Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Linke Links

Die Koalition ist sich einig, dass unbedingt ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger her müsse, das kommerzielle Verlinker zur Kasse bittet. Das ist ein „schwarzer Tag für das Urheberrecht“, und Auswirkungen wird es auch hier geben.


Gute Links, böse Links – und viele Fragen

Bisher ist das Leistungsschutzrecht wenig mehr als eine Absichtserklärung, doch mit den Ergebnissen der Koalitionsrunde dürfte es langsam konkret werden und uns einige spannende Diskussionen bescheren. Im Grunde geht es jedoch hierum:

    Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen. (Koalitionsrundenergebnis-Papier, 4)

Eine Lex Google also, die Geld von erfolgreichen Netzdiensten in die Kassen der Presseverlage spülen soll, weil sie Links mit Beschreibungstexten setzen. Offen bleibt vorerst, wie viel Geld das sein soll und wie die Verteilung organisiert werden soll – und wer überhaupt davon profitieren darf. Bin ich bald auch Presseverleger?

Quellcode mit Links – bald ein teures Vergnügen?

Und wie werden die Suchmaschinen eigentlich reagieren? Eine gute Analyse mit drei möglichen Szenarien hat Patrick Breitenbach drüben für die Karlshochschule geschrieben. Schaue ich mir mein eigenes Nutzungsverhalten an, spielen Verlage darin kaum noch eine Rolle. Es ist nämlich nicht die Marke einer Publikation, die mich zum Lesen eines Artikels verleitet, sondern je nach Situation sein Autor (wenn ich seine Arbeit schätze), eine gute Empfehlung (von Menschen, deren Meinung ich schätze) oder – genau dies – eben ein Aggregator wie das hochgeschätzte Rivva. Ob sich ein solcher Aggregator Leistungsschutzgeld leisten könnte? Oder fliegen Presseverlage jetzt halt aus dem Index raus?

Man wird ja wohl noch sagen dürfen… oder nicht?

Noch schwerwiegender finde ich jedoch, wie hier der Austausch von Meinungen behindert wird, und das noch mit Unterstützung aus Teilen der Politik. Zwar beteuern Vertreter aus ebendieser, dass nicht-kommerzielle Links ohne Lizenz erlaubt sein sollen. Wie man jedoch kommerzielle von nicht-kommerziellen Angeboten abgrenzen soll, darüber schweigt man sich fein aus. Wie unterschiedlich solche Wertungen sein können, kann man beispielsweise aus der feinen Studie der Creative Commons zum Thema herauslesen.

Ungeklärt bleibt schließlich auch, ab wann eigentlich das Leistungsschutzrecht greifen soll – geschützt werden sollen nämlich explizit „die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge oder kleiner Teile hiervon“ (PDF mit den Koalitionsrundenergebnissen, 4). Spannend wäre natürlich zu wissen, wie klein kleine Teile hiervon sind. Vollkommen ungeklärt bleibt auch, wie das mit dem Zitatrecht zusammengehen soll, das ja explizit die inhaltliche Auseinandersetzung mit Texten erlaubt. Michael Kretschmer, Netzpolitiker aus der Union, setzt dem Spektakel dann die Krone auf:

    Zudem müssen sogenannte „Snippets” freigestellt bleiben. Diese Teile einer Webseite, die vom Presseverleger extra für Suchmaschinen und Aggregatoren bereitgestellt werden, können nicht vom Leistungsschutzrecht erfasst werden. Andernfalls entstünde das Problem, dass nahezu jeder, der einen Presseartikel mit einem beschreibenden Text verlinken will, eine Lizenz bräuchte.

Wie bitte? Soll das also auch noch bedeuten, dass Verleger darüber entscheiden, mit welchem Text auf einen Artikel verlinkt werden darf?

Ihr erntet, was ihr sät

Ihr werdet es schon herausgelesen haben: das Leistungsschutzrecht hat eine gewaltige Unsicherheit in mir ausgelöst. Es wird daher von mir vorerst keine Links auf deutsche Verlagsangebote mehr geben. Vielleicht wird ja irgendwann geklärt, wie sich die Verlage dieses Leistungsschutzrecht konkret vorstellen und inwiefern sie die Mehreinnahmen an ihre Autoren weitergeben – dann kann ich entscheiden, ob ich damit einverstanden bin und entsprechende Leseempfehlungen ausspreche.

Bis dahin sehe ich mich gerne in alternativen Angeboten um und arbeite selbst daran mit, solche Angebote aufzubauen. Wer gerne im Parallelnetz seine eigene Suppe kocht, dem soll man nicht beim Würzen helfen.


Dieser Post von Björn Rohles ist zu erst erschienen auf www.jorni.de und steht unter der Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz.

ist Medienwissenschaftler und beobachtet als Autor („Grundkurs Gutes Webdesign“) und Berater den digitalen Wandel. Seine Themenschwerpunkte sind User Experience, anwenderfreundliches Design und digitale Strategien. Er schreibt regelmäßig für Fachmedien wie das t3n Magazin, die Netzpiloten oder Screenguide. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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3 comments

  1. Ich sehe das ganz ähnlich und kann die Unsicherheit sehr gut verstehen.

    Allerdings fände ich es schade, wenn nun viele Nachrichten nicht mehr in Aggregatoren oder in Blogs verlinkt auftauchen würden. Das würde doch den freien Informationsfluss stark einschränken.

  2. Das wäre dann aber die nötige Konsequenz daraus, die eigentlich erfolgen muss. Die Verlage beschweren sich über schlechte Webresonanz und wenig Einnahmen. Wenn nun aber keiner mehr die Seiten verlinkt, würde es folglich auch wieder keine Einnahmen geben und die Resonanz würde auf der anderen Seite sogar noch stärker einbrechen. Eigentlich beißt man nicht die Hand die einen füttert. Dachte ich zumindestens immer.

  3. Ich sehe das ganz genau so. Die Verlage profitieren doch von jedem Link, der zu einem ihrer Webseiten führt. Gemäß Zitatrecht, darf ich bei korrektem Quellennachweis kurz von der Quelle zitieren und muss dann dahin verlinken. In meinen Augen sieht das so aus, als ob auch das zukünftig unter Lizenz gestellt wird. Na dann kriegen halt die Verlage keine Leser mehr von mir.

    Und zum LSR habe ich auch was geschrieben:
    http://www.henning-uhle.eu/wirtschaftsozial/und-der-presseverlag-so-veni-vidi-vici

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