Startup-Interview: Alexander Schimkat von Couture Society

In unserer Startup-Interview-Reihe geht es heute um Couture Society, einer Plattform, die sich darauf versteht Mode zu demokratisieren. // von Jennifer Collins

courture

Was das genau bedeutet, erzählt uns Alexander Schimkat, einer der Gründer von Couture Society. Interessante Einblicke in die Modewelt, in den Wirtschaftsstandort Deutschland sowie zum Background der Gründer erwarten euch.

Ich treffe heute Alexander Schimkat, einen der Gründer von Couture Society. Eine Pre-Order-Plattform für Haute Couture.

Jennifer Collins: Hey Alex! Danke, dass du dir die Zeit genommen hast.

Alexander Schimkat: Hallo. Sehr gern!

JC: Ja, Alex. Erzähle uns doch erstmal ein wenig über Couture Society. Wie funktioniert eure Plattform? Ihr habt z.B. auf eurer Webseite betont, dass Ihr die Mode demokratisieren wollt. Wie kann man sich das denn vorstellen?

AS: Der Demokratisierungsgedanke entspringt eigentlich im Wesentlichen dem Punkt, dass in der Regel sehr sehr viele Teile, die im Rahmen einer Modenschau gezeigt werden, nicht produziert werden. Sprich es gibt zwar eine große Aufmerksamkeit in den Medien und damit auch bei den Endkonsumenten, also den Modeliebhabern, aber diese Leute haben oftmals nicht die Chance diese Klamotten zu kaufen, weil es eben Risikoaverse Händler gibt, die bestimmte Nachfragen im regionalen Kontext berücksichtigen und die in der Regel dann Sachen ordern bei den Designer, die leichter über die Ladentische gehen. Das führt natürlich dazu, dass es gewisse Bevormundung gibt, ein Diktat des Geschmacks des Händels im Endeffekt, und genau hier wollten wir modeaffinen Menschen, die Möglichkeit geben selbst zu entscheiden was sie in Zukunft tragen wollen. Sprich wir sammeln die Orders nach so einer Fashion-Show von den Leuten ein und geben diese dann gesammelt an die Designer weiter.

JC: Also seid Ihr dann auch richtig vor Ort. Wie nimmst du vorab Kontakt mit den Designern auf?

AS: Wir reisen halt in der Regel vor den Fashion Weeks schon um die Welt, haben Meetings mit den Designern und erklären das Konzept ganz kurz. Dabei stoßen wir eigentlich immer auf offene Türen, weil für die Designer das ganze Konzept eigentlich nur Vorteile hat. Sie haben zusätzliche Erlöse, weil sie schon sehr früh sehen welche Nachfrage für bestimmte Teile einher geht, bei dem Endkonsumenten. So dass sie wiederrum bestimmte Teile, die bei uns schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt geordert werden, selbst produzieren und entsprechend später in ihren eigenen Läden verkaufen können. Sie wissen also schon ziemlich früh was ein Trend werden könnte – nämlich bereits acht Monate vorher. Darüber hinaus gibt es bei denen dann geringere Stückkosten und natürlich ist es auch eine Imagefrage, weil in dem Moment wo diese Teile, die sehr sehr kreativ sind, schlussendlich auch produziert und nicht nur einmal quasi auf dem Runaway gezeigt werden sowie von bestimmten Menschen getragen werden. Das ist für die Designer natürlich auch besonders wichtig im Kontext Markenführung und Markenbildung etc.

Was wir machen ist quasi in der Regel kurz nach einer Fashion Show die gesamte Kollektion einmal zu shooten. Sprich wir haben die Bilder vom Runaway und wir haben entweder hier, wenn es die Berliner Fashion Week ist, unser Studio, oder eben ein Studio in Kopenhagen, Paris oder London. Wir shooten dann also die gesamte Kollektion durch und kriegen zum gleichen Zeitpunkt auch schon die ganzen Informationen vom Designer, wie teuer das ist usw., sodass wir im Endeffekt mehr oder weniger in Realtime versuchen die Klamotten auch online zu haben. Teilweise shooten wir die Klamotten auch schon vor der eigentlichen Show und gehen dann fünf Minuten danach online.

JC: Ja ich habe gesehen, dass Ihr immer viele Infos und tolle Fotos zu den Kleidungsstücken habt. Das ist gut, weil es ja schon ein kleines Investment ist, wenn man sich solch ein Haute-Couture-Kleid leistet. Ihr seid jetzt seit April letzten Jahres online. Was für Fashion Shows habt Ihr in der Zeit so besucht?

AS: Ja also wir haben im April letzten Jahres tatsächlich angefangen. Das war dann aber erst einmal ein kleiner Testlauf. So richtig angefangen haben wir erst im Juli 2011, hier in Berlin. Haben da vielleicht erstmal zehn, elf oder zwölf Designer gehabt in der ersten Runde. Ich weiß jetzt nicht recht die Namen. Die findet man aber auch alle auf der Website. Da gibt es so ein Punkt „Past Collections“ oder „Past Fashion Weeks“. Im Anschluss haben wir dann in Kopenhagen weitergemacht, haben da auch so mit acht oder neun Designern zusammen gearbeitet – auf der Kopenhagen Fashion Week. Danach Milan Fashion Week, London Fashion Week und dann New York Fashion Week. Ja, genau.

JC: Ah ok, ich habe außerdem gesehen, dass man bei euch vorab Mitglied werden muss auf der Seite, also es geht bei euch schon auch in Richtung einer Community auf der Page?

AS: Ja also im Endeffekt muss man nicht Mitglied werden. Man kann natürlich diese ganzen Sachen sich auch so ansehen. Man muss halt nur irgendwo links neben die Login-Maske klicken und hat dann auch die Möglichkeit auch so rein zusehen. Allerdings ist es für uns als junges Unternehmen auch wichtig erst mal eine kritische Masse auch an Leuten aufzubauen. Heißt wir nutzen auch jede Chance um die Leute auch zu registrierten Usern zu machen, damit wir sie in der Folge auch weiterhin ansprechen und entsprechende Mehrwerte kommunizieren zu können. Wir haben ja oft auch spezielle Aktionen wo wir beispielsweise zum ganz frühen Zeitpunkt schon besondere Rabatte über Facebook rausgeben, oder es gibt Tickets für irgendwelche Fashion Shows bei uns, oder es gibt auch mal die Möglichkeit einen Designer zutreffen. Diese ganzen Mehrwerte im Endeffekt, kommunizieren wir natürlich auch über Newsletter usw. Also es ist nicht wirklich closed approach, es sieht so ein bisschen so aus und es hat halt diesen den Touch einer Gemeinschaft. Des Wegen auch Couture Society, Gesellschaft. Die Leute sollen gute Mitglieder dieser Gesellschaft sein.

JC: Und wie kam es nun eigentlich zu dieser Idee? Und wie hat sich eure Arbeit anfangs entwickelt, bevor es sich dann schlussendlich wirklich gelohnt hat?

AS: Gekommen ist es dazu, als wir ehrlicher Weise (lacht), das ein oder andere Bier zu Hause getrunken hatten, und wir uns fragten, warum es nicht möglich ist, bestimmte Krawatten von so einer Adidas Luxusmarke zu kaufen gibt. Wir hatten die irgendwo gesehen auch auf einer Show und hat nicht die Möglichkeit diese Krawatten tatsächlich zu kaufen. Wir waren halt alles Werber und Marketing-Leue und da musste man doch gut und gerne mal eine Krawatte tragen bei einer Präsentation. Wir wollten dann nicht unbedingt diese stinknormalen Berater-Krawatten tragen, sondern etwas Ausgefalleneres. Naja und genau diese haben wir dann gesehen, doch es gab diese weltweit nicht zu kaufen. Das war dann so ein bisschen der erste Gedanke und dann haben wir Businesspläne geschrieben und die eingereicht bei gewissen Awards. Und dann sehr schnell auch Awards gewonnen wie zum Beispiel vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und von der BITKOM. Und das hat uns dann bestärkt in dem Gedanken, dass tatsächlich auch zu launchen und von einer PowerPoint-Präsentation, von einer Idee quasi, in ein tatsächliches Projekt zu überführen.

JC: Also habt Ihr neben dem Werber-Dasein auch eine große Vorliebe für Mode gehabt?

AS: Also, ähm, joahr. Das kann man wohl bejahen.. Punkt. (lacht wieder).

JC: Das passt ja dann. Wie seid Ihr vorher zusammengekommen?

AS: Ähm. Martin kenne ich schon seit meiner ersten oder zweiten Berufstätigkeit, als Berater einer Markenagentur, oder besser Markenführungsagentur. Und den Rest habe ich mal eingestellt, als ich Director of Interactive bei einem großen PR-Network war. Dann haben wir uns aber in dieser Viererkonstellation tatsächlich auch 2010 schon selbständig gemacht mit einer Agentur, die hieß damals AMSJ-Werbeagentur und aus dieser Agentur, ist dann quasi couture-society.com entstanden.

JC: Und wie soll es nun zukünftig weitergehen? Was für Pläne habt Ihr so mit Couture Society?

AS: Also ich kann jetzt nicht alles ausplaudern bzw. will auch nicht alles ausplaudern. Aber wir sehen eine große Window Opportunity im Bereich Social und Social Commerce. Insbesondere vor dem Hintergrund das die Modebranche über die Social Networks eben eine große Präsenz auch immer wieder findet. Das ist z.B. auch so in der Musikwirtschaft oder im Sport, wo auch viel Content geshared wird und Mode eben auch. Weil es inzwischen auch möglich ist, so eine Fashion-Show zu sehen, auch wenn ich nicht in diesem elitären Zirkel bin. Früher musste ich ja quasi einen Chefredakteur oder Designer kennen um überhaupt mal Bilder von einer Fashion-Show zu sehen. Mittlerweile ist es ja jedem möglich quasi übers Netz daran teilzunehmen. Genau diese Bewegung wird halt verstärkt über die sozialen Netzwerke und dieses Momentum, welches im Kontext dieser Fashion Week entsteht, wollen wir zukünftig stark auch mit Networks nutzen und besondere Aktionen auch über die sozialen Netzwerke fahren, um auch die kritische Maße zu vergrößern und um die Leute deutlich glorialer zu machen sowie auch zu halten. Natürlich auch um dann wieder einen nächsten Step zugehen, denn sicherlich muss man sich auch sehr sehr schnell überlegen wie man dieses Modell dann weiter entwickelt.

Pre-Ordern ist nun mal nicht etwas, das für jeden relevant ist, sag ich mal. Man muss schon teilweise bis zu vier Monate warten, bis so ein Teil dann geliefert wird. Man hat es zwar trotzdem deutlich früher als jeder andere und man konnte selber entscheiden, was man haben möchte, aber man muss halt schon warten. Von daher ist es nichts für den typischen Zalando-Kunden, aber vielleicht etwas für den Nicole-Farhi- oder dem Odeur-Kunden und da müssen wir uns überlegen, wie wir genau diese Menschen zukünftig angreifen und dieses Segment dann entsprechend auch weiterentwickeln.

JC: Wie viele Designerstücke kommen eigentlich so in den Handel und wie viele nicht?

AS: Ja das hängt eigentlich auch damit zusammen wie groß oder wie klein das Label ist und hängt auch damit zusammen wie groß die Produktionskapazitäten sind oder welche Lieferanten der Designer hat, sprich auch aus welchen Materialien die Klamotten gemacht sind. Aber ich schätze, dass so 30% im Durchschnitt, über den Daumen gepeilt, nicht in die Produktion gehen. Mindestens. Hier in Berlin sind es mehr. In Paris sind es weniger.

JC: Und warum habt Ihr euch für Berlin entschieden?

AS: Naja, wir wohnen alle hier (lacht). Nein. Es ist ehrlicher Weise eine dankbare Gründer-Location, auf der einen Seite, weil die Strukturen hier relativ leicht aufzubauen sind. Weil die Leute hier auch relativ offen sind. Ich vermute, dass es in Mailand beispielsweise wesentlich schwerer wäre, weil die Menschen dort, auch noch nicht so fit in Sachen e-Commerce sind. Darüber hinaus ist es auch relativ günstig, in Anführungsstrich, an wirklich fitte Menschen, also an Human-Kapital zukommen. Hier gibt es ein sehr sehr hohes kreatives Potenzial. Das sind so ein paar Standortfaktoren für Berlin natürlich. Darüber hinaus ist die Berlin Fashion Week hier, als Institution, die sich auch so langsam entwickelt.

Auf der anderen Seite ist Deutschland ein sehr schwieriger Markt, wenn es darum geht Kapital für das Wachstum zu akquirieren, sprich Investoren zu finden. Da wären wir deutlich besser beraten gewesen, wenn wir in den Staaten angefangen hätten. Dort ist zum einen die Bewertungen solcher Modelle deutlich höher sowie die Bereitschaft mal ein wenig Geld in die Hand zu nehmen, damit ein Projekt die nächste Stufe erklimmen kann.

JC: Und woher kommen eure Kunden?

Das sind momentan schon, in Anbetracht der Umstände, dass wir auch in Deutschland sitzen, überwiegend deutsche Kunden. Das sind in der Regel Frauen. Momentan etwa zwischen 33, 34 bis 48 Jahre alt. Aber es gibt mittlerweile auch einige jüngere Männer die bestellen, beispielsweise Patrick Mohr oder so. Ich würde außerdem sagen, 70% sind in Deutschland und 30% kommen aus dem Ausland. Dort dann insbesondere aus UK, Frankreich und die USA.

JC: Lieber Alex, ich danke dir bis hier hin.

AS: Ja, gerne!

kommt aus Irland und studierte Journalistik, Deutsch und Politikwissenschaft in Dublin, Berlin und Leipzig.Sie wohnt seit 3 Jahren in Berlin wo sie als freie Journalistin arbeitet. Sie schreibt derzeit für NPR Berlin u.a. und podcastet und twittet gern über die Städte, Politik, Technologie, Journalismus und digitale Medien.


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