Journalist on demand: Innovativer Lokaljournalismus

Eine Innovation im Lokaljournalismus: Leser von „Mittendrin“ können die Redakteure ganz simpel zum Ort des Geschehens rufen – per Knopfdruck und mittels Ortungsfunktion. // von Julian Heck

call-a-journalist-image

Lokaljournalismus muss nicht langweilig, personell unterbesetzt, inhaltlich gähnend leer und altbacken sein. Digitale Neuerungen müssen nicht nur in großen Redaktionen mit finanziell stark ausgestatteten Verlagen im Hintergrund aufkommen. „Mittendrin“, das lokale Online-Magazin im Bezirk Hamburg-Mitte, nutzt im Rahmen der Gefahrengebiet-Berichterstattung ein neues Onlinetool: Call-a-Journalist. Per Knopfdruck können die Redakteure damit an Ort und Stelle gerufen werden. Leserbeteiligung, wie sie deutschlandweit Vorbildcharakter hat.


  • Lokaljournalistische Innovationen können auch in kleinen Redaktionen auftauchen.
  • Mit Call-a-Journalist können Leser Redakteure an den Ort des Geschehens rufen.
  • Open Data City hat das Tool programmiert und als Webseite umgesetzt.

Seit nicht einmal eineinhalb Jahren existiert das Lokalmagazin „Mittendrin“. Über ein Dutzend junge Redakteure stemmen das Projekt und zeigten zuletzt bei der dichten Berichterstattung rund um das Gefahrengebiet, was sie auf dem Kasten haben. Obwohl sich die Einnahmen der Redaktion durch eine taz-Kooperation und wenige Werbepartner noch in Grenzen halten, ist die Publikationsintensität und -qualität erstaunlich. In den letzten Wochen haben die Mittendrin-Macher quasi rund um die Uhr aus und über das Gefahrengebiet berichtet – kritisch und mit aller journalistischen Sorgfalt. Dass sie keinen Redaktionsschluss, keine feste Erscheinungsweise und Platzbeschränkung haben, ist ihr Pluspunkt, weshalb sie sich nicht vor den traditionellen Medienhäusern verstecken brauchen.

Dass hh-mittendrin.de eine gute Arbeit macht, ist auch Marco Maas von Open Data City aufgefallen. Er wohnt in Hamburg und hat sich über das Gefahrengebiet aufgeregt, wie er verrät. Weil er der Meinung ist, dass lokaljournalistisch mehr passieren könnte, als zurzeit passiert, hat er sich kurzerhand mit Kollegen hingesetzt und an zwei Tagen das Onlinetool für Call-a-Journalist programmiert. Im Hamburger Onlinemagazin sah er einen guten Partner, bei dem die Umsetzung seines Tools unkompliziert möglich und Raum für Experimente sei. Der Zusammenarbeit stand nichts mehr im Weg. Das Ergebnis: Jedermann kann auf der dieser Webseite – aufgrund der schnelleren Umsetzung und Nutzung keine App, wie Maas mitteilt – in aller Kürze von seinem Standort aus anonym melden, dass dort gerade etwas passiert. Mittels Ortungsfunktion wird der Redaktion unmittelbar der Standort gemeldet und sie kann einen Redakteur dorthin schicken – und dem Melder eine Rückmeldung geben.

Fünf Mal sei diese Funktion in den letzten Tagen genutzt wurden, so Dominik Brück, stellvertretender Chefredakteur von „Mittendrin“, im Interview auf Lokalblogger.de. Alles habe super funktioniert. Die journalistischen Notrufe seien wertvoll gewesen, womit das Tool seinen Zweck erfüllt. Zwar gebe es immer etwas Optimierungsbedarf, zum Beispiel die Möglichkeit, sich ähnlich einem Chat kurz mit dem Melder austauschen zu können.

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Wie Call-a-Journalist jetzt, nachdem das Gefahrengebiet aufgelöst wurde, weiter genutzt wird, ist laut Brück noch ungewiss. Dass es im journalistischen Alltag seinen Platz finden soll, darin ist sich der junge Chefredakteur aber sicher. Diese Form der digitalen Leserbeteiligung hat Zukunft, gewiss.


Teaser & Image by hh-mittendrin.de


ist freier Journalist, Dozent und Lehrbeauftragter an der Hochschule Darmstadt. Er schreibt über die Themen Medien, Technik und digitale Wirtschaft. Zu seinen Auftraggebern gehören unter anderem etailment.de, LEAD digital, Mobilbranche, das Medium Magazin, MobileGeeks.de und die Friedrich-Ebert-Stiftung. Vom Medium Magazin wurde der Südhesse 2013 unter die "Top 30 bis 30" Nachwuchsjournalisten gewählt. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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4 comments

  1. Digitaler Lokaljournalismus war und ist bei uns auch immer wieder Thema. Mit großem Interesse haben wir uns auch diesen Bericht aus der Praxis gelesen und sind echt gespannt, wie es weitergeht. Vielleicht ist es wirklich ein Modell der Zukunft, denn aktueller und „näher dran“ geht ja gar nicht. Die spannende Frage bleibt natürlich, wie sich solch ein Modell zukünftig finanzieren lässt.

  2. Digitaler Lokaljournalismus war und ist bei uns auch immer wieder Thema. Mit großem Interesse haben wir uns auch diesen Bericht aus der Praxis gelesen und sind echt gespannt, wie es weitergeht. Vielleicht ist es wirklich ein Modell der Zukunft, denn aktueller und „näher dran“ geht ja gar nicht. Die spannende Frage bleibt natürlich, wie sich solch ein Modell zukünftig finanzieren lässt.

  3. Digitaler Lokaljournalismus war und ist bei uns auch immer wieder Thema. Mit großem Interesse haben wir uns auch diesen Bericht aus der Praxis gelesen und sind echt gespannt, wie es weitergeht. Vielleicht ist es wirklich ein Modell der Zukunft, denn aktueller und „näher dran“ geht ja gar nicht. Die spannende Frage bleibt natürlich, wie sich solch ein Modell zukünftig finanzieren lässt.

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