Google I/O – Zwischenschritt statt großen Sprung

Gestern begann die 3-tägige Entwicklerkonferenz Google I/O und das kalifornische Suchmaschine-Unternehmen zeigte bereits mehrere Neuerungen. Bisher hat Google sich aber vor allem auf Software-Updates und neue Feature konzentriert – ein neues Android oder ein neues Gerät wurden jedoch vergeblich erwartet.

Bild: Google

Die Eröffnungsveranstaltung dauerte drei Stunden und mutierte zu einem wahren Hightech-Marathon. Über 6.000 Gäste verfolgten Google I/O im Moscone Center in San Francisco. Doch Google überraschte alle mit Updates und neuen Diensten und weniger mit Hardware. Doch dies könnte sich als ein vernünftiger Zwischenschritt im Wettrennen mit den Konkurrenten herausstellen. Google verbessert seine Dienste und stimmt sie besser aufeinander ab als nur ein weiteres Android-Smartphone zu präsentieren.

Am auffälligsten ist das Update von Google Maps. Dem Kartendienst von Google wurde besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Durch das neue Design wirkt der Service aufgeräumter, die Karten stehen im Vordergrund und sämtliche Informationen werden über der Karte angezeigt. Google zeigt auch nur noch bei Bedarf sämtliche Metadaten an und konzentriert sich vor allem auf das, was gesucht wird. Zusätzlich werden Informationen aus Google Earth eingebunden und Sehenswürdigkeiten können in 3D angezeigt werden.

Doch Google nutzt auch die Informationen seiner Nutzer, um den Kartendienst attraktiver zu machen. So werden von Freunden besuchte und bewertete Orte in der Karte mit angezeigt, wie z.B. Restaurants, in die jetzt auch durch die 360-Grad-Ansicht hinein geschaut werden kann. Die Navigation ist ebenfalls verbessert wurden und wenn in wenigen Wochen Android- und iPhone-Nutzer in den Genuss des modernen Google Maps kommen, haben nun endlich auch iPad-Nutzer die Möglichkeit, sich die Karten-App von Google herunterzuladen.

Das App-Universum von Google wird größer

Google Maps gehört zu den beliebtesten Kartendiensten in Internet, andere Google-Dienste können noch nicht mit der Konkurrenz mithalten. Doch Google holt zum breiten Gegenschlag aus. Dabei werden Streaming-Dienste wie Spotify, Foto-Dienste wie Yahoos Flickr, Apples Suchhilfe Siri, diverse Newsaggregatoren und Facebooks News-Hoheit ins Visier genommen. Nachdem Google mit über 900 Millionen angemeldeten Android-Geräten und mehr als 48 Milliarden Apps in Google Play die mobile Konkurrenz abgehängt hat, greift Google nach dem gesamten Bereich von Web-Diensten.

Mit dem Musikstreamingdienst „Google Play Music All Access“, der bereits jetzt in den USA verfügbar ist, bietet Google mehr als 20 Millionen Songs zum Abopreis von 9,99 US-Dollar ab dem zweiten Monat an. Der Spotify-Konkurrent besitzt zugleich eine Radio-Funktion und intelligente Playlisten. Mit einem neue Design für Google+ und mehr als 41 neuen Funktionen soll z.B. die Nutzungserfahrung von Diensten wie Flipboard und Pinterest kopiert werden, um mehr Nachrichten im eigenen sozialen Netzwerk zu bekommen und somit dort Zeit verbringende Leser. Dazu wird die Fotobearbeitung in Google+ ausgeweitet.

Keine neuen Geräte, aber mehr Service

Google stellte keine neuen Geräte vor, wie z.B. ein Nexus 5, ein neues Android-Tablet oder Google Glasses. Dafür wurde ein Samsung Galaxy S4 mit purem Android Jelly Bean 4.2 vorgestellt. Das Google-S4 unterstützt LTE, besitzt 16 Gigabyte Speicher und soll bereits ab Juni für 649 US-Dollar in den USA verkauft werden. Für Applaus sorgte die Ankündigung, dass ab sofort neueste Android-Versionen nicht nur für Nexus-Geräte sofort nach Erscheinen zur Verfügung stehen werden. Damit löste Google ein längst überfälliges Versprechen ein, wie erfolgreich es umgesetzt wird muss abgewartet werden.

Die neue Suche soll auch von Desktop-PCs und Notebooks per Sprachsteuerung möglich sein, ähnlich wie das bereits jetzt schon bei Google Now möglich ist. Auf diese Art sollen auch Mails verschickt und Bildordner durchsucht werden können. Die Suche-App soll aber intelligenter werden und zum Beispiel bei Fragen nach der Entfernung automatisch den eigenen Standort erkennen und die Route berechnen. Fragt ein Nutzer nach der Einwohnerzahl eines Landes, werden automatisch weitere Statistiken und Grafiken zu dem Land angezeigt. Die neue Chat- und Videozentrale namens Hangout bündelt wie versprochen sämtliche Kommunikationskanäle von Google Diensten.

Das Rad wurde nicht neu erfunden

Google hat das Rad nicht neu erfunden und dann spektakulär vorgestellt, sondern erfolgreiche Produkte verbessert, attraktive Dienste ausgebaut und sich auf seiner Stärken konzentriert. Das miteinander vernetzte und nahezu perfekt arbeitende Google-Universum wurde um nützliche Dienste erweitert. Auch wenn viele Nutzer sich neuere Hardware gewünscht haben, hat Google einen längst überfälligen Zwischenschritt eingelegt und alle seine Funktionen miteinander synchronisiert. Dies könnte sich als ein entscheidender Schritt im Wettbewerb herausstellen.

Google zeigt auf seiner Entwicklerkonferenz, dass seine Stärke in den Dutzenden Diensten besteht, die Informationen ihrer Nutzer sammeln, miteinander verbinden und somit jeden Dienst maßgeschneidert auf die Nutzer ausrichtet. Kein Konkurrent kann vergleichbares anbieten, denn Google hat sich zum Anbieter von Diensten für jeden Lebensbereich aufgeschwungen. Die gesellschaftliche Debatte um die Bedeutung von Daten steht noch aus, an Google kann man erkennen, dass sie überfällig ist.

ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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