Lippenstift-Schweine: Der Clip-Fight im US-Wahlkampf

Nach den Nominierungsparteitagen geht der US-Wahlkampf in seine letzte Runde: Die Kandidatenfragen sind endgültig geklärt, Obama-Biden und McCain-Palin bringen sich in Position. Im Online-Wahkampf spielen neben den sozialen Netzwerken vor allem Videos die zentrale Rolle. Und auf diesem Spielfeld schienen Obama und sein Team lange unschlagbar.

Jetzt aber fragt sich Silicon Valley Insider Michael Learmonth, ob Obamas Video-Strategie überarbeitet werden muss. Während das Team der Demokraten aufwendig unzählige Clips (1250 bei YouTube) im Doku-Stil extra fürs Netz produziert, stellen McCains Leute einfach die gewöhnlichen TV-Spots online – und haben Erfolg damit. In der letzten August-Woche wurden McCains Clips fast genauso oft gesehen wie Obama, obwohl der Nominierungspartei der Demokraten in diesem Zeitraum fiel und Obama 60, McCain nur 9 Videos veröffentlichte.

Clip-Debatte um „Change“

Aktuell wird die Video-Front vor allem durch die Debatte bestimmt, wer das verheißungsvolle Wort „Change“ für sich beanspruchen kann. Als republikanische Außenseiter, die – wie Obama – frischen Wind nach Washington bringen wollen, positionieren sich McCain-Palin nun mit dem Spot „Original Mavericks“.

Das Obama-Team setzt dagegen und erreicht mit dem „No Maverick“-Clip deutlich mehr YouTube-Nutzer.

Ohnehin scheint Obamas Team das Video-Spiel wieder zu wenden. Diese Woche wurden Obamas offizielle Videos mehr 1.2 Mio. mal angesehen, McCains gut 800.000 mal. Obamas Channel verfolgen 81.000 Nutzer im Abo, McCains hingegen 53.000. Die meisten Views erzielt momentan aber ein Video, das von keinem der beiden Lager eingestellt wurde: Obama sagte in einer Rede, was McCain wolle, sein kein Wandel, sondern Etikettenschwindel. Man könne auch ein Schwein mit Lippenstift verzieren, es bleibe ein Schwein. „That’s not change“.

Ob das nun eine Beleidigung Sarah Palins sei (gewollt oder nicht), wird nun auf YouTube, in der Blogosphäre und den Massenmedien disktutiert. Star-Komiker Jon Stewart meint in seiner Daily Show ohnehin: „We should not even be talking about Sarah Palin because it’s sexist.“ Und erreicht damit weit mehr Online-Nutzer als die Kandidaten: 3 Mio. Nutzer haben diesen Ausschnitt bereits auf der Website der Show gesehen.

ist Kommunikationswissenschaftler, forscht und lehrt am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der FU Berlin. Er beschäftigt sich mit Online-Öffentlichkeiten, Medienpolitik und sozialem Wandel. Privat bloggt er unter katzenbach.info.


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