US-Regierung fragt Daten Trump-kritischer Facebook-Accounts ab

Wie sich nun herausstellte, forderte die aktuelle US-Regierung zahlreiche Daten über Menschen an, die mit einer Trump-kritischen Facebook-Seite interagiert haben. Dieses Vorgehen ist ein weiteres besorgniserregendes Beispiel dafür, wie auch in Demokratien Überwachungstechnologie zur Identifizierung missliebiger politischer Meinungen eingesetzt wird. Bürgerrechts-Aktivistinnen und -Aktivisten protestieren nun energisch gegen das Vorhaben der US-Behörden. Sie halten es für äußerst undemokratisch und verfassungswidrig.

Geheimer Durchsuchungsbefehl

Dass die US-Behörden mit Hilfe von Durchsuchungsbefehlen Informationen über Nutzerinnen und Nutzer von Websites und Online-Diensten anfordern können, ist schon seit Jahren bekannt, ebenso die Tatsache, dass sie von diesem Recht gern und häufig Gebrauch machen. Das zeigen schon die Transparenzberichte der Plattform-Betreiber. Hinzu kommt, dass derartige behördliche Eingriffe häufig der Geheimhaltung unterliegen – die betroffenen Provider dürfen weder den Betroffenen noch der Öffentlichkeit mitteilen, dass ein Zugriff der Behörden stattgefunden hat.

Eine solche Anfrage traf nun auch die Betreiber des sozialen Netzwerks Facebook. Die US-Behörden forderten umfangreiche Informationen über drei auf Facebook registrierte Personen sowie die Nutzergemeinde einer Facebook-Seite an. Den Konten und der Seite war gemeinsam, dass dort Äußerungen getätigt wurden, die sich sehr kritisch mit US-Präsident Donald Trump befassen, und Demonstrationen gegen Trump und seine Regierung organisiert werden.

Die US-Regierung forderte praktisch alle von Facebook archivierten nicht-öffentlichen Informationen über die drei Benutzerkonten für den Zeitraum von November 2016 bis Februar 2017 an. Sogar bereits gelöschte Daten sollte Facebook herausgeben. Abgefragt wurden Passwörter samt Sicherheitsfragen und -antworten, hinterlegte Kreditkartendaten, Adressen, genutzte Apps und deren Daten, Fotos, Videos, gepostete Links, Chats und Videoverbindungen. Außerdem wurden Messenger-Mitteilungen untersucht und alle durchgeführten Suchen gescannt. Es wurden Freundeslisten in Augenschein genommen, es wurde untersucht, welche anderen User blockiert wurden oder eine Freundesanfrage abgelehnt haben. Schließlich wurden Postings und weitere Daten der drei betroffenen Nutzerinnen und Nutzer untersucht. Bei der fraglichen Facebook-Seite, der Seite „disruptJ20“, wurde abgefragt, welche Facebook-Nutzerinnen und Nutzer im betreffenden Zeitraum mit der Seite interagiert hatten. Dies wurde geprüft, indem sie etwa die Seite abonnierten, „Likes“ oder andere Reaktionen hinterließen, Kommentare posteten oder Postings der Seite mit ihren Freunden teilten. Insgesamt dürften mehrere tausend Menschen von dieser Suche erfasst worden sein.

Ursprünglich unterlag diese Anfrage, wie viele andere, der Geheimhaltung. Facebook setzte sich gegen diese Verpflichtung zur Geheimhaltung jedoch zur Wehr – und das letztendlich erfolgreich. Die Plattform-Verantwortlichen durften die betroffenen Nutzerinnen und Nutzer informieren. Diese wandten sich daraufhin an die US-Bürgerrechtsorganisation „American Civil Liberties Union“ (ACLU), die ihre Unterstützung zusagte.

Kritisch – aber nicht verdächtig

Die US-Regierung begründet die Anfrage mit Ermittlungen wegen Ausschreitungen bei Anti-Trump-Protesten am 20. Januar. Damals war es am Rande friedlicher Proteste zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei gekommen. Hunderte Demonstrantinnen und Demonstranten sind wegen der Auseinandersetzungen angeklagt und müssen sich vor Strafgerichten verantworten.

Die drei von der Facebook-Datenabfrage betroffenen Personen gehören indes nicht zu den Angeklagten. Sie waren lediglich an der Organisation der friedlichen Proteste und der Mobilisierung für diese beteiligt.

Gegen die Meinungsfreiheit

Die ACLU hält das Vorgehen der US-Regierung für verfassungswidrig. Unter anderem fürchtet sie, dass durch derartig einschüchternde Vorgehensweisen der Behörden andere Menschen in den USA an der Ausübung ihrer im ersten Zusatzartikel der Verfassung garantierten Meinungsfreiheit eingeschränkt werden.

Diese Befürchtung ist keineswegs unbegründet. Die „Chilling Effects“ einer massiven Überwachung, ihre lähmende und einschüchternde Wirkung und dadurch bedingte Einschränkung der Meinungs-und Pressefreiheit, sind mittlerweile gut dokumentiert.

Die betroffenen Nutzerinnen und Nutzer sind vollkommen unschuldig und keiner Straftat verdächtig – sie haben lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedlichen Protest wahrgenommen. Dafür traf sie die volle Härte der US-Überwachungsgesetze. Ein solches Vorgehen ist einer Demokratie vollkommen unwürdig. Es bleibt zu hoffen, dass die Proteste der Betroffenen und der ACLU Erfolg haben. Anderenfalls wird sich die schrittweise Einschränkung der Bürgerrechte und des offenen politischen Diskurses in den USA weiter fortsetzen.


Image (adapted) „Facebook“ by Simon [CC0 Public Domain]


schreibt regelmäßig über Netzpolitik und Netzaktivismus. Sie interessiert sich nicht nur für die Technik als solche, sondern vor allem dafür, wie diese genutzt wird und wie sie sich auf die Gesellschaft auswirkt.


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