Künstliche Intelligenz gegen Corona

Mittlerweile ist Künstliche Intelligenz nicht mehr ganz das Schreckgespenst von einst. Dafür sorgen KI-unterstützte Prozesse in Unternehmen, aber auch Technologien wie autonomes Fahren oder Sprachassistenten. Dass künstliche Intelligenz gegen Corona ebenfalls eine große Rolle spielt, ist vielen aber noch nicht ganz bewusst. Wir erleben gerade eine medizinische Forschung, wie es sie noch nie gegeben hat – und wie sie vor wenigen Jahren noch nicht möglich gewesen wäre.

Bei Künstlicher Intelligenz geht es vor allem darum, dass ein Programm selbstständig Probleme löst. Meist handelt es sich dabei um ein spezielles Aufgabengebiet. Viele KI-Systeme verwenden dafür Maschinelles Lernen. Die KI erschließt sich selbstständig Muster und Zusammenhänge aus großen Datenmengen oder spielt Szenarien mit unterschiedlichen Herangehensweisen durch, um den effizientesten Weg zu finden. Doch wie hilft Künstliche Intelligenz gegen Corona?

Früherkennung von Epidemien

Durch Corona werden wir künftig alle etwas hellhöriger sein, wenn es um gefährliche Viren geht. Aber auch vor dem Ausbruch war die Früherkennung bereits sehr wichtig. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte erst am 9. Januar vor dem Virus, der zu dem Zeitpunkt noch vergleichsweise überschaubar in seiner Ausbreitung wirkte. Was viele nicht wissen: Der kanadische Warndienst BlueDot warnte bereits am 31. Dezember vor einer möglichen Seuche. Zu dem Zeitpunkt waren 27 Fälle bekannt.

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Hinter BlueDot steckt eine Software, die Krankheitsausbrüche nahezu in Echtzeit identifiziert. Dafür scannt die Plattform täglich mehr als 100.000 Medienquellen in mehr als 65 Sprachen. Darüber hinaus trifft sie auch Vorhersagen über die Verbreitung. Dafür analysiert sie nicht nur den Flugverkehr und die klimatischen Bedingungen, sondern auch die Kapazitäten des Gesundheitssystems und der Tier- und Insektenpopulation.

Natürlich muss auch so eine Software noch durch Experten ausgewertet und weiter verbessert werden. BlueDot hat ein Team aus 44 Personen. Zu diesem gehören Ärzte, Epidemologen, Ingenieure, Datenwissenschaftler, Veterinäre und Programmierer.  

KI-Unterstützung für Corona Impfstoff

Aktuell forschen weltweit mehr als 100 Unternehmen an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Normalerweise dauert die Entwicklung eines Impfstoffes viele Jahre. Dass es beim Coronavirus schneller geht, liegt am großen Wettbewerb und der Dringlichkeit, die Testphasen verkürzen wird. Doch auch bei der Impfstoff-Entwicklung ist Künstliche Intelligenz gegen Corona ein starker Faktor.

Zum einen hilft die Künstliche Intelligenz bei der Gensequenzierung. Darunter versteht man die Entschlüsselung des Erbguts des Virus. Um die Entwicklung der Forschung deutlich zu machen: Die erste vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms dauerte 13 Jahre. Mehr als 1.000 Wissenschaftler arbeiteten an dem riesigen Projekt, dass 3 Milliarden US-Dollar verschlang. Mittlerweile kündigte die chinesische BGI Group an, erstmals die 100 US-Dollar-Marke zu brechen. Was ehemals eine Tausendschaft an Wissenschaftlern per Hand abgleichen musste, schafft ein Programm nun im Bruchteil der Zeit. Computer werden außerdem immer leistungsstärker und das Referenzmaterial mehr.

Referenzmaterial braucht auch die Simulation von Impfstoffen. In einer Simulation können mögliche Impfstoffe auf den Virus losgelassen werden. Die Daten über die Beschaffenheit des Virus und des Impfstoffes reichen aus, um zu simulieren, wie diese miteinander reagieren. Damit können wenig aussichtsreiche Impfstoffe ausgeschlossen werden, noch bevor die eigentlichen Tests beginnen. Das Interview von Tech Well Told mit Prof. Dr. Michael Resch vom HRLS gibt da großartige Einblicke in die Prozesse der Tests.

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Quantencomputer gegen Corona?

Vor einiger Zeit haben wir bereits die Funktionsweise von Quantencomputern erklärt. Diese neue Art der Computer ist in der Lage, deutlich mehr parallele Rechenoptionen auszuführen. Quantencomputer eignen sich daher weniger für absehbare einfache Abläufe, als für Aufgaben, in denen sie viele Szenarien durchgespielt werden müssen, um auf eine Lösung zu kommen.

Die komplexe Technologie von Quantencomputern befindet sich leider noch in den Anfängen und ist damit aktuell nicht reif für den großen Einsatz im Kampf gegen Corona. Dafür nutzt man aber einige der leistungsstärksten Supercomputer der Welt. De OLCF-4 Supercomputer von IBM wurde beispielsweise genutzt, um 8.000 Arzneimittelverbindungen auf mögliche Nutzung gegen Corona zu untersuchen. In nur zwei Tagen ermittelte der Supercomputer 77 Wirkstoffe, die in der Simulation vielversprechend schienen.

Bilddiagnostik

Künstliche Intelligenz lernt mit großen Datenmengen dazu. Diese Datenmengen können auch Bilder sein. So lässt sich mit den CT-Aufnahmen der Lunge mit hoher Sicherheit erkennen, ob jemand eine Covid-19-Erkrankung hat oder nicht. Wie viele große Unternehmen forscht auch der chinesische Handelsriese Alibaba an KI und stellt diese Künstliche Intelligenz gegen Corona zur Verfügung.

Das System wurde mit 5.000 CT-Aufnahmen von bestätigten Corona-Infizierten und zusätzlich mit Bildern von gesunden und andernweitig erkrankten Menschen trainiert. Die KI lernte Auffälligkeiten der Bilder selbst zu erkennen und daraus Rückschlüsse auf eine Covid-19-Erkrankung zu schließen. Das können Merkmale sein, die einem Arzt nicht auf den ersten Blick auffallen.

Als anderes Beispiel hat Google eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die Risikoeinschätzung für Herzkrankheiten anhand eines Retina-Scans trifft. Die KI wurde mit Daten von fast 300.000 Patienten gefüttert und sollte daraus unter anderem Rückschlüsse auf Alter, Raucherstatus, Blutdruck, Geschlecht, BMI und der Möglichkeit auf einen Schlaganfall in den nächsten 5 Jahren treffen. Die Trefferquote bei letzterem lag bei 70 Prozent. Zum Vergleich: Die aktuell gültige, SCORE Methode liegt bei 72 Prozent. Die KI kann allerdings noch deutlich genauer werden.

Auswertung von CT-scans
Mit künstlicher Intelligenz werden CT-Scans schneller und zuverlässiger ausgewertet. Image by bendao via stock.adobe.com

Zusammenarbeit

Wenn jedes Team nur für sich arbeitet, muss man darauf hoffen, das ein Team alleine den großen Durchbruch erzielt. Sich mit Tausenden Teams ständig abzusprechen verlangsamt dagegen einfach die individuelle Arbeit. Allerdings kann Künstliche Intelligenz gegen Corona Berichte zusammenfassen.

Das amerikanische Allen Institute for AI hat mittlerweile mehr als 100.000 wissenschaftliche Artikel aus der ganzen Welt in einer Datenbank zusammengetragen. Mit weiteren Programmen lassen sich aus diesen Artikeln gezielt Informationen sammeln, für die man nicht die ganze Datenbank selbst durcharbeiten muss. Somit profitieren alle auch von der Arbeit der anderen. Das einzelne Team kann damit deutlich effektiver arbeiten.

Künstliche Intelligenz sinnvoll eingesetzt

Der Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. Auf der anderen Seite macht er uns deutlich, wo wir besonders von modernen Technologien profitieren. So findet Künstliche Intelligenz gegen Corona sehr vielfältige Anwendung. Trotzdem ist mit der Weiterentwicklung der Quantencomputer noch sehr viel Luft nach oben.

Ohne Künstliche Intelligenz wäre die Lage vermutlich schlechter. Der Virus wäre womöglich später erkannt, seine Verbreitung noch schwerer einzuschätzen und die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten weniger weit fortgeschritten. Überhaupt wären die weltweiten Forschungsbemühungen weniger miteinander verzahnt und die gemeinsame Aufgabe ungleich schwerer.

Auch abseits der KI hilft uns die Technologie durch die Zeit. Per Smartphone App können wir helfen, wichtige Daten zur Erkennung von Infektionsketten zu sammeln. Nicht nur Netflix und Co unterhalten uns, sondern auch zahlreiche Konzerte, die mittlerweile gestreamt werden. Auch Home Office wäre in diesem Maßstab vor einigen Jahren kaum möglich gewesen. Wie rasant Corona die Digitalisierung unserer Schulen vorantreibt, haben wir kürzlich in einem eigenen Artikel beschrieben. Vielleicht ist es besser nicht zu wissen, was Corona vor 10 Jahren angerichtet hätte.


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Das Internet ist sein Zuhause, die Gaming-Welt sein Wohnzimmer. Der Multifunktions-Nerd machte eine Ausbildung zum Programmierer, schreibt nun aber lieber Artikel als Code.


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