Jugendschutz: JusProg soll Kinder im Web schützen!

StopschildErstmalig hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ein Jugendschutzprogramm als „positiv“ bewertet. Die Rede ist von der Software JusProg, die grundsätzlich den Anforderungen des § 11 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) entspricht. Laut dem KJM Vorsitzenden Prof. Ring ist damit ein wichtiger Schritt getan, um den altersdifferenzierten Zugang zum Internet zu verbessern und Eltern bei der Medienerziehung zu unterstützen. Kritik gibt es allerdings dennoch von Seiten einiger Netzaktivisten, die der Meinung sind, dass der Jugendschutz im Internet eine falsche Richtung nimmt.

Das Programm vom JusProg e.V. soll Kinder von unpassenden Inhalten abschirmen. Das Programm schaltet sich demnach zwischen dem Browser und den Webservern und sperrt Inhalte, die nicht dem Alter gerecht sind. Welches Alter der User besitzt, wird vorher eingestellt. Das Programm arbeitet dabei mit einer Filterliste, die sich aus rund einer Millionen Domains zusammensetzt und in bestimmte Inhalts- und Altersraster einstuft. Sobald der User auf eine Domain geht, wird die Liste entsprechend abgesucht und anhand des voreingestellten Alters entweder ausgegeben oder zensiert. Die Listen wiederum werden von Crawlern erstellt, die anhand einiger Schlüsselwörter (Keywords) Seiten als bedenklich einstufen. Laut JusProg e.V. wird aber jede Seite dann noch einmal einer menschlichen Prüfung unterzogen, um eine ungerechte Zensierung zu vermeiden.

Die Zuordnung ist im besten Fall subjektiv (oder fast zufällig?) und kann natürlich somit auch willkürlich vollzogen werden. So wird z.B. laut dem ZDF Blog Hyperland auch Wikipedia als ungeeignet gehandelt und für Kinder unter 12 Jahren geblockt. Dabei kann man wohl kaum von einer erotischen oder gewaltverherrlichenden Seite sprechen. Auf die Frage hin, wie es zu einem Ranking solcher Seiten wie Wikipedia kommt, gibt JusProg e.V. zu, dass die Kriterien nach der die Webseiten erfasst werden umfangreich und noch in der Erprobung sind und weitergehend auch noch Diskussionsstoff bieten. Man möchte aber klarstellen, dass man sich bei dem Ranking ausschließlich auf die Inhalte und der Jugendschutzrelevanz bezieht und dass auf Geschmäcker oder Meinungen keine Rücksicht genommen wird. Im Fall Wikipedia sicherlich kritisch zusehen, dient die Seite doch eigentlich eher der Aufklärung. Und genau da kommt es meiner Meinung nach nämlich wieder zum Eklat.

Anstatt Kindern das Internet zu zensieren, sollte man wohl eher Kindern das Internet erklären und ihnen von klein auf eine entsprechende Kompetenz mit dem Medium beibringen. Sicherlich haben pornografische und gewaltverherrlichende Seiten keinerlei bildenden Charakter, aber deshalb kann man die Existenz der beiden Themen im Leben und auch auf Wikipedia doch nicht leugnen und sie in die Zensur packen. Das Kriterium „bildender Charakter“ ist jedenfalls kein schwaches Kriterium und sollte auch im Filterprozess einfließen. Ansonsten wird der Jugendschutz nämlich zur Jugendabschottung und bringt auch keinerlei gesellschaftlichen Nutzen!

Wer das anders sieht und die Software gerne nutzen möchte, dem will ich sie allerdings nicht vorenthalten. Ihr könnt sie auf www.jugendschutzprogramm.de runterladen. Viel zu sehen gibt’s dann aber nicht mehr im Netz. Soviel kann ich versprechen.

schreibt seit 2011 für die Netzpiloten und war von 2012 bis 2013 Projektleiter des Online-Magazins. Zur Zeit ist er Redakteur beim t3n-Magazin und war zuletzt als Silicon-Valley-Korrespondent in den USA tätig.


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