„Das Echo-Prinzip: Wie Onlinekommunikation die Politik verändert“

Alle wollen Wahlkampf machen wie Obama. Und keiner schafft es. In seinem Buch „Das Echo-Prinzip: Wie Onlinekommunikation die Politik verändert“ beschreibt der Digital-Experte Yussi Pick anhand von Beispielen aus den USA und Europa, wie das Internet unser Medienverhalten verändert, und wie man es nutzen kann, um den öffentlichen Diskurs erfolgreich zu beeinflussen.

Der österreichische Kommunikations- und Kampagnenberater Yussi Pick bietet dem Leser einen praxisorientierten Werkzeugkasten, der Vertretern der politischen Kommunikation detailreich erläutert, wie sie Online-Tools effektiv für ihre Arbeit nutzen können – auch ohne einen deutschen Obama. Wer jetzt denkt, das Buch sei sicher in einem halben Jahr veraltet, hat Recht. Aus diesem Grund aktualisiert und ergänzt der Autor regelmäßig Kapitel seines Buches in einem begleitenden Blog.

Die Mehrzahl der Bücher mit digitalem Fokus beschreibt das Internet als eine Art Naturgewalt, die alles verändern oder gar auslöschen wird – vor allem Printmedien seien vom Aussterben bedroht. Yussi Pick stellt gleich zu Beginn seines Buches die erfrischende These auf, dass dem nicht so ist. Das Internet bedeutet nicht das Todesurteil für die traditionellen Medien, vielmehr existieren beide nebeneinander und sind voneinander abhängig. „Das Echoprinzip“, wie Pick es nennt, funktioniert, indem die Inhalte der traditionellen Medien ihren Widerhall in den Sozialen Medien finden und umgekehrt. Botschaften werden durch dieses Prinzip verstärkt und multipliziert. Soziale Medien sind „ergänzende, nicht ersetzende Medien“, so Yussi Pick. Die Mehrheit der per Twitter verbreiteten Links führt zum Beispiel immer noch zu Artikeln, die in traditionellen Medien veröffentlicht wurden.

Und doch haben sich, laut Yussi Pick, viele politische Kommunikatoren das Prinzip noch nicht zu eigen gemacht. Soziale Medien werden wie traditionelle Medien behandelt und mit textlastigen Pressemitteilungen gefüttert. Die Nachricht verbreitet sich nicht, denn der Nutzer fühlt sich nicht angesprochen. Dabei ermöglicht Onlinekommunikation es Organisationen, direkt mit Menschen in Kontakt zu treten, sie erfordert Interaktion und nicht Information durch eine zentrale Nachrichtenquelle. Was also muss man tun, um im Internet gehört bzw. gelesen zu werden?

Das Buch setzt sich wie eine Gebrauchsanweisung für politische Kommunikatoren fort. Zuerst werden Grundsätze erläutert, die für alle Sozialen Medien gelten. Dabei finden sich viele praktische Ratschläge, von der Bedeutung der User-Aktivierung (ASK) bis hin zu detaillierten Anweisungen für einen Online-Content-Plan samt Spalteneinteilung. Aber auch die Grenzen des Internets als Kommunikationsmittel, beispielsweise durch die Filterblase, die digitale Spaltung oder den Klick-Aktivismus, werden von Pick aufgeführt.

Im dritten Teil wird auf die Besonderheiten und den potentiellen politischen Nutzen verschiedener Plattformen eingegangen. Dazu gehören neben den großen sozialen Netwerken wie Facebook und Twitter auch Blogs, Bilder, Meme und Videos. Auch weniger naheliegende Kanäle wie E-Mail oder Websites, Google oder Facebook-Werbung, werden als potentielle Instrumente für politische Online-Kommunikation vorgestellt.

Gleichgültig, welchen der Tipps man für seine Arbeit anwenden kann oder sollte, nach Einschätzung von Pick erfordert es ein allgemeines Umdenken der Kommunikatoren. Online-Kommunikation unterscheidet sich von traditioneller Kommunikation, und jeder Versuch, „die politische Taktik der letzten 50 Jahre schlicht in die digitale Welt zu übersetzen“, wird scheitern, meint der Autor. Menschen wollen involviert und persönlich angesprochen werden.

Im Weg steht den Kommunikatoren oft die eigene Betriebsblindheit oder eine falsche Einschätzung der Verhältnisse. Ärgerlich, wenn das teure Video im Internet verwaist oder, im schlimmsten Fall, sich die Öffentlichkeit darüber lustig macht, dass man den digitalen Wandel noch nicht verinnerlicht hat. Dass Online-Kommunikation wirklich erfolgreich ist, weiß man dann, wenn sie auch offline Wirkung erzielt und Menschen mobilisiert werden. Dafür muss man seine Zielgruppe gut kennen, ihr zuhören und sich nicht scheuen, sie um Aktion zu bitten. Trotz aller guten Ratschläge ermutigt Pick jedoch letztlich zu Spontanität und der Bereitschaft, aus den eigenen Fehlern zu lernen: „Just do it. Das ist nicht als Aufforderung zu verstehen, an die Onlinekommunikation völlig unüberlegt heranzugehen. Es ist vielmehr der Appell, der politischen Kommunikation im Netz unverkrampft zu begegnen“.


Pick, Yussi (2013): Das Echo-Prinzip – Wie Onlinekommunikation Politik verändert; Czernin Verlag; 168 Seiten; ISBN: 978-3-7076-0471-9; 16,90 €; 9,99 € als E-Book


Dieser Beitrag erschien zuerst auf Politik-Digital.de und steht unter CC BY-SA 3.0


Image (adapted) „Reading a Book“ by CollegeDegrees360 (CC BY-SA 2.0)

ist freie Journalistin und Volontärin an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin. Ihre veröffentlichten Texte gibt es auf ihrer Website christinazurnedden.com. Auf Twitter ist sie unter @czurnedden zu finden. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , ,

2 comments

  1. Können Politiker lügen?

    Eine so genannte politische Meinung beruht immer auf mangelndem Wissen hat mit „wahr“ oder „unwahr“ nichts zu tun. Der Wert (wenn man das so nennen darf) jeder politischen Meinung bemisst sich allein nach dem jeweiligen „Bauernfänger-Potential“, d. h. der Anzahl der Untertanen, die über einen vergleichbaren Wissensmangel verfügen, um die politische Meinung zu einer mehr oder weniger öffentlichen Meinung zu machen und damit dem Vertreter der politischen Meinung eine „gesellschaftliche Position“ bzw. Machtposition zu verschaffen. Sonst nichts. Ob dabei bewusst oder unbewusst gelogen wird, oder ob die politische Meinung nach wissenschaftlichen Kriterien irgendeinen Sinn ergibt, spielt keine Rolle. Es geht allein darum, eine primitive Hackordnung in einer noch unbewussten bzw. noch immer religiösen Gesellschaft festzulegen, die Machtstrukturen benötigt, um ein Überleben in einer noch fehlerhaften Makroökonomie zu ermöglichen.

    Die „hohe Politik“ (Machtausübung) wird überflüssig, sobald die Religion (Machterhalt) erklärt und daraufhin allgemein wegerklärt ist. Das dauert eine gewisse Zeit, weil die Religion über Jahrtausende dafür gesorgt hat, dass es die größte Sorge des Untertanen ist, ein Untertan zu bleiben. Die größte Furcht des Untertanen – das gilt für „Spitzenpolitiker“ ebenso wie für „Normalbürger“ – ist der „Verlust“ der Religion, der ihn zwingt, mit dem selbständigen Denken anzufangen (Erkenntnisprozess der Auferstehung):

    http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/09/von-den-drei-verwandlungen.html

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert