Wie rette ich meine Online-Reputation?

Während der letzten Jahre war die Journalistin Dune Lawrence permanent Schikane ausgesetzt. Sie schrieb einige Artikel über eine Investment-Firma, woraufhin der Inhaber online eine Diffamierungs-Kampagne gegen sie und andere Personen initiierte. Er postete Bilder von ihr auf seiner Website und nannte sie eine Rassistin, eine Betrügerin, inkompetent und dumm – um nur einige der Beleidigungen zu nennen. Erstaunlicherweise gelangten diese beleidigenden Bilder schnell an die Spitze der Suchergebnisse bei der Bildersuche von Google. Auch jetzt, während dieser Artikel geschrieben wurde, befinden sich die Bilder nach wie vor dort. So kann jeder ohne Probleme die diffamierenden Kommentare über sie finden. Tatsächlich werden immer noch zahlreiche Suchergebnisse dieser Fotokreationen angezeigt, obwohl der Urheber der Seite schon das Gerichtsverfahren wegen Diffamierung verloren hatte. Er steht momentan wegen Betruges vor Gericht, zudem ist er noch in ein weiteres Diffamierungsverfahren verwickelt. Einer der großen Vorteile – und zugleich Nachteile – des Internets ist es, dass jeder ganz einfach veröffentlichen kann, was er möchte. Wenn jemand diffamierende Kommentare über Sie veröffentlicht sowie persönliche Information oder bestimmte Fotos von Ihnen hochlädt – was können Sie schon dagegen tun? Den Anbieter des potenziell illegalen Inhalts zu verklagen, ist schwierig, teuer und möglicherweise sogar unmöglich. Vor allem, wenn er von einem anderen Land aus agiert oder durch strenge Gesetze der Redefreiheit geschützt ist.

Recht auf Vergessen

Wer innerhalb der Europäischen Union wohnen, kann sich auf eine Richtlinie berufen: das sogenannte Recht auf Vergessen (RTBF – right to be forgotten). Dies erlaubt es europäischen Bürgern, von Suchmaschinen wie Google zu verlangen,  Einträge zu entfernen, die zu irrelevanten, unverhältnismäßigen oder unnötig diffamierenden Inhalten führen. Nachdem die Maßnahme im Jahre 2014 in Kraft trat, wurde sie kürzlich erweitert. Sie soll für jede internationale Version einer Suchmaschine gelten, die innerhalb der EU aufgerufen werden kann. Dennoch besteht das Problem dabei, dass der schädigende Inhalt selbst nicht entfernt wird, sondern nur der Suchmaschinenlink, der dorthin führt. Das RTBF-Prinzip hat bei denjenigen, die es als unnötige Verletzung der Redefreiheit ansehen, Kritik hervorgerufen. Zusätzlich stellt es ein Risiko für Mainstream-Suchseiten wie Google dar. Momentan hat Google eine nahezu überwältigende Kontrolle über den Suchmaschinenmarkt, doch können die Internetnutzer geneigt sein, die Seite zu verlassen, wenn sie das Gefühl hätten, nicht ein umfassendes Ergebnis zu erhalten. Außerdem ist es zweifellos unglaublich teuer, allen Anfragen zu entsprechen. Dennoch kann es für Bürger nützlich sein, einen Versuch zu starten, um Inhalte von Suchergebnissen entfernen zu lassen. Leidtragende von diesen diffamierenden Inhalten können sich an Suchmaschinen wenden, um zu erläutern, warum Links entfernt werden sollten. Zum Zeitpunkt dieses Artikels wurden seit dem Jahre 2014 knapp 1,5 Millionen  Links von Google überprüft – und ganze 43 Prozent der Anfragen haben auch zum Entfernen des Links geführt. Dieser Umstand bedeutet eine erhebliche Menge an Informationen, die nicht  mehr länger aufgeführt werden. Sollte Ihr RTBF-Antrag abgelehnt werden, haben sie noch immer die Möglichkeit, sich an Ihre nationale Datenschutzbehörde zu wenden. Vielleicht können Sie vor Gericht ziehen, um zu versuchen, den Link entfernen.

Antrag auf legales Entfernen

Tatsächlich brauchen Sie gar keinen RTBF-Antrag, der sich mit Inhalten befasst, die völlig legal sind, aber als irrelevant, veraltet oder unverhältnismäßig erachtet werden, um einen Link bei Google entfernen zu lassen. Stattdessen können Sie einen Antrag auf legales Entfernen erstellen, der seit über einem Jahrzehnt in verschiedenen Versionen vorhanden ist. Dies stellt eine einfachere Möglichkeit dar, einen Link, der das Copyright verletzt, von einer Google-eigenen Seite inklusive YouTube und Blogger entfernen zu lassen. Legales Entfernen bezieht sich allerdings auf Links zu potenziell illegalen Inhalten, inklusive diffamierenden Aussagen, Schadsoftware und eindeutigem sexuellen Inhalt, der ohne Einverständnis hochgeladen wurde, sowie andere ähnlich verletzende Inhalte. Nachdem der Antrag eingereicht wurde, analysieren Google-Mitarbeiter die Inhalte, um zu sehen,  ob sie potenziell illegal sind und ihre Dienstleistungsbedingungen verletzen. Der Link kann bereits während dieser Prüfung entfernt werden. Trotzdem hat das alles seinen Preis. Nach einem erfolgreichen Antrag auf legales Entfernen wird bei den Suchergebnissen auf Google zumindest ein Hinweis anzeigt, dass ein Inhalt oder ein Link entfernt worden ist. Dieser  beinhaltet einen Link zu dem Antrag in der Datenbank Lumen (früher bekannt als Chilling Effects). Die Datenbank speichert die URL-Einträge des entfernten Links, die auf Grund von Diffamierung oder bestimmte Bilder bearbeitet worden sind. Damit wird nachhaltig für Transparenz gesorgt. Zudem soll auf die Möglichkeit der Antragstellung eine gewisse Aufmerksamkeit gerichtet werden. Die Leidtragenden der illegalen Aktivität müssen somit selber entscheiden, ob es ihnen Wert ist, dass solch ein Hinweis am Ende der Suche dennoch erscheint. Eine Sache ist jedenfalls klar: die meisten der oben genannten Lösungen sind nicht perfekt, da sie nicht alle Suchmaschinen mit einbeziehen. Es ist außerdem wichtig zu betonen, dass Anträge auf legales Entfernen und das Recht auf Vergessen nicht den eigentlichen Inhalt entfernen. Der Internetaktivist John Gilmore wird desöfteren folgendermaßen zitiert: „Das Internet behandelt Zensur als einen Defekt und umgeht sie.“ Das vollständige Entfernen eines illegalen Inhalts kann also durchaus unmöglich sein. Dieser Artikel erschien zuerst auf “The Conversation” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) “Online safety for kids” by Intel Free Press (CC BY-SA 2.0)


The Conversation

ist Hochschuldozent an der Universität Sussex sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter der CREATe, ein Zentrum für Copyright und Neue Geschäftsmodelle in der Creative Economy sowie ein internationale Berater für Weltorganisation für geistiges Eigentum. Seit 2005 war er in mehreren Bereichen für Creative Commons involviert.


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