Stellt euch vor, euer Handy oder Laptop wäre ein Schrank in eurer Wohnung: ein Ort, an dem alles abgelegt wird, wo ihr Dinge erst einmal sammelt, die Tür schließt und nicht aktiv weiter darüber nachdenkt. Dennoch bleibt dieses drückende Gefühl im Hinterkopf. Dieses Gefühl, dass man eigentlich unbedingt mal ausmisten sollte. Dieser physische Ballast ist uns oft viel bewusster als der digitale, aber auch dieser kann mit der Zeit erdrückend werden. Er füllt den Speicher, macht die Geräte langsamer und verbraucht Energie – und damit auch CO2. Genau hier setzt der Digital Cleanup Day an: Mit ein paar Klicks können wir unsere Geräte, unseren Kopf und sogar die Umwelt etwas leichter machen.
Diese Aktion ist Teil von World Cleanup, unter ihnen findet auch der World Cleanup Day statt. Mit dem Präsidenten der World Cleanup NGO und dem Initiator des World Cleanup Days in Deutschland, Holger Holland, durften wir in unserem Podcast reden. Er bietet spannende Einblicke in die Umweltbilanz von alltäglichen Dingen wie E-Mails und erläutert, warum es wichtig ist, einfach mal aufzuräumen. Die Podcastfolge findet ihr hier.
World Cleanup – Warum ein Digital Cleanup Day?
Vielleicht hat die eine oder der andere schon mal was vom World Cleanup Day gehört, oder zumindest eine Vorstellung davon, wie dieser aussehen könnte. Dieser Aktionstag findet jährlich weltweit am 20. September statt. Seit 2024 ist er außerdem ein offizieller Aktionstag der Vereinten Nationen (UN). Die Teilnehmer*innen sammeln dann gemeinsam den Müll von den Straßen, von Plätzen, aus Gewässern oder aus der Natur. Dabei hat sich der Tag über die Jahre immer weiter zu dem entwickelt, was er heute ist. Doch wie lässt sich dieses Konzept nun auf die digitale Sphäre übertragen?
Seit 2020 gibt es auch den Digital Cleanup Day (DCD). Aber warum überhaupt? Der Müll in den Wäldern, Flüssen und Städten ist vielen Bewohner*innen ein Dorn im Auge. Müll stinkt, ist nicht gerade ansehnlich und uns allen ist bewusst, dass er für die Umwelt und das Ökosystem nicht gerade förderlich ist. Auf unserem Handy haben wir dieses Problem nicht so sehr. Alles wirkt zunächst sauber und ordentlich. Dann wirft man vielleicht doch mal einen Blick auf das E-Mail Postfach oder die Apps, die jahrelang nicht geöffnet wurden, und erkennt – oh, doch ganz schön vollgemüllt. Dieser Müll hat nicht nur Auswirkungen auf den Speicher, sondern auch auf die Umwelt.
Hier setzt der Digital Cleanup Day an. Er findet jährlich am dritten Samstag im März statt und dient als Aufruf, unnötige Daten zu löschen und digitale Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten. Dies ist notwendig, da das Internet und die unterstützenden Systeme zur CO2-Auschüttung beitragen. Laut World Cleanup beläuft sich die konkrete Bedrohung für die Umwelt dabei auf rund 900.000.000 Tonnen CO2. Die Vorteile dieses Aktionstages sind aber nicht nur die Verringerungen der CO2-Emissionen. Das Aussortieren hilft auch dabei, die Lebensdauer der Geräte zu verlängern, die Speicher- und Serverkapazität und somit Kosten zu senken und die Sicherheitsrisiken bei der Datenspeicherung zu verringern. Außerdem wird alles übersichtlicher, wichtige Dateien lassen sich leichter finden und schneller teilen.
Wie kann der Digital Cleanup genau aussehen?
Auf der Website von World Cleanup findet sich eine detaillierte Anleitung wie man einen digitalen Cleanup durchführen kann. Dabei lassen sich zwei Modi auswählen. Einmal für jedermann und einmal für Unternehmen. Für die Privatpersonen bedeutet so ein Cleanup vier verschiedene, übergeordnete Schritte: Erstens, das Smartphone aufräumen. Hier geht es vor allem um die Fotogalerie oder auch Apps und Spiele, die nicht mehr benutzt werden. Auch alte Benutzerkonten sollten in diesem Zuge gelöscht werden. Zweitens den PC oder Laptop aufräumen. Alle Dateien die doppelt vorhanden oder unbrauchbar geworden sind, sollen weg. Auch hier lohnt es sich die Fotos und Videos durchzugehen.
Als dritter Schritt geht es an das E-Mail-Postfach. Hier sollte man ebenfalls gut aussortieren und sich von unnötigen Newslettern abmelden. Als Letztes geht es viel mehr darum, neue und nachhaltige Routinen einzuführen. Ein Beispiel ist der Verzicht auf kurze „ok“- oder „danke“-E-Mails. Auch müssen nicht alle Videos in höchster Qualität gestreamt werden und auch bei virtuellen Meetings ist es ratsam, das Video auszulassen, wenn es nicht unbedingt nötig ist.
Warum digitaler Müll uns alle betrifft
Wie schon erwähnt, ist digitaler Müll kaum sichtbar und genau deshalb fällt es uns oft schwer, ihn richtig ernst zu nehmen. Er versteckt sich in vollen Postfächern, vergessenen Downloads und in Ordnern, die nicht mehr geöffnet werden. Anders als ein voller Schrank oder ein überquellender Mülleimer macht er sich nicht sofort bemerkbar. Er lässt sich einfach besser ignorieren und dennoch ist er da. Wer sich die Zeit nimmt, die überflüssigen Daten loszuwerden, spürt schnell den Unterschied: Das Gerät läuft flüssiger, das Suchen nach Dateien kostet weniger Nerven und ganz nebenbei entsteht im Prozess das befreiende Gefühl von Ordnung. Somit ist ein Digital Cleanup – neben den Vorteilen für Geräte und Umwelt – auch ein Moment des Aufatmens, eine Art Reset, der Platz für Neues schafft.
Vielleicht wirkt es herausfordernder, sich allein vor den Bildschirm zu setzen, wo auf den ersten Blick doch „alles in Ordnung“ scheint, als gemeinsam mit anderen im Park oder auf der Straße Müll zu sammeln. Draußen ist der Effekt sofort sichtbar, das Ergebnis greifbar. Doch auch der digitale Müll ist real und ebenso lohnt es sich, ihn regelmäßig zu beseitigen. Der World Cleanup Day zeigt, was wir zusammen im öffentlichen Raum erreichen können. Der DCD ergänzt das, indem er uns einlädt, auch in unserer eigenen digitalen Welt Ordnung zu schaffen.
Bereits 2025 haben über 541.800 Menschen teilgenommen. Aus insgesamt 61 Ländern wurden Beiträge geleistet und somit gemeinsam 2,3 Millionen GB unnötige Daten gelöscht. Ganze 575 Tonnen CO2 konnten auf diese Weise eingespart werden. Seit dem Start des Aktionstages im Jahr 2020 haben weltweit mehr als 1,7 Millionen Menschen mitgemacht. So konnten große Mengen CO2 vermieden werden. Ein Highlight des DCD 2025 war beispielsweise das französische Unternehmen SIRFULL, welches alleine 996.000 GB Speicher freimachen konnte. Die Ukraine war das Land mit den meisten Registrierungen und die meisten gelöschten Daten kamen aus Indien, dicht gefolgt von Nepal, Kanada, Brasilien und Pakistan.
Diese Zahlen machen also deutlich: Auch wenn wir vielleicht alleine vor dem PC sitzen, das gemeinsame Aufräumen hat eine spürbare Wirkung – für uns selbst, für unsere Geräte, für die Umwelt und damit letztendlich auch für einander.
Ausblick und Teilnahme
Der Digital Cleanup Day ist mehr als nur ein Tag zum Aufräumen. Er ist eine Einladung, bewusster mit der digitalen Welt umzugehen. Jede gelöschte Datei, jede abbestellte Mail und jede sortierte Galerie spart Ressourcen, gibt uns Ordnung und Übersicht und bietet eine einfache Möglichkeit, ein Zeichen für nachhaltiges Handeln zu setzen.
Für den Tag selbst ist keine Anmeldung nötig, ihr könnt einfach mit den beschriebenen Schritten loslegen. Wenn ihr möchtet, könnt ihr euren Cleanup aber auch registrieren. So notiert ihr euch vor Start euren aktuellen Speicherplatz und gleicht ihn dann, sobald ihr fertig mit dem Aufräumen seid, mit dem neuen Stand ab. Eure Ergebnisse (die gelöschten Daten in GB) könnt dann hier eintragen, samt Namen, Land und Nummer der partizipierenden Personen. So wird euer Beitrag bei den globalen Ergebnissen offiziell berücksichtigt.
Also: Nehmt euch am dritten Samstag im März – und gerne auch jetzt schon – etwas Zeit und macht beim Digital Cleanup Day mit. Erlebt selbst, wie befreiend es ist, alten Ballast loszuwerden.
Image by Let’s Do It World NGO
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