Facebook sperrt die Fan-Seite des Magazins Cicero

Wieder einmal ist ein deutsches Medium in seiner freien Berichterstattung an den Richtlinien des sozialen Netzwerks Facebook gescheitert – diesmal traf es den Cicero. // von Tobias Schwarz

cicero_image

Das politische Magazin Cicero hat auf seiner Website einen Artikel über das Thema Abtreibung als Frauenrecht veröffentlicht und den Bericht mit einem Bild von protestierenden Aktivistinnen versehen, die im Stil der Femen-Bewegung „oben ohne“ demonstrieren. Als der Artikel von Andrea Dernbach im sozialen Netzwerk Facebook geteilt wurde, ist die Facebook-Seite des Magazins gesperrt wurden. Wieder einmal kommt es zum Konflikt zwischen Nutzungsbedingungen und dem Social Media-„Zwang“ der Berichterstattung.

AGBs vs. Pressefreiheit

Wir bitten unsere Leser um Entschuldigung. #Facebook hat offenbar unsere Seite wegen eines Artikels gesperrt:…twitterte Cicero heute Mittag. Es ging um den Artikel „Abtreibung ist ein Frauenrecht“ von Andrea Dernbach. Facebook hat aber die Seite des Cicero nicht wegen dem Artikel gesperrt, sondern vielmehr wegen dem Artikelbild, dass nackt demonstrierende Aktivistinnen zeigt. Zwar sollen Nutzer laut Facebookdie Freiheit besitzen, alle Informationen, die sie teilen möchten, in jedem Medium oder Format mit anderen teilen zu können„, bei nackter Haut – im Gegensatz zu Rassismus und Rechtsextremismus – hört diese von Facebook nur gewährte Freiheit aber auf.

Dies ist problematisch, denn Facebook ist ein Privatunternehmen und keine anerkannte Instanz der Pressefreiheit. Allgemein kann natürlich darüber diskutiert werden, wie Medien in Deutschland mit der Zuschaustellung von nackter Haut oder Gewalt umzugehen haben, aber das ist eine Debatte, die wir als Gesellschaft führen müssen oder die Medien an sich im Plenum des Presserat, der als freiwilliges Selbstkontrollorgan der deutschen Presse fungiert. Einen ähnlichen Vorfall gab es erst im Dezember vergangenen Jahres, als die Facebook-Seite der ZDF-Nachrichtensendung „heute“ – wie der Cicero nicht dafür bekannt, zu Hass und Gewalt aufzurufen oder pornographisches Material zu verbreiten – gesperrt wurde, nachdem es einen Beitrag über medizinische Brustimplantate teilte, in dem das Bild einer weiblichen Brust zu sehen war. Das ZDF schrieb nach der Freischaltung, dass das Programm auf der Website des Senders „ungefiltert und unzensiert durch US-amerikanische Medienkonzerne“ zu sehen ist.

Wo wollen wir Informationen finden?

Mit dem Wandel des sozialen Netzwerks zu einem Medienunternehmen, dass durch den eigenen Newsfeed und die Richtlinien bestimmt, was die Nutzer zu sehen bekommen und was nicht, könnte Facebook sich immer mehr zu einem gesellschaftlichen Problem entwickeln – ausnahmsweise einmal abseits von Datenschutz. Von der Presse ist ein Verzicht auf die Reichweite durch die Nutzung von sozialen Netzwerken wohl kaum zu erwarten, denn sie richten sich nach der simplen Logik, da zu sein, wo ihre Leserschaft ist. Wir Leserinnen und Leser müssen deshalb unseren Medienkonsum bewusster gestalten und aktiver nach Informationen suchen. Dafür können auch praktische Tools wie RSS-Reader genutzt werden, die Beitrags-Feeds von Medien auslesen können. Wichtig ist nur, Informationen in einem offenen und freien Bereich zu lesen und nicht in geschlossenen Netzwerken.


Teaser & Image via Twitter (Screenshot des Tweets vom Cicero)


ist Coworking Manager des St. Oberholz und als Editor-at-Large für Netzpiloten.de tätig. Von 2013 bis 2016 leitete er Netzpiloten.de und unternahm verschiedene Blogger-Reisen. Zusammen mit Ansgar Oberholz hat er den Think Tank "Institut für Neue Arbeit" gegründet und berät Unternehmen zu Fragen der Transformation von Arbeit. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , ,

5 comments

  1. Nachdem seit 2005 das neue amerikanische Gesellschafts- und Wirtschaftssystem „Plutocracy“ und „Plutonomy“ auf der Grundlage der vom global strategist Ajay Kapur entwickelten Geldwirtschaftsdiktatur als schriftliches Dokument nach den strategischen Konteninhabern, den Share- und Stakeholder sowie den zahlreichen politischen Klientelvertretern in Abgeordnetenhaus und Senat auch einer breiteren Öffentlichkeit verfügbar und damit bekannt gemacht wurde, sollten wir verstehen, wie diese Neue Geldwirtschaftsdiktatur in der Praxis funktioniert, welchen fundamentalistischen Dogmen zu folgen ist, um nicht mit den Staatsicherheitsorganen und inoffiziellen Mitarbeitern dieser Organe, z.B. facebook, zu kollidieren.

    Statt wie früher der stalinistischen Kaderfunktionärsplanwirtschaftsdiktatur, stehen wir heute der kannibalkapitalistischen Kaderfunktionärsfinanzkapitalplanwirtschaftsditktatur gegenüber.

    Eine schlimme Einsicht, ein grauenvolles Zukunftsszenario.

  2. Wen wundert das denn noch??? „Gesichtsbuch“ ist ein amerikanisches Unternehmen und hat demnach, wie die Amis generell, nicht nur mit nackter Haut, sondern mit Körper & Kontakten Probleme. Da sind Bilder und Filme von Folter und anderen Grausamkeiten doch harmloser und damit zeigbar.
    Nur die ungenierten Bilder der Nutzer, ja die werden direkt zur NSA weiter gesandt, für „Freunde“ bzw. Leute für die es eigentlich gedacht war, dann aber gesperrt.
    So sind sie halt, unsere Amis … sie können nichts dafür!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert