese werden dann schnell und weit unter Wert auf G2A verkauft, bevor die Kreditkartenbetreiber die Transaktionen rückgängig machen (Chargebacks).
Das Risiko kauft mit: Gesperrte Konten und verlorenes Geld
Für den Käufer ist die Herkunft des Keys nicht ersichtlich. Er erhält einen Code, löst ihn ein, und das Spiel funktioniert – zunächst. Das böse Erwachen kann dann Wochen oder Monate später kommen. Sobald der ursprüngliche Betrug durch den Chargeback auffliegt, erlischt die Lizenz. Die Publisher, die durch den Betrug den finanziellen Schaden tragen, deaktivieren die gestohlenen Keys.
Für den Kunden bedeutet dies: Das Spiel verschwindet kommentarlos aus der Spielebibliothek. In manchen Fällen droht bei wiederholten Aktivierungen gestohlener Keys sogar die Sperrung des gesamten Nutzerkontos, etwa bei Steam oder auf den Konsolenplattformen. Das Geld, das an G2A gezahlt wurde, ist in diesem Moment verloren.
Die Entwickler selbst sehen G2A oft als existenzielle Bedrohung an. Berüchtigt ist der Fall des Studios Wube Software („Factorio“). Die Entwickler stellten fest, dass Tausende über G2A verkaufte Keys mit gestohlenen Kreditkarten erworben wurden. Der Support-Aufwand und die Rückbuchungsgebühren kosteten das Studio mehr Geld, als sie durch die Verkäufe eingenommen hätten.
Rechtliche Fallstricke: Die Einschätzung von Verbraucherschützern
Aus Sicht von Verbraucherschützern ist G2A ein hochriskantes Pflaster. Das Hauptproblem liegt in der Beweislast. Wenn ein Käufer einen defekten oder gesperrten Key erhält, muss er nachweisen, dass der Key bereits zum Zeitpunkt des Kaufs ungültig war. In der Praxis ist das kaum möglich, da der Verkäufer (der oft anonym im Ausland sitzt) behaupten kann, der Käufer habe den Key selbst genutzt oder weitergegeben.
G2A agiert als Marktplatzbetreiber mit Sitz in Polen und entzieht sich oft der direkten Verantwortung. Verbraucherschutz-Experten haben G2A intensiv geprüft. Die Analyse der G2A-Plattform von Verbraucherschutz TV zeigt die komplexen Chancen und Risiken des Marktplatzes auf. Sie beleuchtet, warum die Plattform zwar nicht per se illegal ist, die Käufer aber ein unkalkulierbares Risiko tragen. Die Durchsetzung deutscher oder europäischer Verbraucherrechte gegenüber einem anonymen Verkäufer auf einer polnischen Plattform ist mühsam und oft aussichtslos.
G2A Plus: Erkaufte Sicherheit?
G2A war sich der Kritik bewusst und bot jahrelang gegen Aufpreis den „G2A Shield“ an – eine Art Versicherung. Diese Praxis wurde von Verbraucherschützern scharf kritisiert. Es vermittelte den Eindruck, man müsse für eine Selbstverständlichkeit – nämlich ein funktionierendes Produkt zu erhalten – extra bezahlen. Inzwischen wurde der „Shield“ in das Abonnement „G2A Plus“ integriert. Dieses bietet zwar priorisierten Support und eine „Geld-zurück-Garantie“, bindet Kunden aber in ein Abo-Modell. Es ändert nichts am Grundproblem: Das Risiko wird nicht beseitigt, sondern nur gegen Gebühr verwaltet.
Wenn der Key versagt: Der mühsame Weg zur Rückerstattung
Berichte von Betroffenen über den Rückerstattungsprozess bei G2A sind zahlreich und oft frustrierend. Der erste Ansprechpartner ist der Verkäufer. Antwortet dieser nicht oder ist unkooperativ – was häufig der Fall ist, besonders bei Betrügern – soll G2A einspringen. Die Hürden für die „Money Back Guarantee“ sind jedoch hoch. Käufer müssen oft Screenshots, detaillierte Fehlerprotokolle und teilweise sogar eine Bestätigung des Publishers vorlegen, dass der Key ungültig ist – eine Bestätigung, die Publisher wie Steam oder Ubisoft aus Datenschutz- und Supportgründen so gut wie nie ausstellen.
Handlungsempfehlungen: So schützen sich Käufer
Angesichts der erheblichen Risiken raten Verbraucherschutzorganisationen generell von Käufen auf Key-Reseller-Plattformen wie G2A ab. Die Ersparnis rechtfertige nicht die Gefahr eines Totalverlusts des Geldes oder gar einer Kontosperrung.
Die klare Empfehlung lautet:
- Autorisierte Händler nutzen: Der sicherste Weg ist der Kauf direkt bei den Plattformbetreibern (Steam, Epic Games Store, GOG) oder in etablierten, autorisierten Shops (z.B. Humble Store, Green Man Gaming), die ihre Keys nachweislich direkt von den Publishern beziehen.
- Preisvergleiche nutzen: Wer sparen möchte, sollte offizielle „Sales“ und Rabattaktionen abwarten oder seriöse Preisvergleichsseiten für digitale Spiele nutzen, die ausschließlich autorisierte Händler listen.
- Risikobewusstsein: Wer sich trotz aller Warnungen für einen Kauf bei G2A entscheidet, sollte dies im vollen Bewusstsein des Risikos tun. Man sollte nur Geld einsetzen, dessen Verlust man verschmerzen kann.
- Zahlungsmethoden prüfen: Die Nutzung von Diensten mit Käuferschutz, wie PayPal, kann eine zusätzliche, wenn auch nicht garantierte, Sicherheitsebene bieten. Ein Chargeback über die Kreditkarte ist oft der letzte, aber auch mühsame Ausweg.
Der Reiz des günstigen Keys bleibt groß. Doch die Struktur von G2A verlagert das gesamte Risiko des Handels auf die Schultern der Verbraucher und der Spieleentwickler. Am Ende ist das vermeintliche Schnäppchen oft eine Wette, bei der man im schlimmsten Fall alles verliert.
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Bild: Sean Do auf Unsplash
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