In der Höhle des Löwen? Chat mit der GEZ

Alles neu macht der Februar. Der gewählte Zeitpunkt klingt etwas ungewöhnlich (Projekt nicht rechtzeitig zum Jahresende fertig?), doch nun ist sie da: Die neue Image-Kampagne der GEZ, mit neuem Logo und einem offenen Auftreten den Fragen aus der Bevölkerung gegenüber. Das dazugehörige Forum bot – wenn auch nett gedacht – bisher wenig Anlaß zu positiven Berichten. Doch ist das Forum nur einer der Bestandteile der neuen Kampagne: Antworten soll man in den Experten-Chats mit Mitarbeitern der GEZ erhalten. Der erste Expertenabend war gestern – und wusste durchaus angenehm zu überraschen.

Procedere und Optik

Am Montag, 22. Februar 2010 (17 bis 19 Uhr), stand Adalbert von Cramm (Marketingchef der GEZ) den Fragen der Anwender Rede und Antwort. Das Interface präsentierte sich dabei sehr schlicht und ohne unnötige Hürden – sogar ohne Login. Zunächst fiel positiv auf, dass er sich mit Bild präsentierte und der Chat so persönlicher wirkte.

Wie nicht anders zu erwarten, wurden die Fragen moderiert und zeitversetzt freigeschaltet – etwa eine alle zwei Minuten. Das wurde zwar vom Teilnehmer „Hustler“ kritisiert, scheint jedoch angemessen, um dem Chat eine bessere Struktur zu geben. Hat so zwar nichts mit dem Echtzeit-Feeling zu tun, das man normalerweise bei einem Chat bekommt – ist allerdings gängige Praxis in anderen Experten-Chats.

Die technische Umsetzung des Chats ist verbesserungswürdig. Mehrere Teilnehmer beklagten, dass Teile ihrer Fragen nicht angekommen seien, und von Cramm musste einige Male nachhaken, die Frage doch bitte noch einmal zu senden.

Der GEZ-Experten-Chat: Ein einfaches Eingabeformular mit einem Sicherheitscode reicht für eine Frage

Ans Eingemachte: Die Sache mit der Offenheit

Von Cramms Antworten wussten durchaus zu überraschen: Er bewies Humor und beantwortete wirklich die Fragen ohne große Umschweife – er ging auf die Anderen ein. Natürlich blieb er dabei innerhalb der Möglichkeiten, die ein Chat bietet und die die GEZ wirklich zu verantworten hat: So kann er weder auf den Vorwurf, dass das Programm nicht für die junge Zielgruppe interessant sei, noch auf die Problematik der Gebühr für neuartige Rundfunkgeräte eine pauschale Lösung anbieten. Allerdings bemüht er sich, die Themen aus seiner Sicht zu beleuchten und auch die kritischen Themen nicht totzuschweigen.

Als Fazit bleibt stehen: Der Experten-Chat schafft das, was man sich schon vom Forum gewünscht hätte: direkten Dialog. Von Cramm präsentierte sich als charmanter und kompetenter Chat-Partner. Dass seine Antworten nicht allen gefallen würden – und er an einigen Bestimmungen auch dann nichts ändern könnte, wenn er es wollte – war von vorneherein klar. Doch die Bereitschaft, sich auch den kritischen Nachfragen zu stellen (sofern sachlich vorgetragen), muss positiv hervorgehoben werden. So drängt sich ein Eindruck auf, der in den letzten Wochen geradezu absurd erschien: Ist die Image-Kampagne der GEZ vielleicht doch gelungen? Der Experten-Chat jedenfalls ist es. Die Lernkurve in Sachen Social Media scheint anzusteigen. Was meint ihr?

Bildnachweis: GEZ und Screenshot B. Rohles

ist Medienwissenschaftler und beobachtet als Autor („Grundkurs Gutes Webdesign“) und Berater den digitalen Wandel. Seine Themenschwerpunkte sind User Experience, anwenderfreundliches Design und digitale Strategien. Er schreibt regelmäßig für Fachmedien wie das t3n Magazin, die Netzpiloten oder Screenguide. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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2 comments

  1. Im GEZ-Forum wird der Chat natürlich ebenfalls diskutiert. Der Tenor ist wesentlich negativer als mein Fazit: Behauptet wird, dass Fragen systematisch unterdrückt wurden, die zu negativ gegenüber der GEZ seien. Ich bleibe natürlich dran.
    Wenn ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt, ab damit in die Kommentare!

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