Randgruppen bevorzugt: Vice bietet ein bezahltes Stipendium

Vice verkündete vor ein paar Tagen, dass die Firma im Sommer 2016 ein Stipendienprogramm für Studenten von unterrepräsentierten Gruppierungen anbieten wird. Über eine Partnerschaft mit dem gemeinnützigen Center for Communication in New York werden im Sommer zwei Studenten für acht Wochen bei Vice arbeiten dürfen. Die teilnehmenden Studenten erhalten ein Stipendium über 5000 US-Dollar und eine Erstattung ihrer Reise- und Wohnkosten. Vice übernimmt zudem die Verwaltungskosten des Center for Communication. Das Center for Communication arbeitet für gewöhnlich mit Gemeindeorganisationen, Community Colleges und kleineren Universitäten zusammen – im Besonderen mit denen, die Teil des Systems der staatlichen Universitäten von New York sind – um für seine Programme zu werben und auch in diesem Fall will man die Möglichkeit nutzen, um auf das Programm aufmerksam zu machen. Einer Untersuchung der Nachrichtenredaktionen aus dem Jahr 2015 durch die American Society of News Editors (ASNE) zufolge handelt es sich bei 12,76 Prozent der Journalisten in den Redaktionen der Tageszeitungen um People of Color. Der Anteil von 12-14 Prozent stagniert nach Angaben der ASNE trotz der kontinuierlichen Zusammenschlüsse von Redaktionen seit über mehr als einem Jahrzehnt. Mit dem Ziel der Verbesserung von Diversität in Redaktionen sind in den vergangenen Jahren verschiedene Initiativen entstanden. Seit mehr als einem Jahrzehnt führt die New York Times ihr Institut für studentischen Journalismus für studentische Mitglieder der Nationalen Vereinigung spanischsprachiger Journalisten und der Nationalen Vereinigung Farbiger Journalisten sind. Andere Nachrichtenagenturen bieten ähnliche Programme an. Weiterhin gibt es das vom Internationalen Zentrum für Journalismus angebotene Progrmm namens Back in the Newsroom, das Professoren von traditionell schwarzen Colleges und Universitäten die Möglichkeit bietet, durch die landesweite Arbeit in Redaktionen neue Fähigkeiten zu erwerben. Es werden zudem weitere grundlegende Bemühungen wie die der sogenannten Writers of Color unternommen, die zum Ziel hat, Autoren, die aus Randgruppen stammen, neue Chancen zu eröffnen. Heutzutage kann es sich für schwarze Menschen noch immer schwer gestalten, Teil einer Redaktion zu werden. DeWayne Wickham ist der Dekan der Fakultät für Journalismus der Morgan State University – einer von insgesamt fünf Fakultäten für Journalismus in den 107 traditionell schwarzen Colleges und Universitäten der USA. Er sprach kürzlich in einem Interview mit meiner Kollegin Laura Hazard Owen über seine Bemühungen:

DeWayne Wickham (DW): Wenn jeder, der sich dem Thema Diversität zugeneigt fühlt, auch nur ein wenig Geld in Programme, mit deren unterstützung man wirklich einen Unterschied bewirken kann, investieren würde, denke ich, würden wir hinsichtlich der Integration bei der Nachrichtenerstellung größere Fortschritte erzielen als es derzeit der Fall ist. Wir haben von der Knight Foundation, den Hearst Foundations, der Arca Foundation in Washington D.C. und der Open Society Foundation Fördermittel erhalten, die es der Fakultät für Journalismus ermöglicht, jährlich einen Journalismuspreis in Höhe von 10.000 US-Dollar (die Vernon Jarrett- Medaille für journalistische Spitzenleistungen) zu verleihen. Wir haben jedoch noch nicht das Maximum des Möglichen erreicht. Mich beschäftigt Folgendes: Ich habe ein Programm mit fast 500 Studenten, von denen 95% Afroamerikaner sind. Jedes Jahr ist mein Programm landesweit unter den ersten vier oder fünf hinsichtlich der absoluten Anzahl der Farbigen, die einen Abschluss in Journalismus und Kommunikation erhalten. Die Programme, die den Löwenanteil des Geldes für die Lehre im Bereich Journalismus erhalten – und einige dieser Gelder sind im Speziellen für die Förderung von Diversität bestimmt – befinden sich nicht unter den ersten 20, manchmal noch nicht einmal unter den ersten 30, was das Heranziehen afroamerikanischer Absolventen mit entsprechendem Abschluss betrifft. Das würde nirgendwo anders Sinn ergeben. Es würde keinen Sinn ergeben, wenn wir über Rohstoffe oder Öl oder das Verkaufen von Fernsehgeräten oder Kühlschränken sprechen würden. Irgendwie ergibt es jedoch Sinn, die Gelder in der Lehre im Bereich Journalismus unverhältnismäßig an Schulen und Programme zu verteilen, die nicht in der Lage sind, Farbige in signifikanter Anzahl aufzunehmen und zum Abschluss zu führen. Und dies in einer Zeit, in der mir jeder, der sich die Beschäftigungszahlen ansieht, sagen würde, dass die größten Arbeitsplatzverluste in den vergangenen 15 bis 20 Jahren unter Afroamerikanern aufgetreten sind.

Laura Hazard Owen: Um was genau handelt es sich bei den geförderten Lehreinrichtungen?

DW: Es handelt sich dabei um sehr gute Einrichtungen und sie verfügen allesamt über sehr gute Programme. Arizona State: Großartiges Programm. USC: Großartiges Programm. Was sie machen, machen sie sehr, sehr gut und ich schätze die Arbeit, die sie machen, sehr. Aber traditionell farbige Colleges und Universitäten haben eine einzigartige Rolle inne in einer Zeit, in der Städte brennen und Menschen auf den Straßen demonstrieren. Den Menschen, die sich hinsichtlich der sich fortsetzenden Welle der Unzufriedenheit der afroamerikanischen Gemeinde überrascht zeigen, möchte ich etwas mit auf den Weg geben: Im Jahr 1968 teilte uns der Kerner-Ausschuss mit, dass die Ursachen der städtischen Unruhen dieser Dekade im Versagen der Medien lagen, den Problemen der farbigen Bevölkerung in diesem Land Aufmerksamkeit zu schenken. Dies ist bis heute ein Problem. Sie müssen nicht farbig sein, um diese Aspekte zu behandeln. Es wäre jedoch mit Sicherheit hilfreich, die Diversität in Redaktionen, in der Berichterstattung und in Organisationen der sozialen Medien auszuweiten, sodass es nicht nur unter den Menschen zu Diversität, sondern auch im Gedankengut und Bewusstsein zu einer Vielfalt kommt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf “Nieman Journalism Lab” unter CC BY-NC-SA 3.0 US. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion


Image (adapted) „Notebook / Macbook“ by Anka Albrecht (CC BY 2.0)


schreibt für das an der Harvard Universität angesiedelte Nieman Journalism Lab über Innovation in der Medienbranche. Davor arbeitet er für die Nachrichtenagentur Reuters und berichtete über den wirtschaftlichen Niedergang von Detroit.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , , , , , ,