Game-Kunst: „Das Pixel entfesselt Gefühle“

„Retro hat eine besondere Faszination“: Die Berliner Ausstellung „Supersample: Pixels at an Exhibition“ zeigt Werke, die inspiriert sind von Spiele-Klassikern wie Pac Man, Donkey Kong, Galaga oder Legend of Zelda. // von Angela Gruber

Ausstellung "Supersample: Pixels at an Exhibition" in Berlin

Es ist eine Hommage an die Klötzchengrafik: Die Berliner Ausstellung feierte jüngst zur Gamesweek in Berlin Premiere, sie zeigt die künstlerische Auseinandersetzung mit Games, die heute unter dem Label „Retro“ laufen. Sie will zeigen: Im Rahmen zeigenössischer Kunst müssen auch neue, digitale Räume bedacht und erschlossen werden.

Zu sehen sind künstlerische Interpretationen von frühen Spielen und ihren charakteristischen 8-Bit-Pixelgrafiken. Werke von über 20 internationalen Künstlern, Illustratoren und Gaming-Fans werden ausgestellt. Deren Objekt: die Lieblings-Games ihrer Jugend. Die Mittel der Wahl sind unterschiedlich. Es gibt Fotokunst, Acrylarbeiten und 3D-Illustrationen zu sehen.

Warum aber nur in Erinnerungen an Games-Klassiker schwelgen?

Oliver Knagge ist der Kurator der Ausstellung und sagt: „Retro hat eine besondere Faszination. Früher waren die Spiele einfacher, aber wurden umso intensiver gespielt, vielleicht auch aus Mangel an Alternativen. Diesen starken Bezug zu den einzelnen Titeln, einzelnen Charakteren, gibt es glaube ich heute nicht mehr.

Wer heute an die Games von damals zurückdenke, dem sei vor allem das kleinste Teilchen des Mediums, der Bildpunkt, das Pixel, in Erinnerung geblieben. „In der Frühzeit der Videospiele, in den 1980er- und 1990er-Jahren, dominierte das Pixel aufgrund seiner Größe und begrenzten Farbigkeit den von uns beim Spielen wahrgenommenen optischen Eindruck. Das Pixel entfesselte Gefühle, setzte sich in unseren Erinnerungen fest.

Trotz aller Erinnerungen an die Zeit von damals könnten auch neuere Spiel durchaus als Kulturgut oder Objekte der Medienkunst gelten, so Knagge. Auch neuere Spiele würden als Medienkunst-Objekte gehandelt und mit Ausstellungen in Museen bedacht. „Dabei geht es meist nicht um die ‚SystemSeller‘, sondern es handelt sich vorwiegend um kleine Indie-Spiele, Serious Games oder Spiele aus kleineren Software-Häusern.“ Als aktuelle Beispiele nennt Knagge Games wie Flower oder Journey auf der Playstation 3.

Knagge hat einige Stücke aus seiner persönlichen Computer- und Videospielesammlung beigesteuert zur Ausstellung, die eine Kooperation zwischen Computerspielemuseum und der Stiftung Digitale Spielkulturen ist. „Computer- und Videospiele haben sich in dieser kurzen Zeit zu einer der wichtigsten Unterhaltungsformen entwickelt, sind Wirtschaftsfaktor, Technologietreiber und Ausdruck menschlicher Kreativität„, sagt er. Und natürlich sind sie auch Kunst, findet er.

Wer kreativ arbeitet ist Künstler, sagt Kurator Knagge.

Die Diskussion über Games als Kunst ist schon eine Weile alt. 2005 sagte der Filmkritiker Roger Ebert, dass Games niemals Kunst sein könnten. Inzwischen hat sich aber einiges getan und das New Yorker Museum of Modern Art hat Spiele wie Pac Man längst als außergewöhnliche Beispiele interaktiven Designs gewürdigt und in seine Sammlung aufgenommen.

Game Over für die Skeptiker, findet auch Knagge. „Videospiele sind anerkanntes Kulturgut. Und wer kreativ arbeitet, darf sich eigentlich auch als Künstler sehen. Hier werden faszinierende Welten geschaffen, die die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verwischen, die uns fesseln, Emotionen in uns wecken und inspirieren.

Die Ausstellung ist recht klein und taugt nicht für Besucher, die eine nachmittagsfüllende Museumstour unternehmen wollen, dafür ist sie aber kostenlos. Wer keinen Bezug zur Gaming-Kultur hat, dem dürfte es schwer fallen, sich anhand der gezeigten Werke ihre Faszination zu erschließen. Schön ist aber, dass die Ausstellung Besuchern nicht nur die Rolle des Betrachters zuweist. Denn: Es kann auch gespielt werden.

Ein bisschen peinlich berührt bin ich ja schon, als der alte Pac-Man-Automat laut in der hallenden Räumlichkeit losdudelt, aber dann erscheint auch schon die erste Kirsche auf dem pixeligen Display vor mir und ich schicke meinen Pac-Man durchs Labyrinth, weiche Gespenstern aus und werde dann doch gefangen. Ich bin aus der Übung. Ganz klar. Neue Runde.

Ausstellung: „Supersample – Pixels at an exhibition„, noch bis zum 5. Juni 2015, Alte Feuerwache, Marchlewskistraße 6, 10234 Berlin, Eintritt frei.


Teaser & Image „Supersample: Pixels at an Exhibition“ by Angela Gruber


ist freie Journalistin und wurde an der Deutschen Journalistenschule in München ausgebildet. Auslandsaufenthalte in Israel und Washington, DC. In ihrer Arbeit geht es meistens ums Netz - egal ob für Zeit Online, den Tagesspiegel oder den Elektrischen Reporter. Sie bloggt unter netzkolumnistin.de und ist als @netzkolumnistin auf Twitter unterwegs.


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