MUSIK: Autechre – Move Of Ten

Steve Becket, Chef des Warp-Labels und Wegbegleiter Autechres seit ihrer ersten LP, antwortete in einem älteren Interview auf die Frage, welchem seiner Künstler er es am ehesten gönnen würde, in einem Space-Shuttle abzuheben: „Ganz bestimmt Autechre. So etwas würden sie sich bestimmt nicht entgehen lassen und ihre Musik passt auch sehr gut in den Weltraum!“ In fast jeder Autechre-Kritik ist die Rede von „Geräuschen, die ausserirdischer nicht mehr sein könnten“, vom „Sound, um eines Tages in einer anderen Welt aufzuwachen.“
Während man den Kollegen Squarepusher eher mit schwitzenden Jazzimprovisationen assoziiert, Aphex Twin mit Horrorsoundtracks und exzentrischem Humor, waren Autechre immer die weltfremden Raumschiff-Helden aus der Zukunft…


Im Laufe ihrer Karriere bastelte das Projekt aus Rochdale, Manchester an immer detaillierteren, schwerer nachvollziehbaren Vorschlägen neuer Musik, die für Aussenstehende häufig nach unattraktiven Soundmanierismen für zurückgezogene Informatiker und Physikstudenten klang. Das abstrakte Artwork, kryptische Tracktitel und Auftritte in kompletter Dunkelheit verstärkten den unnahbaren Eindruck des eigenbrötlerischen Duos noch mehr. Fans der ersten Stunde vermissten zunehmend die harmonischen Klangteppiche der frühen Veröffentlichungen, und für den Dancefloor war diese Musik ohnehin selten zu gebrauchen. Dabei hat das Duo immer wieder den wichtigen Einfluss von Dance-Musik betont, immer wieder Mantronix, Just-Ice oder 808-State als Inspiration erwähnt. Aber eben auch Tod Dockstader und Coil.

Spätestens mit ihrem sehr ruhigen, letzten Album, ‚Oversteps‘, erschienen im März, dürften Autechre einige alte Hörer wieder zurückgewonnen haben, die sich aufgrund der immer komplizierter werdenden Rhythmen abgewendet hatten. Zu Hören war experimenteller Ambient, relativ beatfrei und erstaunlich melodiös. Davon abgesehen scheint das Projekt sich immer spannenderen PR- und Release-Strategien zu widmen: Anlässlich ihrer letzten Veröffentlichung bestritten die beiden Briten eine 12-stündige Radioshow, diverse Live-Auftritte, veröffentlichten ihr Material als Doppel „12, CD, FLAC und Mp3-Album. Hinzu kam ein spezielles DJ-Set für das britische Online-Magazin ‚Fact‘ und ein neues Projekt von Sean Booth mit Mika Vainio (Pansonic) und Kouhei Matsunaga,

Dass Autechre, die sich bisher meistens etwa 2 Jahre Zeit zwischen Neuerscheinungen liessen, nun innerhalb weniger Monate mit „Move of ten“ eine weitere EP mit 10 neuen Stücken abliefern, beweist eine neue, unerwartete Produktivität. Die Qualität hat darunter nicht gelitten.


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