„Fakt ist…!“ über die Generation Y und modernes Arbeiten

Politiksendungen werden leider immer nur auf die meist schlechten Formate in der ARD oder im ZDF begrenzt, die diese Aufmerksamkeit nur selten durch Qualität rechtfertigen. Ganz anders als manche Sendung in den Dritten, wie zum Beispiel die Sendung „Fakt ist…!“ des Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), die sich gestern mit dem Thema „Generation Y“ beschäftigte.

„Fakt ist…!“-Moderatorin Anja Heyde hatte für die interessante Sendung mit dem etwas unglücklich gewählten Titel „Frech, faul, fordernd – die Generation Y“ neben Prof. Dr. med. Christian Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Rostock, und dem Personalmanager Thomas Eggert, auch die Bloggerin Steffi Burkhart zu Gast.

 

Besonders interessant war der doch meist in der allgemeinen Debatte vernachlässigte Fakt, dass die Generation Y weniger mit dem Alter als vielmehr mit der persönlichen Einstellung zur Arbeit und auch dem Zugang zum Internet zu tun hat. Eggert wies daraufhin, dass die Einstellung zur verantwortungsvolleren Gestaltung der Arbeit nicht nur bei Jugendlichen existiert, sondern auch bei vergleichsweise älteren Angestellten: „Das ist nicht nur ein Thema der älteren Generation, warum soll nicht auch ich am Strand übers Internet meinen Job machen?“ Die Generation Y ist Begriff für eine bestimmte Denkweise, nicht für ein alterstechnische Gruppenzugehörigkeit.

Die in der Sendung angesprochenen Klischees – vom Strand aus arbeiten – oder die als positives Beispiel vorgestellten Firmen – Spreadshirt aus Leipzig und Elbdudler aus Hamburg – zeigten, dass es bei der Generation Y, neben der Denkweise, auch um den Zugang zum Internet geht. Die durch die globale Vernetzung entstehenden Möglichkeiten des grenzenlosen Arbeitens, die viele Jugendliche schon im Privatleben kennenlernen, werden auch am Arbeitsplatz eingefordert. Wird zum Beispiel schnell und unkompliziert mit Freunden kommuniziert, werden Restriktionen auf Arbeit nur schwer akzeptiert. Der Einsatz von Messengern für die interne Kommunikation und ortsunabhängiges Arbeiten sind nur zwei Beispiele für den Wandel.

Ein weiterer Gast der Sendung war der Tischlermeister Frank Bögelsack, der etwas uncharmant an die analogen Berufe erinnerte, vor allem im Handwerk, in denen sich die Vorstellungen der sogenannten Generation Y angeblich nicht umsetzen lassen. Zum Teil stimmt das sicher, denn während sich viele Medienkompetenzen privat schon vor dem Berufsleben angeeignet werden können, ist dies bei einem Handwerk natürlich nur teilweise und vor allem nur mit Disziplin möglich. Doch auch in einer Tischlerei oder einer Bäckerei gibt es Spielräume, wie die Bloggerin Steffi Burkhart anmerkte: „Es gibt immer verschiedene Stellschrauben, an denen ich als Unternehmen schrauben kann, um sich eben intern als auch nach außen attraktiv zu machen.“ Mobiles und zeitunabhängiges Arbeiten gehören sicher nicht dazu, durchaus aber auch individuelle Möglichkeiten der Selbstverwirklichung. Lehrjahre müssen deshalb noch keine Herrenjahre sein, aber es könnten auch Jahre der freien Entwicklung sein.

Nicht alle Mitglieder der Generation Y sind, egal ob analog (die Arbeit wird pünktlich erledigt, egal wann ich das mache) oder digital (die Arbeit wird pünktlich erledigt, egal von wo ich das mache), sind natürlich Musterbeispiele für die neuen Angestellten, doch die schwarzen Schafe, wie es in der Sendung hieß, sind kein Grund die Veränderungen per se abzutun. Burkhart merkte passenderweise an, dass sie sich bei der oft pauschalen Kritik an vermeintlich faulen und frechen Jugendlichen oft fragt, „warum sind denn junge Leute so, woher kommt das, welche Vorbilder haben den junge Menschen und nehmen wir jungen Menschen nicht die Perspektive und den Mut auch wirklich in die Zukunft zu gucken?“ In einen ehrlichen Antwort darauf steckt wohl das eigentliche Problem. Vielleicht kann eine mehr Freiheiten gebende Arbeitswelt auch ganz neue Motivationen bei Jugendlichen wecken.


Image (adapted) „Interrail 07 – D10B – WiFi“ by Mr. Theklan (CC BY-SA 2.0)


ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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