ICQ.. Gibt’s die noch?

icqICQ kennt mit Sicherheit jeder im deutschen Raum, der mindestens der Generation 1990er angehört. Erinnert Ihr euch? ICQ war DER Instant-Messenger schlechthin auf jedem PC und Laptop der neuen Digitalen. ICQ hatte seinen Peak in der Wahrnehmung der Deutschen so in etwa in den Jahren 2000 bis 2005. In der Zeit ging der Messenger jedenfalls bei mir auf Sendung. Seit nun einigen Jahren ist es allerdings still geworden um das israelische Unternehmen und deren Produkt. Nicht unschuldig daran war mit Sicherheit der Siegeszug sozialer Netzwerke wie Facebook (oder StudiVZ) mit deren innovativen Chatfunktionen. Umso mehr verwundert es jetzt, dass die Existenz dieser Social-Web-Raketen dem Projekt auch wieder Auftrieb geben soll. Wie und was sich ICQ da gedacht hat, habe ich nämlich am Wochenende bei einem Hausbesuch erfahren dürfen. Die ICQ-Strategen rundum Mor Yegerman (COO), Moshe Kigler (VP Products), Alexander Erlmeier (Country Manager D,A,CH) und Anna Kainer (Social Media Manager) haben sich nämlich zehn Experten der deutschen (und österreichischen) Blogger-Elite ins Hauptquartier geholt, um mal zu zeigen, woran sie in der letzten Zeit gearbeitet haben. Ich bin zwar kein Mobile-Experte, aber interessiert hat es mich dennoch aus verschiedenen Gründen.

Die Vorteile auf einem Blick.

Getreu dem Credo “everbody, everywhere” möchte ICQ es sich gerne gemütlich machen auf jedermanns Smartphone und in jedermanns Netzwerk. Die Entwickler haben eine App geschaffen, die sowohl auf Android, wie auch auf iOS und ferner auf Windows Phone, RIM und Bada läuft. Die Kommunikation im eigenen kleinen Kosmos soll dann sogar im Facebook-Chat sowie auf Google Talk und den VZ-Netzwerken integrierbar sein und völlig synchron verlaufen können. Da wären wir auch schon beim ersten für mich interessanten Punkt. Die mobile Nutzung wichtiger Social Networks vereint auf einem Interface. Klar, das hat Vorteile, die selbst eingeschworene Whats-App-Nutzer überreden könnten mal wieder den Messenger zu wechseln. Während die VZ-Netzwerke zwar dem Untergang geweiht sind, ist ein beträchtlicher Teil der Nutzer auf Facebook und Google Talk unterwegs und der neue Social-Gedanke sowie die Vereinfachung der Kommunikation ist zeitgemäß und genau im richtigen Moment an den Start gebracht worden.

Mor YegermanZu den weiteren Vorteilen gilt für mich außerdem die Sache mit der Privatsphäre. Denn die Daten (z.B. aufgezeichnete Kommunikation) die ICQ sammelt, werden garantiert gelöscht, sobald der Nutzer es möchte. Ohne wenn und aber, wurde uns versichert. Und nicht unter Einhaltung irgendwelcher Fristen. Ein Vorteil der den Deutschen ganz sicher gefallen und den Vermarkter zuspielen wird. ICQ verzichtet außerdem komplett auf Werbung. So dass ein Aufbau von Profilen zum Zwecke des Target Marketings gar nicht erst zur Debatte steht. Dieser Fakt ist für mich ein zweiter Grund, warum es sich lohnt, die Entwicklung mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Durch einen Spamfilter und dem sogenannten Safeguard möchte das Unternehmen außerdem den Nutzer vor Kontaktanfragen unbekannter Personen auf dem Smartphone schützen. Alles für den User wie es scheint. Doch wie soll sich das finanzieren?

Eher Prestige als harte Zahlen.

Tatsächlich wissen die Macher noch nicht wie und ob überhaupt etwas bei rum kommen soll. Die Messenger-App verzichtet auf Werbung und ist dennoch kostenlos. Eine Mischung die eigentlich nicht mit einander kombinierbar ist. Doch ICQ scheint es egal zu sein. Ob das wohl am Konzern hinter dem Unternehmen liegt? Der russische Internetriese Mail.ru scheint der großzügige Spender zu sein und setzt scheinbar mehr auf Prestige und dem Vertrauen der Deutschen anstatt auf harte Zahlen. Den Untergang geweiht ist dadurch trotzdem keiner. Mail.ru ist zum einen der größte Investor im russischen und osteuropäischen Internetmarkt und seit August letzten Jahres sogar mit 400 Millionen US-Dollar an Twitter beteiligt. Wer das von sich behaupten kann, der hat auch keine Probleme eine kostenlose App wie die von ICQ entwickeln zu lassen und auf sämtliche Bildung von Profilen zu verzichten.

ICQ is still alive!

Nach unserem Besuch in Tel Aviv kann ich nun mit absoluter Sicherheit sagen, dass ICQ noch am Leben ist und es ferner eigentlich auch immer war. Mit in etwa 850.000 mobilen Nutzern und 3,6 Millionen PC-Nutzer muss sich das Unternehmen nicht verstecken. Hat es doch immerhin mehr als doppelt so viele Nutzer als Skype in Deutschland. Doch klar ist auch. Die Zahlen stiegen nicht besonders rasant an in den letzten Jahren. Vergleicht man zumindest die zurzeit überragende Konkurrenz von Whats-App wird deutlich, jetzt zurücklehnen ist genau der falsche Weg. Insofern tat ICQ gut daran, sich ein paar Meinungsmacher aus dem deutschsprachigen Web zuholen und deren neue, sehr gelungenen App vorzustellen.

Wer sich das neue Wunderkind mal runterladen und testen möchte, der kann es auf ICQs Homepage wie gesagt kostenlos tun. Ich selbst war jedenfalls recht angetan. Genau wie Oliver Schwuchow und Daniel Kuhn, wie Ihr auf mobiflip.de und androidnext.de, ebenfalls nachlesen könnt.


Image by Ben Miller (Benm.at)


schreibt seit 2011 für die Netzpiloten und war von 2012 bis 2013 Projektleiter des Online-Magazins. Zur Zeit ist er Redakteur beim t3n-Magazin und war zuletzt als Silicon-Valley-Korrespondent in den USA tätig.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert