Social Media Manager – oftmals Könige ohne Reich

Noch tun sich viele Unternehmen schwer mit der Position eines Social Media-Managers – Kandidaten sollten ihre Rolle im Unternehmen deshalb vorher klar definieren. // von Sabine Haas

Blogger (Bild: Max Lindemann, CC BY 4.0)

In geradezu rasantem Tempo wächst die Anzahl der Stellen im Bereich Social Media Management. Während in 2012 nur zehn Prozent der Unternehmen eine solche Stelle eingerichtet hatten, waren es in 2013 bereits 16 Prozent. Das liest sich erst einmal erfreulich, denn es hat den Anschein, dass das Thema Social Media nach und nach in den Unternehmen ankommt. Aber stimmt das wirklich?

Betrachte ich die mir bekannten Unternehmen, ist das Bild differenziert. Zunächst einmal die positive Nachricht: Tatsächlich haben die meisten Geschäftsführer und Vorstände erkannt, dass Social Media ein Thema ist, mit dem sich jedes Unternehmen befassen muss, dass der digitale Wandel eine nachhaltige Entwicklung ist.

Als Folge dieser Entwicklung werden Social Media Manager eingestellt. So weit, so gut. Allerdings zeigen sich in den Unternehmen sehr unterschiedliche Intentionen, warum und wofür diese Positionen in Unternehmen eingerichtet werden. Folgende drei Modelle sind mir bislang begegnet.

Modell 1: Der positive Fall oder „Wir machen ernst.“

Bei dieser Variante hat das Unternehmen verstanden, dass ein intensiver Dialog und Austausch mit Kunden in den sozialen Netzen sinnvoll und notwendig ist. Es werden personelle und finanzielle Kapazitäten zur Verfügung gestellt, um die Aktivitäten im Netz ernsthaft und nachhaltig zu betreiben. Meist wird in solchen Fällen ein kleines Team von Social Media Managern installiert, die sich um diesen Themenbereich kümmern und gemeinsam neue Dialog- und Serviceangebote im Netz etablieren. Die Leitung dieser Teams erfolgt sehr häufig über das Marketing. Oft ist dieses Vorgehen mit einem umfassenden Change-Prozess verbunden. Enterprise 2.0-Lösungen kommen zum Einsatz, Prozesse werden transparenter und einfacher gestaltet usw. Leider scheint mir Modell 1 bislang die Ausnahme zu sein.

Modell 2: Der häufigste Fall oder „Wir holen uns mal einen, der sich damit auskennt.“

Dieses Vorgehen erweist sich für die Social Media Manager als sehr schwierig. Es wird eine (oftmals möglichst kostengünstige) Stelle eingerichtet, die entweder im Onlinemarketing oder in der Unternehmenskommunikation angesiedelt wird. Meist ist diese Stelle mit wenig strategischer Kompetenz und mit keinerlei Weisungsbefugnis verbunden. Geworben wird in den entsprechenden Stellenangeboten mit einem »Du« statt »Sie«, es soll ein möglichst junger Mensch eingestellt werden, der nachweislich das Thema Social Media Management verstanden hat. Und »der soll das dann mal machen«.

Für die Positionsinhaber gibt es dann in der Regel nur zwei Möglichkeiten: Die eine ist, als Einzelkämpfer nach bestem Wissen und Gewissen mit den begrenzten personellen und finanziellen Möglichkeiten zu agieren. Die übrigen Bereiche des Unternehmens bleiben meist außen vor oder agieren unabhängig vom Social Media Manager ebenfalls „irgendwie“ im Netz. Die andere Möglichkeit ist, zu versuchen, das Unternehmen in eine gesamtheitliche, strategische Richtung zu moderieren – eine Sisyphos-Aufgabe. Denn meist werden Social Media Manager weder explizit um strategische Beratung gebeten, noch entsprechend in die verschiedenen Prozesse des Unternehmens eingebunden. Da die Weisungsbefugnis aber fehlt, sind sie Könige ohne Reich, müssen mit unendlicher Geduld und Zähigkeit ihre Kompetenzen immer und immer wieder ins Unternehmen hineintragen – in der Hoffnung, dass sie im eigenen Haus ab und zu doch gehört werden.

Es ist bewundernswert, wie viel manche dieser Social Media Manager trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen erreichen. Erschreckend ist es allerdings zu sehen, wie wenig Unterstützung sie oftmals erhalten.

Modell 3: Der negative Fall oder „Wir wollten doch längst mehr Leute in unserer Abteilung. Für einen Social Media Manager bekommen wir das Budget.“

In diesem Fall sind die Social-Media-Aktivitäten eigentlich vom Unternehmen nicht gewollt. Man möchte „dabei sein“, dafür reicht dann in der Regel eine mittelprächtige bis schlechte Facebook-Präsenz. Wenn die einmal da ist, kann der Social Media Manager sich aus Sicht der Vorgesetzten prima um andere Dinge kümmern: Online-Marketing, klassische PR etc.

Stellen wie diese sind meist noch nicht einmal Vollzeit angelegt, sondern obendrein Teilzeitpositionen. Begegnet man den Positionsinhaberinnen und -inhabern, wird meist ein großer Frust deutlich. Viele haben das Gefühl, nicht wirklich ernst genommen zu werden. Viele hoffen, dass die Zeit in ihre Richtung spielt, aber in der Regel ist in solchen Unternehmen sehr viel Gelassenheit und Geduld gefordert.

Fazit

Insgesamt fällt bei Modell 2 und 3 auf, dass der digitale Wandel und die Social Media Manager-Positionen in vielen Unternehmen stark voneinander entkoppelt sind. Strategische Arbeitsgruppen und operative Einheiten diskutieren für ihre Bereiche Zukunftsperspektiven, ohne die Fachexperten explizit einzubinden. Gelder und Budgets für Marketing und PR werden verteilt, ohne dass die Social-Media-Verantwortlichen Mitsprache haben. Die eigentlich wichtigen Themen entscheiden oft die „alten Hasen“ eines Unternehmens – im Zweifel auch ohne Fachwissen.

Für die Social Media Manager bedeutet dies: Sie sollten vor Antritt ihrer Stelle genau prüfen, welche Kompetenzen und Möglichkeiten ihnen eingeräumt werden. Wenn es sich vermeiden lässt, sollten sie sich nicht „vor den Karren spannen lassen“ für Vorgesetze, die das Thema nicht ernst nehmen. Ihre Reputation und die strategische Bedeutung ihrer Position sollten durch die Geschäftsführung nachhaltig gestärkt werden. Nur dann können sie tatsächlich etwas bewegen.

P.S.: Nicht beschrieben habe ich jetzt die vielen Unternehmen, die das Thema mit Bestandsmitarbeitern aus PR, Marketing oder den Fachabteilungen nach vorne treiben. Und natürlich sind alle drei Modelle bewusst schematisch angelegt. Denn es gibt auch hier – wie überall sonst im Leben – noch eine Menge dazwischen.


Dieser Artikel erschien zuerst im Blog auf Result.de.


Teaser & Image by Max Lindemann (CC BY 4.0)


(Diplom-Psychologin) gründete 1994 das result Markt- und Medienforschungsinstitut, 2007 folgte eine Webagentur und im Jahr 2011 der Geschäftsbereich Beratung. Als Kennerin der alten wie auch neuen Medien gehört sie zu den gern gesehenen Speakerinnen bei Fachveranstaltungen & Kongressen rund um das Thema "Digitaler Wandel/Medienwandel". Im WS 2013/14 lehrt sie Kommunikationsmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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3 comments

  1. Ich empfinde es nicht als so schlimm. Ich war zwar immer extern für Unternehmen als PR-Berater tätig (http://www.prplus.at), aber ich hatte meist den Eindruck die Unternehmensleitung erkennt die Wichtigkeit der modernen PR-Arbeit und lässt sich auch dementsprechend gerne/gezwungen darauf ein. Sogar in Großunternehmen sieht man ja irgendwie welche Bedeutung Social Media aktuell schon zugeschrieben wird. Siehe Samsung und die Oscars oder auch Unternehmen wie Taco Bell die eine Vielzahl an Twitter Follower durch Off-Topic Content und mitunter gewagten Humor erreichen.

    Zustimmung bekommt, aber das Teilzeit-Problem. Dass tatsächlich einiges an Arbeit dahintersteckt ist oft gar nicht so leicht zu vermitteln.

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