rp09: Shift Happens für … Dr. Jan Schmidt

120x44_wIm Vorfeld der re:publica 2009 haben die Blogpiloten 5 Fragen an deutsche Webworkerinnen und Webworker geschickt und gefragt, was sie mit dem Motto der diesjährigen re:publica „Shift Happens“ verbinden. Außerdem fragten wir die Experten wie sie die Gegenwart und Zukunft der Digitalkultur einschätzen. Oliver Gassner und Vivian Pein haben den Anfang gemacht. Heute geht es mit dem Social Media Experten und Kommunikationswissenschaftler Dr. Jan Schmidt vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg weiter.

Jan beschreibt sich selbst mit den folgenden Worten:

Ich habe das große Glück, für Forschung, Aufsätze und Vorträge über das neue Netz bezahlt zu werden. Formal nennt sich das dann „Wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation am Hans-Bredow-Institut für Medienforschung“.

Und hier Jans Antworten auf unsere Fragen:

janschmidt_145_185„Shift happens“ – „Veränderung passiert“. So das Motto der re:publica in diesem Jahr. Was verbindest Du ganz persönlich in Deinem (digitalen) Leben und Arbeiten mit diesem Motto?

Mein Forschungsfeld – das neue Netz – ist sehr dynamisch und bringt nahezu täglich neue Anwendungen, Dienste und Werkzeuge hervor, die studiert werden wollen. Das Spannende ist aber gerade, die Facetten des tief greifenden und tiefer liegenden sozialen Wandels zu identifizieren, den technische Innovationen mit sich bringen können. Hierzu muss man meines Erachtens auch einen Blick für den „Nicht-Wandel“, für Stabilität und Routine haben

„Die Zukunft ist schon da, sie ist nur noch nicht gleichmäßig verteilt“ (Williams Gibson). Welcher Teil der (digitalen) Zukunft ist für Dich schon längst Gegenwart?

Die Erfahrung, dass onlinegestütztes Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagement im beruflichen wie im persönlichen Alltag eine ganz besondere Rolle spielt und weit über das (nur vermeintlich virtuelle) Internet hinausreicht.

„Zurück in die Zukunft!“ – Was sind nach Deiner Erfahrung im Privaten wie im Beruf die größten Barrieren, wenn Du anderen versuchst zu erklären, wie die digitale Kultur „funktioniert?“

Viele Anwendungen und Praktiken lassen sich schwer erläutern, sondern müssen erlebt werden, um ihre Funktionsweise zu verstehen. Z.B. ist es sehr schwer, die Funktionsweise des „Facebook News Feeds“ als personalisierbaren News-Ticker des eigenen sozialen Netzwerks nur in Worten oder mit Screenshots zu vermitteln. Hinzu kommt der gegenwärtige gesellschaftliche Diskurs, der sehr stark von negativen Szenareien geprägt ist („Cyber-Exhibitionismus“, „Cyber-Mobbing“, „Ende der Privatsphäre“ etc.) und den tatsächlichen Nutzungsweisen und Einschätzungen, aber auch den Potentialen des neuen Netzes nicht vollständig gerecht wird.

Als digitale Webworker gestalten wir die Zukunft auch selbst mit. Welchen Themen liegen Dir am Herzen und warum?

Insbesondere zwei Fragen: Wie kann man Medienkompetenzen für einen aufgeklärten, reflektierten und panikfreien Umgang mit den neuen Werkzeugen und Kommunikationsräumen vermitteln? Und wie gehen wir mit dem Umstand um, dass viele der Kommunikationsräume oberflächlich gesehen zwar frei zugänglich sind, letztlich aber durch und durch kommerzialisiert sind und dem einzelnen Nutzer nur sehr beschränkte Mitspracherechte bei der Gestaltung einräumen.

Was kommt nach Blogs, Social Networks und – unser aller Lieblingshypethema – Twitter? Wie sieht der nächste „Shift“ aus?

Das weiß ich nicht. Aber mich erinnert die Frage daran, dass ich noch eine Wette mit Marcel Weiss laufen habe; er meinte, dass Friendfeed zur diesjährigen re:publica „das nächste große Ding“ sein würde und ich habe dagegen gehalten. Ich muss ihn nochmal fragen, wie wir das jetzt bewerten; ich glaube ja, dass ich Recht habe… ;-)

ist freiberuflich als Medien- & Verlagsberater, Trainer und Medienwissenschaftler tätig. Schwerpunkte: Crossmedia, Social Media und E-Learning. Seine Blogheimat ist der media-ocean. Außerdem ist er einer der Gründer der hardbloggingscientists. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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7 comments

  1. Danke, wenigstens mal auch jemand, der mit mir in die Kerbe des ‚Wieso sollte das Internet virtuell sein [- Telefonate sind ja auch nicht virtuell]?‘-Kerbe haut.

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