#mehrwissen: Die Wissenschaft des Heavy Metal (Teil I)

s Jahr 2014 hat begonnen und die besinnlichen Tage sind vorbei. Vielleicht hat der ein oder andere noch die Weihnachtslieder im Ohr, die er im trauten Kreis der Familie sang. Falls dieser ein oder andere einen Heavy Metal-Sänger zu seinen Verwandten zählt, hat er womöglich beim Singen seiner Gesundheit einen Gefallen getan, ohne es zu merken. Denn Heavy Metal senkt den Blutdruck, wie kürzlich durch eine Studie bekannt wurde. Doch das ist nicht die einzige wissenschaftliche Erkenntnis zu dieser Musikrichtung. Forscher unterschiedlichster Disziplinen befassen sich mit Heavy Metal, wie ich in dieser und der nächsten Ausgabe von #mehrwissen zeigen werde.

Vor wenigen Jahren noch war Hans-Joachim Trappe, Direktor der kardiologischen Klinik am Marienhospital Herne der Universität Bochum überzeugt, dass Heavy Metal, wenn überhaupt, einen negativen Einfluss auf die Gesundheit habe und aggressiv machen könne. Selbst Pflanzen litten unter der schwermetallenen Musik und gingen gar ein.

Auf einer Pressekonferenz anlässlich des 37. wissenschaftlichen Kongresses der Deutschen Hochdruckliga e.V. im Dezember stellte der Mediziner und ambitionierte Organist Hans-Joachim Trappe nun fest, dass insbesondere klassische Musik den Blutdruck und die Herzfrequenz senke. Doch auch Heavy Metal wirke sich günstiger aus als eine reine Ruhephase. Für die Studie verwendeten die Forscher um Trappe Musik der Band Disturbed.

 

Musik von Abba hingegen zeigte in der Studie mit 120 gesunden Teilnehmern beiderlei Geschlechts und verschiedenen Alters keinen Effekt. Trappe vermutet, dass die synthetische Erzeugung einer der Gründe dafür sein könnte. Er will künftig Musik vermehrt therapeutisch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen einsetzen.

Um ordentliche Metalmusik zu machen, bedarf es – entgegen vieler Vorurteile – einem musikalischen Feingefühl, technischer Finesse und ausreichend Übung. Insbesondere der typische Gesang des Genres stellt sich als Herausforderung für den Sänger dar. Ob Growling (Knurren, Brummen), Grunting (Grunzen), Shouting oder Screaming: All diese Techniken werden dem gutturalen Gesang zugeordnet, also dem Kehlgesang, wobei Abstufungen zwischen der „Kehligkeit“ vom sehr kehligen Growling zum kaum kehligen Screaming bestehen. Bekannter Vertreter des Kehlgesangs ist übrigens das alpenländische Jodeln.

Wie das Knurren und Grunzen entsteht, haben Forscher aus Aachen, dem niederländischen Heerlen, Detmold und Limerick an sieben Death Metal-Sängern untersucht. Sie nutzten Fragebögen, aber auch elektroglottographische Messungen, mit denen sich das Verhalten des Kehlkopfs analysieren lässt. Außerdem schauten sie mit einem in den Hals eingeführten Laryngoskop direkt zu, wie die Metalsänger Laute erzeugten und werteten in einem Phonetogramm das Verhalten der Stimmen in Bezug auf Frequenz und Lautstärke aus.

Die Forscher fanden heraus, dass ihre Probanden zwei verschiedene Methoden zum growlen verwendeten: Einige benutzten die Taschenbänder des Kehlkopfs. Diese dienen in erster Linie dazu, die Luft anzuhalten oder sich zu räuspern und werden auch als falsche Stimmbänder bezeichnet. Andere setzten die aryepiglottische Falte, eine Schleimhautfalte im Rachen ein. Gleichzeitig schwangen beim Growling auch immer die Stimmbänder und zwar in einem festen ganzzahligen Verhältnis zu den Taschenbändern oder der aryepiglottischen Falte von 2:1, 3:1 oder 4:1.

Wer lernen will richtig zu grunzen oder zu knurren, der sollte sich professioneller Hilfe bedienen. Zwar konnten die Forscher der Death Metal-Studie keine Schäden bei ihren Probanden feststellen. Die äußerten jedoch, dass nach zweistündigem Growlen, Grunten, Shouten oder Screamen Abnutzungserscheinungen der Stimme aufträten.

Diese regenerierten sich zwar über Nacht. Um sich die Gesangsstimme nicht durch eine falsche Technik zu versauen, kann man aber zum Beispiel die Dienste von Thomas Fischer in Anspruch nehmen. Der Ex-Metal-Sänger und Biologe ist vermutlich der einzige Shout Coach in Deutschland.

Falls der ein oder andere also einen Heavy Metal-Sänger zu seinen Verwandten zählt und sich letztes Mal mit einem Weihnachtsgeschenk schwer tat: Ein Gutschein für eine Dreiviertel Stunde Grunzunterricht kostet etwa 45 Euro.


Image (adapted) “The Absence (metal blade)“ by RTD Photography (CC BY-SA 2.0)


Die Crew der Netzpiloten in Hamburg und Berlin setzt sich zusammen aus rund zehn festangestellten Redakteuren/innen, festen freien Blogger/innen sowie einigen Praktikanten. Alle Texte der Mitglieder unseres ausgedehnten Netzpiloten Blogger Networks erscheinen direkt unter deren Autorenhandle.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , , , ,

2 comments

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert