Warum viele Tiere nicht in der Stadt leben können

Eine Sendung im BBC zeigte vor wenigen Tagen die genialen Strategien auf, die sich einige Tiere zu Eigen machen, um in urbaner Umgebung leben zu können. Wenngleich beeindruckend, sind diese Spezies in der Minderheit. Während die Anzahl der Menschen in den Städten auf der ganzen Welt beständig steigt, sollten wir unsere Aufmerksamkeit eigentlich auf die Tiere richten, die zu einem Leben in der Stadt nicht in der Lage sind.

Die Urbanisierung stellt die extremste Form des Habitatverlustes für die meisten Pflanzen und Tiere dar. Wenn Gemeinden und Städte wachsen, leben Menschen in höherer Dichte zusammen und das natürliche Habitat wird durch harte, undurchlässige Strukturen wie Straßen und Bauwerke ersetzt. Die schädliche Verschmutzung steigt an, genauso wie der Lärm der Industrie und des Verkehrs, gleichfalls der Umfang der künstlichen Beleuchtung und die Zahl der eingebrachten Räuber, wie beispielsweise Katzen.

Wenn die verbleibenden Nischen natürlichen oder halb-natürlichen Habitate (wie Überbleibsel natürlicher Habitate oder von Menschenhand geschaffene Parks) immer isolierter werden, werden in der Stadt lebende Tiere von den Möglichkeiten der Nahrungssuche, ihren Ruheplätzen oder Artgenossen abgeschnitten oder riskieren den Tod, wenn sie es dennoch versuchen. Zusammengefasst machen diese Veränderungen Städte zu Orten, in denen das Leben für viele Lebewesen unmöglich ist.

Leben im urbanen Dschungel

Typischerweise finden wir eine verminderte Varianz von Pflanzen und Tieren in stärker bebauten Gebieten – und das gilt für alle Gruppen der Tierwelt. In einer weltweiten Studie schätzten Forscher, dass sich in Städten nur acht Prozent der Vogelarten und 25 Prozent der Pflanzenarten aufhalten, die in diesem Gebiet vor der Urbanisierung gelebt hätten. Sobald der Lebensraum eines Wirbeltieres urbaner wird, ist es gleichzeitig stärker vom Aussterben bedroht. Tatsächlich wird geschätzt, dass die urbane Entwicklung dafür verantwortlich ist, dass 420 Wirbeltierarten heute auf der Liste der bedrohten Arten stehen.

Es sind die opportunistischen Allround-Spezies wie Füchse und Ratten – und, wie wir in der Sendung sehen konnten, auch einige Affen – die sich an eine breite Varianz von Umwelteinflüssen anpassen können. Im Kontrast dazu haben Arten, die große Areale für eine ausreichende Nahrungsversorgung benötigen, spezialisierte Lebensräume oder besondere Anforderungen an ihre Ernährung. Die Tierarten mit einem sehr engen geografischen Spektrum schlagen sich inmitten der urbanen Entwicklung eher schlecht.

Im Jahr 2011 veröffentlichte das Zentrum für Biologische Diversität eine Liste mit zehn Spezies aus den USA, denen die Ausrottung als Folge des menschlichen Bevölkerungswachstums droht. Viele von ihnen wurden direkt durch die urbane Entwicklung beeinflusst, unter anderem der Floridapanther, der Mississippi-Gopherfrosch oder der Langes Metalmark-Schmetterling. Es existieren nur noch 150 Exemplare dieses Schmetterlings auf der Welt, der in einer kleinen, küstennahen Zuflucht in Kalifornien lebt. Zufälligerweise ist das auch noch die letzte Heimat einiger Wildblumen, wie der Antiochiendünen-Nachtkerze und des Contra Costa-Mauerblümchen.

Fledermäuse leiden ebenfalls an der Urbanisierung. Teilweise ist der Grund hierfür, dass viele Arten auf Wälder als Futter- und Schlafplätze angewiesen sind. Dennoch können selbst Fledermäuse, die wir oft in Städten sehen, oft schwer mit dem Leben in bebauten Gebieten umgehen.

Beispielsweise kann man die in Europa weit verbreitete Gemeine Zwergfledermaus oft in Gebäuden schlafend oder in Stadtparks umherfliegen sehen. Studien der University of Stirling, die ehrenamtliches Vogelmonitoring als Teil des Bat Conservation Trust’s National Bat Monitoring Programme nutzt, zeigen aber, dass diese Fledermausart weit weniger in dicht besiedelten Gebieten registriert wurde als in schwächer besiedelten.

Grünere Städte schaffen

Ungefähr die Hälfte der weltweiten Bevölkerung lebt aktuell in urbanen Gegenden, die rund drei Prozent der Erdoberfläche bedeckt. Beide Werte wachsen rasant. Gleichzeitig breiten sich Städte am schnellsten in einige der biologisch vielfältigsten Areale der Welt aus, unter anderem in Teilen Afrikas oder Asiens, was noch weitere Spezies in Gefahr bringt. Zum Beispiel ist das östliche Afromontane in Afrika eine Gegend, der einer der höchsten Urbanisierungsgrade vorhergesagt wird. Diese Gebiet ist Heimat einer beeindruckenden Palette von Pflanzen und Tieren, die nirgendwo sonst mehr existieren. Einige Spezies wie die Giraffe, die erst kürzlich auf die Liste der bedrohten Arten gesetzt wurde, wurden hier auch gefunden.

Eine Spezies durch Ausrottung zu verlieren, ist nicht nur eine Tragödie für das Tierreich. Menschen sind von biologischer Diversität abhängig, da sie eine breite Palette an „Dienstleistungen“ bietet. Zum einen direkt, zum Beispiel Nahrung oder Feuerholz, oder indirekt, wie den Nährstoffkreislauf, Bestäubung und die Bereitstellung von klarem Wasser reiner Luft.

Dennoch ist die Situation nicht vollkommen hoffnungslos, es gibt viele Möglichkeiten, die wir individuell oder auf lokalem Level und als Gesellschaft durch die Entwicklung von nachhaltigen Strategien urbaner Planung angehen können. Viele Studien zeigen, dass das Instandhalten und Erweitern von Grünstreifen in Städten und Gärten die Bewahrung von Wildtieren fördert und menschliche Gesundheit und Wohlbefinden stärkt. Grüne Dächer und Wände können Habitate für das Tierreich darstellen und den Einfluss der urbanen Hitze-Inseln reduzieren. Ebenso können sie Regenwasser absorbieren und die Gebäudedämmung verbessern.

Während es unmöglich scheint, dass beispielsweise Hyänen und Menschen in Harmonie miteinander leben, sich Falken inmitten von Wolkenkratzern aufschwingen und Affen sich durch den Dschungel der Großstädte schwingen, müssen wir uns auch die Spezies bedenken, die nicht mit dem Leben in der Stadt umgehen können. Während sich urbane Gebiete ausbreiten und weiterentwickeln, lohnt es, sich bewusst zu halten: Wenn wir Städte für das Tierreich bewohnbarer machen, profitieren auch wir Menschen davon.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-NC-SA 3.0 US. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image „Mammoths“ (adapted) by Paul Bica (CC BY 2.0)


ist Professorin für Naturschutzökologie an der University of Sterling. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit anthropogenischem Wandel der Biodiversität und wie damit umgegangen werden sollte.


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