Ein neuer Tag

Brauchbare Kategorien zu finden, in die man große Informationsmengen zergliedern kann, ist eine ordentliche Herausforderung. In den Bibliotheken von etwa 180 Ländern der Erde wird beispielsweise die 1873 von Melvil Dewey eingeführte Dewey Decimal Classification (DDC) [1] verwendet. Sie ordnet alles Wißbare von 10 Hauptgruppen ausgehend, die sich in jeweils 10 Untergruppen verzweigen, deren jede wiederum in 10 Unteruntergruppen, undsoweiter. Ein Nachteil der DDC ist, dass für Ihre Nutzung Lizenzgebühren an die amerikanische Kongreßbibliothek zu entrichten sind [2], deren Folgekosten nicht absehbar sind.

Mit der Digitalisierung kamen Suchmaschinen und Webkataloge und -Listen wie Yahoo!, für die eine eigene Redaktion handgesiebte lexikalische Ordnungen herzustellen versuchten. Was in welcher Abteilung untergebracht wird, ist allerdings für viele Nutzer nach wie vor schwer nachzuvollziehen. Suchmaschinen andererseits werfen Ergebniskonvolute aus, die oft ungenau sind oder aufwendige Nacharbeit erfordern.

Nun haben wir eine neue Art der Nutzbarmachung von Information: Tagging [3]. Tagging heißt, Information nicht mehr nach vorgegebenen Kriterien zu strukturieren, sondern die Leute selbst über die Zuordnungen bestimmen zu lassen. Mit den zugehörigen anklickbaren Wortwolken (“tag clouds” [4]) haben die Tags gleich ein elegant benutzbares Symbol gefunden.

In absehbarer Zeit könnten die anwachsenden Tag-Strukturen auch einen Suchmaschinen-Monolithen wie Google in etwas anderes verwandeln – oder ablösen. Durch die uneigennützig erstellten Zuordnungen und Bewertungen werden bestehende Informationskonvolute deutlich aufgewertet. Man wird sehen, ob die Nutzer es sich einfach gefallen lassen werden, wenn Google ihr Gemeinschaftswerk zu nutzen versucht, um für sich einfach weitere Werbeeinnahmen zu erwirtschaften.

[1] http://www.ddc-deutsch.de
[2] http://www.oclc.org/dewey/versions/webdewey/
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Tagging
[4] http://de.wikipedia.org/wiki/Wortwolke

Ein Gast-Beitrag von PETER GLASER, 1957 als Bleistift in Graz geboren, wo die hochwertigen Schriftsteller für Export hergestellt werden. Lebt als Schreibprogramm in Berlin. Mitglied des Chaos Computer Clubs (alter Datenadel). Für Titelerzeuung seines Buchs ‚Geschichte von Nichts‘ 2002 mit dem Ingeborg Bachmann-Preis ausgezeichnet.

ist Journalist und Berufsblogger. Blogger ist Gigold bereits seit den letzten Dezembertagen des Jahres 2000, seit 2005 verdient er sein Geld mit Blogs und arbeitete u.a. für BMW, Auto.de und die Leipziger Messe. Selbst bloggt Gigold unter medienrauschen.de über Medienthemen. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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