NSA-Skandal: Netzgemeinde wehrt sich per Crowdfunding

Der NSA Skandal hat eine Empörungswelle ausgelöst. Alle wollen sichere Daten – doch wie lassen sich persönliche Mails und Internetverläufe vor den Augen der Geheimdienste schützen? // von Anna-Maria Landgraf

ÜberwachungGroß

Der Gedanke, dass die NSA den persönlichen Mailverkehr mitlesen kann, ist ziemlich gruselig. Dass alles, was im Netz passiert, gespeichert wird. Kann das richtig sein? Die Initiatoren verschiedener Kampagnen meinen ganz klar: nein – und bieten spezielle Programme an, wie sich jeder vor Spionageübergriffen schützen kann. Wir stellen euch vier Projekte vor, die via Crowdfunding unterstützt werden können.


Warum ist das wichtig? Heutzutage ist es möglich, Unmengen an Daten zu sammeln – was offenkundig von staatlicher Seite missbraucht wird. Um die eigenen Grundrechte wahren zu können sind deshalb die Bürger gefragt, selbst etwas gegen die Überwachung zu tun. Die Netzgemeinde reagiert darauf durch Crowdfunding-Aktionen.

  • Die einzelnen Kampagnen zielen darauf ab, das Internet sicherer zu machen und das Vertrauen der Nutzer wieder herzustellen.
  • Die Aktionen helfen dem Einzelnen, die eigene Privatsphäre zu schützen und das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit zu bewahren.
  • Das erleichtert Bloggern, Journalisten und anderen politischen Aktivisten aus aller Welt die Arbeitsbedingungen im Netz.

Protonmail: Nutzerfreundliche E-Mail-Verschlüsselung

Das von Wissenschaftlern des CERN und des MIT entwickelte E-Mail-Programm Protonmail verspricht eine umfassende Verschlüsselung bei gleichzeitiger Nutzerfreundlichkeit, die mit gängigen Webmail-Angeboten vergleichbar ist. Bei dem browserbasierten Programm werden die E-Mails direkt auf dem Computer des Nutzers verschlüsselt und erst dann über die schweizer Protonmail-Server an die Empfänger geschickt. Protonmail selbst hat keinen Zugang zu dem Schlüssel und kann demnach auch nicht dabei helfen, die E-Mails zu lesen, sollte es von Dritten dazu aufgefordert werden. Da die Schweiz weder der EU- noch der US-Gerichtsbarkeit untersteht und zudem im internationalen Vergleich über sehr strenge Datenschutzgesetze verfügt, hat sich das Protonmail-Team entschieden, die Alpenrepublik als Standort für ihr Rechenzentrum zu wählen. Bereits wenige Tage nach dem Start von Protonmail waren die technischen Kapazitäten des Services derart ausgelastet, dass keine weiteren neuen Nutzer zugelassen werden konnten und sich alle, die auch von dem Dienst profitieren wollten, auf eine Warteliste setzen lassen mussten. Um die Server-Kapazitäten nun aufzustocken und die Warteliste nach und nach abzuarbeiten, sucht das Protonmail-Team finanzielle Unterstützung per Crowdfunding auf Indiegogo.

Qabel: Online-Plattform für verschlüsselten Datenaustausch

Aus Hannover kommt das Projekt Qabel, das eine sichere Möglichkeit verspricht, Daten online auszutauschen – geschützt vor sämtlichen Schnüffeleien, egal ob von Geheimdiensten oder datensammelnden Unternehmen. Die Macher von Qabel haben am 11. Juni die Alphaversion ihrer Online-Plattform live geschaltet, die so sicher wie derzeit technisch möglich sein soll, weil jegliche Daten grundsätzlich clientseitig vor dem Hochladen vollständig verschlüsselt werden. So dass also wie bei Protonmail auch selbst die Betreiber der Plattform keinerlei Zugriff auf den Inhalt der Daten haben können. Das besondere an Qabel ist, dass die Plattform auch komplexere Dienste wie Kalender, das gemeinsame Arbeiten an Dateien oder die Kommunikation über Social Networks verschlüsselt möglich macht und das auch noch so einfach, dass es selbst Kryptographie-Laien bedienen können. Auf Indiegogo suchen die deutschen Datenschutzritter jetzt finanzielle Unterstützung, um die Alpha-Version von Qabel einem intensiven Sicherheitstest auf Herz und Nieren zu unterziehen. In einem Code-Auditing soll die Open-Source-Software der Plattform auf etwaige Schwachstellen und Sicherheitslücken abgeklopft werden. Als Dankeschön für ihre Unterstützer haben sich die Hannoveraner Datenschützer einige lustige Späße einfallen lassen: Internet-Verschwörungstheoretiker bekommen für einen Beitrag von 23 (!) Euro einen selbst gebastelten Aluhut zugeschickt, Fans von Douglas Adams für 42 (!) Euro ein Handtuch mit gesticktem Qabel-Logo und für 50 (?) Euro erhalten alle Nerds, die sich an die frische Luft wagen, auch noch etwas Sonnencreme dazu, damit die vornehme Monitorblässe nicht gefährdet wird. Hier gibt es alle weiteren Infos zu der Kampagne.

Lantern: Internet-Zensur umgehen per Peer-to-Peer-Server

Das Lantern-Projekt aus Los Angeles plant die Entwicklung eines Tools, das Internet-Zensur per Peer-to-Peer-Verfahren umgehen soll, damit Menschen überall auf der Welt ohne Gefahr vor Repressionen Informationen per Internet austauschen können. Auf Indiegogo sucht das Team um Jill Murphy, ehemaliger Chafarchitekt von Limewire, in den nächsten 37 Tagen 70.000 US-Dollar zum Aufbau der Server-Infrastruktur. An Lantern arbeiten Hacker, Künstler und Entrepreneurs mit, die durch die Aktion das Recht auf ein freies Web unterstützen wollen und damit viele Blogger und andere politische Aktivisten die Arbeit erleichtern und diese vor gefährlichen Übergriffen seitens autoritärer Systeme schützen.  Denn jeder hat das Recht auf freie Meinungsäußerung und Information – egal auf welchen Teilen der Erde. Für einen Beitrag von 100 US-Dollar können Unterstützer durch deren „Adopt a Server“-Programm einen eigenen Server übernehmen und nach ihrem Wunsch benennen. Aber auch kleine Beiträge werden belohnt: kreativ designte Sticker, Shirts und Taschenlampen gibt es schon bei geringer Hilfestellung. Wer nicht genügend finanzielle Mittel hat, kann Lantern durch das Teilen auf Social Media Kanälen unterstützen oder beispielsweise bei Übersetzungen helfen. Hier gibt es alle weiteren Infos.

Kiss the NSA: Eine App gegen Datenspionage

Ein Kollektiv aus Professoren und Hackern arbeitet derzeit an einer App gegen Datenmissbrauch, die voraussichtlich im Oktober zur Verfügung stehen wird. Sie funktioniert für Computer und Handy und schützt Mails, Handydaten, Browserdaten, Dropbox und Hard Drive. Durch eine Software, die dadurch auf das Gerät installiert wird, ist das Handy beziehungsweise der Computer vor Übergriffen geschützt. Sie kann jederzeit aktualisiert werden und gleichzeitig auf mehreren Geräten vorhanden sein. Die App installiert gängige Add-Ons wie Ghostery, Privacy Fix, Ad Block und HTTPS Everywhere sowie Nachrichtentools, die auf einer starken Verschlüsselung beruhen. Jeder hat die Möglichkeit, den Code zu verbessern und an die eigenen Bedüfnisse anzupassen. In einem integrierten Forum haben Nuter zudem die Möglichkeit, sich untereinander über Datenschutz und die richtige Handhabung der App auszutauschen. Die Macher wollen wegen möglichen Repressalien seitens der NSA anonym bleiben und betonen extra, dass Terroristen so oder so entdeckt werden – also nichts von wegen Anschlagplanung unter den Deckmantel der App. Mehr Informationen zu der Kampagne gibt es hier.


Teaser & Image by Dirk Ingo Franke (CC BY 2.0)


studiert Philosophie und Politikwissenschaft im Master und hat während ihres Journalistik-Bachelors Erfahrungen im Print-, Online- und TV-Bereich gesammelt. Seit Juni 2014 schreibt sie für die Netzpiloten vor allem über Medien und Gesellschaft.


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