Runtastic: Wie die Adidas-Tochter App-Abonnenten gewinnen will

Seit der 220-Millionen-Euro-Übernahme des Paschinger Fitness-App-Start-ups Runtastic durch den Sportriesen Adidas ist mehr als ein halbes Jahr vergangen. Ein halbes Jahr, in dem die Firma rund um CEO Florian Gschwandtner einen deutlichen Fokus an den Tag legt. Wurden zuvor am laufenden Band neue Apps auf den Markt geworfen (es gibt sogar eine namens “Butt Trainer” für knackige Hintern), wurde seit der Runtastic-Übernahme genau eine App veröffentlicht: Results. Die Software für Bodyweight-Training (man trainiert mit dem eigenen Körpergewicht überall, wo man will, und muss nicht ins Fitnesscenter) ist prinzipiell kostenlos, hat aber ein großes Ziel: Den Nutzer zum monatlich zahlenden Kunden zu machen.

Das neueste Update für Results bietet dem Nutzer einen neuen Trainingsplan für zwölf Wochen, HD-Videos mit Übungen und einen Ernährungsplan. 60 Euro bezahlt man pro Jahr mindestens, wenn man in den vollen Genuss der Inhalte kommen will und wie die Testimonials Franz, René, Julia oder Ana Fett ab- und Muskeln aufbauen will. In drei Monaten, so verspricht die Adidas-Tochter, soll man sich mit Hilfe der App eine herzeigbare Strandfigur erarbeiten können.

Mit Freemium zum konstanten Revenue Stream

Das Freemium-Modell (Basisversion gratis, Vollversion im kostenpflichtigen Monatsabo) gilt gerade bei Apps als vielversprechend – Vorbild sind erfolgreiche Firmen wie Spotify, Dropbox und selbst Google mit dem Online-Speicher Drive, die Premium-Nutzer monatlich zur Kasse bitten. Für Runtastic, das sich bei Results ordentlich vom Münchner Start-up Freeletics inspirieren ließ und dessen App (80 Euro/Jahr in der Vollversion) preislich unterbietet, bedeutet dieses Modell bei Erfolg einen steten Revenue Stream. Anstatt ständig Apps auf den Markt zu werfen zu müssen, für die man einmalig einen kleinen Download-Preis bezahlt, sollen künftig im Monatsrhythmus Einnahmen generiert werden. Am Ende gibt der Nutzer viel mehr Geld für das Abo aus, als er je für Einzel-Apps berappt hätte.

Eine theoretische Rechnung: Würden zehn Prozent der weltweit 80 Millionen registrierten Runtastic-Nutzer das Results-Abo um 60 Euro/Jahr nehmen, würde die Adidas-Tochter damit pro Monat 28 Millionen Euro Umsatz machen.

Apple und Google als Herrscher über die beiden mit Abstand wichtigsten App-Marktplätze mögen solche Freemium-Modelle natürlich auch ganz gern. Während sie bei Gratis-App wie Facebook, das in seinen Apps mit Werbung Milliardenumsätze macht, durch die Finger schauen, bekommen sie bei den Abos, die als In-App-Käufe abgewickelt werden, 30 Prozent der Umsätze. Kein Wunder, werden vor allem in Apples App Store den Usern immer wieder Freemium-Apps empfohlen.

Nächste Ausbaustufe IoT

Von einer Verzahnung von Runtastic- und Adidas-Produkten ist bis dato noch nichts zu merken. Weder die Uhren-Kollektion “Moment” (TrendingTopics.at berichtete) von Runtastic noch der mit Sensoren und Bluetooth ausgestattete micoach Smart Ball von Adidas hat mit Diensten oder Produkten der jeweils anderen Firma etwas zu tun. Da Adidas seine Tochter aber als Plattform für die Vernetzung von Bällen, Handgelenkgeräten, Bekleidung oder Schuhen sieht, wird im Hintergrund aber wohl bereits an einer Integration gearbeitet.

Und da heißt es Gas geben: Adidas reagierte mit dem Runtastic-Kauf einerseits auf den Hauptkonkurrenten Nike, der mit seinen Nike+-Produkten immer mehr in Richtung vernetzte Sportgeräte geht, andererseits auf Under Armour, das die Apps Endomondo (85 Mio. US-Dollar und Myfitnesspal (475 Mio. US-Dollar) übernommen hat. Der nächste Rivale im Ring ist die japanische Sportfirma Asics: Sie kaufte sich erst vor wenigen Tagen den Runtastic-Konkurrenten Runkeeper um 85 Mio. US-Dollar.


Image “Running Man” by Kyle Cassidy (CC BY SA 3.0)


ist seit 2006 publizistisch auf Papier und Pixel tätig. Er arbeitet in Österreich als Journalist und hat die beiden Sachbücher "Phänomen Facebook - Wie eine Webseite unser Leben auf den Kopf stellt" (2010) und "Digitaler Frühling - Wer das Netz hat, hat die Macht?" (2012) veröffentlicht. In seinem Blog “Jakkse.com” und in Vorträgen schreibt und spricht er gerne über die Menschen und ihr Internet – von Social Media über Mobile Business und Netzpolitik bis zu Start-ups.


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