Interview: Politik und Online-Beteiligung (GRÜNE)

Konstantin von Notz von den Grünen stand auf der Social Media Week in Berlin für dieses Video den Netzpiloten Frage und Antwort zum Thema Online-Partizipation und geeigneten Themen für diese Form digitaler Teilhabe…

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Transkription/Konstantin von Notz:

Wie funktioniert Online-Partizipation?

Grundsätzlich muss man sagen, hat sich in den letzten Jahren viel Gutes entwickelt. Es gibt natürlich noch viele Fragezeichen und auch Schwierigkeiten bei der konkreten Umsetzung, aber parteiintern und auch parteiöffentlich, also in der Diskussion nach außen mit den Menschen, hat das Internet vor allem erst einmal großartige Möglichkeiten der Öffnung zur Partizipation.

Wie groß ist das Interesse an Beteiligung?

Grundsätzlich würde ich schon sagen, dass die Leute im Grunde ein sehr hohes Interesse an Politik haben. Sie wollen sich halt nicht mit jedem Pille Palle auseinandersetzen und dazu hat man auch in einer repräsentativen Demokratie das Recht, das man eben nicht 25 Anträge zu jeder Stadtvertretungssitzung lesen muss. Dafür überträgt man ja das Mandat an einen repräsentativen politischen Menschen, der das dann für eine bestimmte Zeit wahrnehmen soll. Aber ich finde bezüglich einzelner Fragestellungen, die von großem Interesse sind und für die sich eine relevante Anzahl von Menschen interessiert sollte man die Partizipation weiter öffnen. Ich finde sowieso das Parteien auch gut daran tuen sich gegenüber Fachleuten und Interessierten für Input zu öffnen, ohne dass das zwingend jetzt Parteimitglieder sein müssen.

Welche Themen eignen sich besonders?

Ich würde sagen grundsätzlich Themen die strittig sind und bei denen es eine gesellschaftliche Diskussion gibt. Die erzielen eine Aufmerksamkeit, die dann dazu führt dass eine relevante Mengen von Menschen sich beteiligt. Aber natürlich auch Dinge die grundsätzlich für sehr viele Menschen relevant sind. Also Themen, die eine ganz besondere Entscheidungsbreite haben und die dann für viele Menschen relevant sind, sind meiner Ansicht nach Themen bei denen man Partizipationsinstrumente verstärkt nutzen sollte und ich finde man muss auch heute nicht fertige Antworten darauf geben wie es nun in zwei Jahren perfekt aussehen soll, sondern es ist ein dynamischer Prozess und Partizipation entwickelt sich auch. Wenn man sich anguckt, wie es sich die letzten fünf Jahre entwickelt hat und welche Möglichkeiten das Internet auch einfach eröffnet hat für Partizipation, mit denen man vor ein paar Jahren noch gar nicht gerechnet hat, dann würde ich erst einmal ganz positiv sagen, wir müssen jetzt eben Dinge ausprobieren. Das Gute behalten und das Schlechte aussortieren und die Dinge weiterentwickeln und dann muss man gucken wie weit man dann gehen kann.

Beispiele für gelungene Partizipation?

Also wir haben jetzt in der Grünen Bundestagsfraktion einen Gesetzesentwurf online diskutiert. Einfach mit interessierten Leuten, die Lust darauf hatten. Wir haben es durch Presseerklärungen öffentlich gemacht, dass wir unseren Gesetzesentwurf zum Arbeitnehmerdatenschutz, immerhin ein Gesetz mit hundert Seiten, ein Gesetzesentwurf mit hundert Seiten, dass wir den online diskutieren. Das haben sich viele huderte von Leuten angeguckt und deutlich über hundert Leute haben sehr qualifizierte Beiträge geleistet. Das klingt jetzt erstmal nicht viel, aber wenn man sich anguckt wie breit die Beteiligung von Gewerkschaften über Universitätsprofessoren hin zu einfach zu betroffen Arbeitnehmer die einen bestimmten Erfahrungshintergrund hatten, hatten wir eigentlich einen ganz positiven Prozess, der gut funktioniert hat und der unseren Gesetzesentwurf auch deutlich verbessert hat.

Was hat sich qualitativ verändert?

Grundsätzlich muss man sagen, dass unser Parteiensystem ja auch partizipativ denkt. Wer Lust hat sich politisch zu engagieren, dem steht ja Gott sei dank in Deutschland auch offen in eine Partei zu gehen oder eine Partei zu gründen. Das ist ja erst einmal zur politischen Partizipation ein ganz wichtiger Baustein. Natürlich hat man durch Petitionen, Bürgerinitiativen und vielen anderen Dinge, die wir Grünen nun seit vielen Jahrzehnten intensiv nutzen, auch Möglichkeiten der Partizipation und der Einflussnahme auf Politik. Wenn man sich viele Sachen anguckt, die wir auf der politischen Agenda hatten, von der Gleichberechtigung von Homosexuellen bis hin zum Atomausstieg, um einmal die ganz breite Klammer zu machen, hat es ja in vielen Themen letztlich durchgetragen, dieser Ansatz. Wir als Grüne Partei gerade in der Kommunalpolitik ermöglichen eben durchaus die Mitwirkung von Leuten auch in den Fraktionen, die explizit nicht Mitglied unserer Partei sind. Insofern versuchen wir politische Partizipation schon sehr lange zu praktizieren.

Was sind die Schattenseite von Partizipation?

Wir habe vorhin ja darüber gesprochen, dass bezüglich Online-Partizipation und der Partizipation durch das Netz schon auch die Einflussnahme von Lobbygruppen ermöglicht wird, und dass sage ich mal im Guten wie im Schlechten. Es ist nicht schlecht, wenn zu einem Arbeitnehmerdatenschutzgesetz auch Gewerkschaften einen Beitrag leisten und da Einfluss nehmen, aber sie vertreten natürlich ein bestimmtes Klientel und nehmen da sehr bewusst Einfluss auf einen Diskussionsprozess. Problematisch wird es, wenn in Internetforen die Pharmalobby ganz bewusst Menschen einsetzt, die dann bestimmte Medikamente empfehlen und eben versuchen eine bestimmte Produktlinie durchzudrücken. Das passiert. Das ist sicherlich ein Problem mit dem wir umgehen müssen und eine Kehrseite für die man irgendwie eine Lösung finden muss.

hat Publizistik und Soziologie studiert und lebt als freier Journalist in Berlin.


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