Kubus muss weiter: Ein eBay-Objekt verkauft sich selbst

Kubus

„A Tool to Deceive and Slaughter“ heißt der schwarze Würfel, den Caleb Larsen gerade für über sechstausend Dollar über eBay verkauft hat. Dabei hat der schwarze Acryl-Kubus nur eine Funktion: Sich selbst wieder über eBay zu versteigern, sobald ihn der Besitzer ans Netz angeschlossen hat. Letzte Woche stellte Wired Larsens Aktion vor. Jetzt ist der Würfel verkauft und auf dem Weg zum Höchstbietenden. Larsens absurde Kunstauktion experimentiert mit Verlangen, Besitz und Marktwert – und mit sich selbst.

 
Caleb Larsen, 1979 in Michigan geboren, lebt in Mexiko. Die Materialien für seinen 2008 entworfenen Würfel beschreibt er so:

Perpetual online auction, internet connection, custom programming and hardware, acrylic cube.

Das Ergebnis ist eine Skulptur, die sich alle zehn Minuten ins Internet einwählt und prüft, ob es auf eBay zum Verkauf steht. Wenn das nicht der Fall ist, stellt sich der Würfel automatisch neu zur Auktion ein. Sobald er ersteigert wurde, muss ihn der alte Besitzer an den Höchstbietenden der Auktion schicken, so lautet die Kaufbedingung. Der schließt ihn wieder ans Netz, und alles geht von vorn los.

 
Die Höhe des neuen Preises darf der Durchgangseigentümer mitbestimmen, muss aber eBay-Gebühren einkalkulieren und 15 Prozent der Preisdifferenz an den Künstler weiterzureichen. Und so soll der Würfel von Auktion zu Auktion und Ort zu Ort wandern. Sein aktueller Wert und Status sind jederzeit abrufbar unter atooltodeceiveandslaughter.caleblarsen.com.

 
„Diese Skulptur existiert im ewigen Flux der Transaktion“, erklärt Larsen auf seiner Website. Als Inspiration nennt er Robert Morris‘ Box With the Sound of Its Own Making und Baudrillards Schriften über die Kunstauktion.

 
Es scheint, als sei das Spiel, das Larsen mit den Bietern, mit dem Kunstmarkt, mit dem Markt überhaupt treibt, abzusehen. Wired adelt die Aktion, übers Netz und Medien verbreitet sich die Nachricht, „wie cool!“ denken die Leute. Und einige werden verrückt genug sein, den Würfel zu ersteigern. Aus Eitelkeit, um ihn auch mal zu Hause zu haben und den Freunden zu zeigen. Um mit dem Hype Geld zu verdienen. Oder weil sie die absurde Schönheit der Aktion so freut, dass sie Teil davon werden möchten. Die Käufer werden die Bedingungen, die Larsen gestellt hat, akzeptieren, und den Würfel brav ans Netz anschließen, nachdem sie ihn ausgepackt haben. Irgendwann will der Würfel weiter ziehen, und das geht so weiter bis die Blase platzt und der Preis nicht mehr steigt, sondern einbricht.

 
Reuters-Journalist Felix Salmon deutet Larsens Box als ins absurde übersteigerte Kommerzialität:

Many artists have tried to remove their art from the commercial aspects of the art world — by making it free, for instance, or by putting on performances, or creating public installations. This one does it by making an artwork which is so commercial that it can’t be collected. You could buy the piece today, and it might be worth $100,000 in a few years’ time. But you wouldn’t own it in a few years time, and you would have personally gained only a tiny fraction of the increase in the piece’s value, if anything at all.

Aber ist das alles, was Larsens Konzept ausmacht? Und könnte die Vorhersehbarkeit nicht doch schon früher enden, egal, ob der Künstler das vorhergesehen hat, oder nicht? Einmal in die Welt gesetzt, hat ein Kunstwerk sein eigenes Leben. Der Würfel könnte vom Weg, den der Künstler offiziell für ihn vorgesehen hat, abkommen. Damit der Würfel ewig wandert, ist trotz der eingebauten Automatik immer noch die Loyalität der Käufer notwendig. Der Weg des schwarzen Würfels ist selbst eine Black Box, weil das, was er bei Künstler und Käufer auslöst, offen ist.

 
Und dann ist da noch etwas: Obwohl dies nicht die erste Auktion war, dürfte das „unsammelbare Kunstwerk“ erst ein einziges Mal wirklich verkauft worden sein, glaubt Felix Salmon. Und dabei könnte es möglicherweise bleiben, wie bei anderen Kunstwerken auch. Sollte er vorzeitig sesshaft werden, war die Geschichte vom wandernden Würfel am Ende selbst eine Täuschung.

 
Bildnachweis: de.engadget.com (Caleb Larsen)

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5 comments

  1. Ist es denn Bedingung, daß der neue Besitzer einen höheren Preis erzielen muss als der, für den er ihn erworben hat? Wenn der Kubus für einen niedrigeren Preis verkauft wird, zahlt dann der Künstler 15% der Preisdifferenz?

  2. Ist das eine rhetorische Frage?
    Gib’s zu: Du willst Anja foppen!
    ;-)
    Das ist ein Ami, ich denke mal dass er davon ausgeht, dass es exorbitante Steigerungen sind, die er mit seiner Socia Media Kampagne per ebay und solchen Leuten wie uns hier erwartet…

  3. Pingback: Anonymous

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