Photokina 2016: Nikon, Kodak und GoPro bringen Smartphone-gesteuerte Action-Cams

Action-Cams sind die Stars der Photokina 2016. Sie stehlen den klassischen Kameras geradezu die Show. Dies spiegelt die allgemeine Entwicklung wieder. Immer weniger Menschen kaufen herkömmliche Foto-Apparate. Action-Cams hingegen boomen und werden in diesem Jahr laut Photoindustrie-Verband und GfK einen neuen Verkaufsrekord hinlegen. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass mit Nikon nun auch eine Traditionsfirma eine Action-Kamera bringt. Marktführer GoPro und Herausforderer Kodak halten dagegen und bringen ebenfalls neue Action-Kameras heraus. Ohne ein Smartphone verblassen die Photokina-Stars jedoch. Nur per App-Steuerung holen Nutzer das Meiste raus. Nikon und Kodak setzen zudem auf die Faszination von 360-Grad-Aufnahmen und Virtual Reality. Das bietet neue Möglichkeiten fürs Storytelling. Die Neuheiten bei Action-Cams im Überblick.

Mission Accomplished? Nikon sucht mit der KeyMission 360 eine neue Perspektive

Bereits zur CES 2016 angekündigt, bestätigte Nikon jetzt auf der photokina den tatsächlichen Launch der ersten Action-Cam aus eigenem Hause. Die KeyMission 360 erscheint voraussichtlich Anfang November für 499 Euro im Handel. Mit der KeyMission 170 (399 Euro) und der KeyMission 80 (299 Euro) hat sie dabei sogar zwei kleinere Geschwister im Gepäck. Das Flaggschiff mit der 360 im Titel ist jedoch das interessantestes Modell. Mit der KeyMission 360 spricht Nikon eine Zielgruppe jenseits der DSLR-Traditionalisten an. Mit den zwei Objektiven der Kamera lassen sich auf Knopfdruck 360-Grad-Aufnahmen erstellen, entweder als Foto oder als Video in 4K. Mit Wi-Fi und Bluetooth ist sie komplett „connected“. Die Kamera unterstützt Nikons Snapbridge-Feature. Das bedeutet, dass Aufnahmen per Bluetooth automatisch und kontinuierlich auf ein Smartphone oder Tablet übertragen werden. Der Anwender muss das nicht erst manuell anstoßen. Dazu erscheint eine neue App namens Nikon Snapbridge 360/170 für Mobilgeräte und Desktop. Das Programm ermöglicht auch eine Fernsteuerung der Kamera und umfasst auch Editing-Funktionen. Ich konnte Snapbridge bereits bei einer anderen Nikon-Kamera testen und bin begeistert von dem Feature. Am Nikon-Stand auf der Photokina machte die kompakte KeyMission 360 einen sehr robusten und griffigen Eindruck auf mich. Ein Funktionstest war noch nicht möglich. Dafür ließen sich Demo-Aufnahmen per Virtual-Reality-Brille nach dem Cardboard-Prinzip anschauen. Bild- und Tonqualität waren auf hohem Niveau. Wenn Kamera-Bedienung und App-Performance beim fertigen Serienmodell ebenfalls überzeugen, könnte Nikon mit seinem guten Markennamen dem 360-Grad-Markt einen veritablen Schub geben.

VR-Bilder aus der KeyMission 360
VR-Bilder aus der KeyMission 360 am Nikon-Stand anschauen

Kodak: Den Knopf drücken – und den Rest in Virtual Reality erleben

Die amerikanische Marke Kodak hat vor über 130 Jahren das Fotografieren massentauglich gemacht. Die Firma in ihrer ursprünglichen Form ist Geschichte. Mit JK Imaging möchte ein Newcomer aus China ihr Erbe fortführen. Unter der Markenlizenz Kodak PixpPro möchte sie interaktive Panorama-Aufnahmen in 4K-Qualität und VR-Ansicht besonders intuitiv gestalten.

Kodak PixPro 4KVR360 Camera
Kodak PixPro 4KVR360 Camera

Mit der Kodak PixPro 4KVR360 Action-Cam hat das Unternehmen auf der Photokina ein entsprechendes Gerät vorgestellt. Es bündelt gleich alle aktuellen Imaging-Trends im Namen: Zwei Kameras nehmen jeweils ein 180-Grad-Bild auf und kombinieren sie automatisch zu einem 360-Grad-Kugelpanorama. Dabei entstehen entweder Stillbilder mit bis zu 27 Megapixel Auflösung oder Videos maximal in 4K-Qualität. Per WLAN und Bluetooth lassen sich die Bilder aufs Smartphone übertragen und dort im VR-Mode mit einem VR-Headset als interaktive Umgebung betrachten. Auf der Photokina-Pressekonferenz verteilte Kodak VR-Brillen nach Googles Cardboard-Prinzip. Eine Besonderheit: Die beiden Objektive verfügen über unterschiedliche Weitwinkel-Brennweiten: 235 Grad hinten und 155 Grad vorne. Wollen Anwender die Kamera wie eine herkömmliche, einäugige Action-Cam im 16:9-Format nutzen, wählen sie einfach die Frontseite. Die Kamera erledigt das Zusammenfügen der Halbkugel-Bilder zwar automatisch, aber nur in geringerer Auflösung. Wer volle 4K-Kugelpanoramen möchte, greift zur mobilen App für iOS (ab Version 8). Darüber und alternativ mit Desktop-Software für Windows und Mac können Anwender die Bilder auf Wunsch zudem direkt ins Social Web hochladen. 360-Grad-Aufnahmen der Kodak-Kamera werden von Facebook und YouTube automatisch als solche erkannt und entsprechend dargestellt. Wenn die Kodak PixPro 4KVR360 voraussichtlich Anfang 2017 erscheint, wird sie genau wie bei Nikon preislich am oberen Ende angesiedelt sein. Die Angabe ist noch nicht final, doch JK Imaging plant in der Größenordnung von rund 500 Euro.

GoPro per Sprache und App steuern

Der Marktführer bei den Action-Cams, GoPro, hat die Photokina ebenfalls für einen Launch genutzt. Mit der GoPro Hero 5 und der GoPro Hero 5 Session bringt das Unternehmen zwei neue 4K-Kameras. Auch eine passende Drohne namens Karma nimmt GoPro jetzt ins Programm. Dem Trend zu 360 Grad und Virtual Reality verweigert sich der Platzhirsch – die Kameras bleiben einäugig. Dafür werden sie deutlich smarter.

gopro-hero-5-photokina
GoPro Hero 5 am Photokina-Stand

Beide neuen Kameras lassen sich per Sprachkommando steuern. Zudem können sie Aufnahmen per WLAN automatisch in den neuen Cloud-Service GoPro Plus hochladen. Das funktioniert aber nur, wenn die Geräte gerade an der Steckdose Energie tanken. Das kostenpflichtige Cloud-Abo startet 2017 in Deutschland. Die Hero 5 Session wird sich mit der neuen App namens Capture fernbedienen lassen. Die Kamera hat dafür aber auch keinen eigenen Touchscreen wie die GoPro Hero 5. Bearbeiten lassen sich die Aufnahmen weiterhin mit der App Quik. Mac-Fans freuen sich darüber, dass Quik bald auch für OS X auf dem Desktop verfügbar sein wird. Mit 430 Euro für die GoPro Hero 5 und 330 Euro für die Hero 5 Session, müssen Käufer nicht so tief in die Tasche greifen wie bei Nikon und Kodak. Beide Geräte erscheinen im Oktober.

Fazit

Die neuen Action-Cams von Nikon, Kodak und GoPro bieten nichts revolutionär Neues. Sie verschaffen Anwender aber noch mehr Optionen, mit Action-Cams neue Storytelling-Ansätze zu verfolgen. Vor allem 360-Grad-Aufnahmen sind faszinierend. Sie ermöglichen Geschichten jenseits des zweidimensionalen „Frames“ darzustellen. Für Abenteuer und Bild-Reporter ist das sehr interessant. Genau diese Zielgruppe und dieses Anwendungsszenario vermarktet zum Beispiel Nikon. Kodak richtet sich eher an den Amateur, der eine Kamera ohne viel Federlesen einfach und schnell bedienen möchte. Beides hat seine Berechtigung. Bei GoPro finde ich die stärkere Vernetzung mit der Cloud und dem Smartphone begrüßenswert. Das gilt auch für Nikon und Kodak. Die drei Hersteller von Action-Cams machen vor, wie eine „connected camera“ sein sollte. Sie nehmen die Konnektivität und das modulare App-Prinzip von Smartphones und packen sie in Stand-alone-Kameras. Warum können traditionelle DSLR- und Systemkameras nicht auch endlich derart aufgerüstet werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „Applepiloten“ unter CC BY-ND 4.0.


Images by Berti Kolbow-Lehradt


ist Freier Technikjournalist. Für die Netzpiloten befasst er sich mit vielen Aspekten rund ums Digitale. Dazu gehören das Smart Home, die Fotografie, Smartphones, die Apple-Welt sowie weitere Bereiche der Consumer Electronics und IT. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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