Von Kartoffelsalat und Servern

In seiner Kolumne beschäftigt sich Nico Lumma mit dem Medienwandel und Kompetenzen die damit einhergehen. Nicht nur im Beruf, sondern auch in der Schule und Familie. Diesmal geht es um Crowdfunding. // von Nico Lumma

 Nico LummaDerzeit sammelt Zack Danger Brown auf Kickstarter Geld ein, um Kartoffelsalat zu machen. Unterstützer können bereits ab 1$ bei dieser Kickstarter Kampagne dabei sein und als Belohnung für ihren Einsatz wird nicht nur ihr Name auf der Website genannt werden, sondern auch laut bei der Herstellung des Kartoffelsalats aufgesagt. Mittlerweile haben mehr als 4600 Leute ihre Unterstützung gezeigt und somit wurde bislang mehr als $57.000 für Kartoffelsalat eingesammelt. Wohlgemerkt nicht für Kartoffelsalat, der danach verpackt und verschickt wird, sondern der einfach nur angemacht wird. Eine Spaßaktion. Aber eine Spaßaktion, die deutlich macht, wie sehr im Mainstream eine Plattform wie Kickstarter mittlerweile angekommen ist und es ermöglicht, dass derartiger Blödsinn funktioniert. Das erinnert sehr an die Phase, als eBay nicht mehr neu war und plötzlich Spaß-Auktionen stattfanden.

Im Juni bereits hat die Hamburger Firma Protonet einen Crowdfunding-Rekord gebrochen und innerhalb von 10 Stunden die gewünschten 1,5 mio € eingesammelt, um das neue Produkt Maya bauen zu können.

Beide Aktionen sind bemerkenswert, denn sie zeigen, wie bekannt Crowdfunding mittlerweile ist, nicht nur in den USA, sondern auch hier in Deutschland. Crowdfunding klingt ja auch erstmal ganz nett, allerdings ist das dahinter liegende Konzept nichts weniger als ein totaler Paradigmenwechsel in der Produktentwicklung. Es wird nicht mehr im stillen Kämmerlein ein Produkt erdacht und produziert, dass dann der staunenden Konsumentschar vorgestellt wird, sondern die Konsumenten werden frühzeitig miteinbezogen und stimmen durch einen gezielten Griff ins Portemonnaie darüber ab, ob das Produkt das Licht der Welt erblicken soll. Mit diesem Verfahren steigen natürlich die Erfolgsaussichten von Produkten am Markt, denn es erfolgt eine sehr frühe Validierung der Idee. Gleichzeitig wird eine Offenheit erwartet, zu der nicht alle Unternehmen bereit sind. Während erfolgreiche Crowdfunding-Kampagnen Unternehmen einen ordentlichen Push in ihrer Entwicklung geben können, kann die Erfolglosigkeit beim Einsammeln von Geldern bei den Konsumenten zwar Unternehmen davor schützen, zu viel Geld in Produkte mit wenig Marktakzeptanz zu investieren, gleichzeitig werden aber auch die Schwächen des Unternehmens offengelegt.

Wir werden immer mehr Crowdfunding-Kampagnen sehen, aber es bleibt abzuwarten, ob Komplexitätsgrad und Spezialisierung weiter fortschreiten können, oder ob die Fokussierung weiterhin auf leicht verständlichen und eher günstigen Produkten bleibt, wie z.B. Portemonnaies, die auf Kickstarter eine gewisse Präsenz haben. Es muss ja nicht immer Kartoffelsalat sein, aber es fällt schwer, sich vorzustellen, dass VW die Entwicklung eines Fahrzeugs über Crowdfunding anschieben lässt.

arbeitet als COO des next media accelerator (http://nma.vc) in Hamburg. Er bloggt auf lumma.de und ist seit 1995 eigentlich nicht mehr offline gewesen. Er ist Mitglied der Medien- und netzpolitischen Kommission des SPD Parteivorstandes und Co-Vorsitzender des Vereins D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt. Unter @Nico findet man ihn auf Twitter. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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