Ein Käfig voller Narren

Shakespeare untertrieb, als er festhielt, die ganze Welt sei eine Bühne.

Sie ist vielmehr ein offensichtlicher Querschnitt eines Irrenhauses, in dem die Kranken die Gesunden mit fehlgeleiteten Mitteln zu therapieren, zu manipulieren und zu kontrollieren suchen. Wer die Führungsreigen unserer gedrittelten Welt mal unter die Lupe nimmt, der findet sie in persönlichkeitsgestörter Lehrbuchmanier aufgereiht: die Paranoiden, die Schizoiden, die Dissozialen, die Borderliner, die Histrioniker, die Narzissten, die Anankastiker und so weiter und so fort.

Im politiktheoretischen Idealfall hat ein Kollektiv an meinungsmündigen Bürgern dem kranken Bock die Gärtnerschere ausgehändigt, auf dass er die Blumen in ihrem Garten Eden hinrichte.

In allen weiteren Fällen hält das Kollektiv der volkslegitimierten kranken Böcke den ganz schwarzen Schafen so lange die Harke, bis es zur grossangelegten Patientenrevolte kommt. Wer Wahnsinn sät, wird Terror ernten…

Man muss dieser Tage kein konsequenter Verfolger diverser Verschwörungstheorien sein, um die perfiden Strukturzusammenhänge zu erahnen, die sich aus der üblen Verquickung von Geld, Macht und der Instrumentalisierung des Glaubens über die Jahrhunderte gebildet und verfestigt haben.

Man muss ebenfalls keine systematische Untersuchung der rhetorischen Mittel vornehmen, der sich die politische und die mediale Kommunikation vielerorts bedient, um zu erkennen, dass der tatsächliche Inhalt hinter einer Fassade von Wörtern zur Unkenntlichkeit zerfasert wird.

Wir feiern die Erfolge der realen sozialen Vernetzung in der arabischen Welt und verweigern gleichzeitig eine reale soziale Beteiligung an unserer gesamten Welt, wenn wir weiter auf unseren sedierten Hintern in der Einzelzelle hocken bleiben und uns den Fragen verwehren, die wir stellen sollten. Die Fragen nach dem Wer, dem Wie, dem Was, dem Warum und Wozu. Und dem Wohin. Horaz und Kant haben ihr „Sapere aude!“ in unsere Köpfe hineingeschrieben. Der Mut, sich seines eigenes Verstandes zu bedienen. Das Wagnis, zu wissen.

Fremdverordnet oder selbstverschuldet – wir müssen uns dem wüsten Pillen-Cocktail aus Schuld, Sühne, Konsum, Isolation, Terror und geistiger Diktatur entziehen, um dem gerecht zu werden, was uns inne ist: Die Fähigkeit zum kritischen Vernunftgebrauch.

Denkt.
Lebt.
Wagt.

Es ist an der Zeit.

 lebt als freie Journalistin in Hamburg. Nach ihrem Studium der Deutschen Sprache und Literatur und der Politischen Wissenschaft an der Uni Hamburg widmet sie sich dem freien Schreiben und ungewöhnlichen Gedanken. Privat auch in ihrem Blog FREISTIL.


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1 comment

  1. Hallo Julia,

    Durch Zufall bin ich auf Diesen Blog gestossen, und muss sagen : Chapeau!!!!

    Du hast einen guten Stil, der macht, dass man mehr lesen möchte! Weiter so!

    Grüße aus dem Karoviertel
    Kai

    PS: Lies mal „Das Geld“ Emile Zola.

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