Lieferheld, Lieferando & Co.: Die Ökonomie der Online-Lieferdienste

Delivery Hero hat für knapp 300 Millionen Euro Pizza.de übernommen: Ein Blick auf die wirtschaftlichen Grundlagen der Online-Lieferdienste. Platz Eins: Delivery Hero. Platz Sechs: Takeaway.com. Als der Blog tech.eu Anfang August eine Rangliste der größten Finanzierungsrunden in Europa dieses Jahres veröffentlichte, waren gleich zwei Plattformen für Online-Lieferdienste vertreten. Verwendet haben beide Firmen die Investorengelder wohl für Übernahmen auf dem deutschen Markt: Takeaway.com kaufte Lieferando, Delivery Hero übernimmt, wie am gestrigen Donnerstag bekannt wurde, Pizza.de.

290 Millionen Euro soll Pizza.de gekostet haben, wie Gründerszene berichtet. Die insgesamt 173 Millionen US-Dollar aus zwei Finanzierungsrunden im Januar und April hat das Unternehmen aus Berlin dafür verwendet. Takeaway.com bekam 102 Millionen US-Dollar an Investorengeldern.

Eine solche Konsolidierung durch Aufkäufe kommt häufig auf zweiseitigen Märkten vor, auf denen die Online-Lieferdienste auch operieren. Zweiseitige Märkte bedeuten: Mit Restaurants und Kunden sind zwei verschiedene Nutzergruppen beteiligt, die sich gegenseitig beeinflussen können. Delivery Hero oder Takeaway.com tritt als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer auf und verlangt dafür von den Restaurants eine Provision.

Diese Markt-Konstellation ist allerorten anzutreffen: Bei sozialen Netzwerken, bei Betriebssystemen oder Kreditkarten. Ihnen ist gemeinsam, dass es für zwei unterschiedliche Benutzergruppen günstig ist, wenn die jeweils andere Gruppe wächst.

Indirekte Netzwerkeffekte zwischen Kunden und Restaurants

Für Kunden von Lieferdiensten erhöht sich der Nutzen, wenn möglichst viele und möglichst unterschiedliche Restaurants ihre Dienste anbieten. Für die Restaurants wiederum macht es Sinn, sich bei Lieferheld, Lieferando und Co. einzutragen, weil sie damit viel mehr hungrige Menschen erreichen können. Diese gegenseitige Beeinflussung von Kunden und Restaurants über eine bestimmte Plattform bezeichnet man als indirekte Netzwerkeffekte, die typisch für zweiseitige Märkte sind.

Immer wieder beschweren sich Restaurants über die hohen Provisionen, die sie an die Online-Vermittler zahlen müssen. In München legen sie beispielsweise den Lieferungen Flyer bei, auf denen sie darum bitten, das nächste Mal direkt zu bestellen. Lieferheld soll laut Wirtschaftswoche im September 2013 die Provision auf 14 Prozent erhöht haben, eine Steigerung von zum Teil 50 Prozent.

Hohe Provisionen als Subvention der Kunden

Diese hohen Provisionen kommen daher, weil die Restaurants die Kunden subventionieren – indem die Vermittler die Preise für die Restaurants höher setzen als für die Kunden. Das ist ein typisches Muster bei zweiseitigen Märkten: Die Preise sind für diejenige Gruppe niedriger, die die höheren indirekten Netzwerkeffekte, also den größeren Einfluss auf die andere Gruppe hat. Im Falle der Lieferdienste sind das die Besteller. Angenommen, die Online-Lieferdienste würden einen Aufschlag von den Kunden verlangen, dann kann man davon ausgehen, dass Kunden anstatt über die Online-Plattform direkt telefonisch bei den Restaurants bestellen – und die Online-Liefer-Aggregatoren würden leer ausgehen. Genauso würde es für die Restaurants keinen Sinn machen, ihre Preise bei den Lieferdiensten zu erhöhen: „Als wir neulich um ein paar Cents aufgeschlagen haben, gingen uns sofort Aufträge verloren„, sagte ein Pizzabäcker im September 2013 dem Wirtschaftsmagazin Wirtschaftswoche. Stattdessen zahlen die Pizzabäcker, Curry- und Sushi-Zubereiter mehr, die, im Vergleich zu den Kunden, die geringeren Netzwerkeffekte aufweisen.

In Deutschland nur mehr zwei große Anbieter

Zweiseitige Märkte tendieren durch die Netzwerkeffekte zu einem „Winner takes it all“-Verhalten: Eine oder einige wenige Firmen haben einen sehr großen Marktanteil. Genau das lässt sich bei deutschen Lieferdiensten beobachten. Durch die Übernahme von Pizza.de durch Delivery Hero gibt es nur mehr zwei große Anbieter: Delivery Hero mit Lieferheld und Pizza.de sowie Takeaway.com mit Lieferando.

Um die starke Marktposition auch im Ausland zu festigen, will Delivery Hero weiter expandieren. Im Moment arbeitet Delivery Hero in 23 Ländern mit 75000 Partnerrestaurants zusammen. In Zukunft, so steht in der Pressemitteilung zur Übernahme, soll weiter expandiert werden: Nach Südamerika und Asien. Dort will sich das Unternehmen aus Berlin frühzeitig Marktanteile sichern, um die Eigenschaften der zweiseitigen Märkte auszunutzen.


Image (adapted) „2769505382“ by Lisa Brewster (CC BY-SA 2.0)


studiert Volkswirtschaftslehre in Regensburg und will Journalistin werden. Sie beschäftigt sich digitalem Journalismus, insbesondere der technischen Umsetzung. Ihr Blog heißt Schafott. Auf Twitter ist sie mit @cutterkom unter einem weniger martialischen Namen unterwegs. | Kontakt


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