Von lebenden Computern zu Nanorobotern: Wie wir uns die DNA über die Genetik hinaus zu Nutze machen.

Die DNA ist eines der faszinierendsten Moleküle, die die Natur zu bieten hat. Sie allein beinhaltet die Möglichkeit, all die Information zu tragen, die nötig ist, um nahezu jede Art von Leben auf der Erde zu erschaffen, und das in mikroskopischer Form. Gerade jetzt finden Forscher Möglichkeiten, DNA darüber hinaus zu verwenden, indem sie sie nicht nur als Informationsspeicher, sondern auch um physische Komponenten in einer Reihe biologischer Maschinen zu erschaffen, nutzen.

Desoxyribonukleinsäure oder „DNS“ (Englisch: DNA, von Deoxyribonucleic acid) trägt die genetische Information, die wir und alle lebenden Organismen zum Leben und Funktionieren brauchen. Normalerweise kommt sie in der berühmten Doppelhelix-Form vor, also zwei Einzelstrang-DNA-Molekülen, die zu einer Spirale gefaltet sind. Jeder dieser Stränge besteht seinerseits aus vier verschiedenen molekularen Komponenten: Adenin (A), Guanin (G), Thymin (T) und Cytosin (C).

Gene entstehen aus bestimmten Sequenzabfolgen dieser Bausteine. Die genetische Information ist codiert durch die Reihenfolge, in der die Bausteine in einem DNA-Strang aufgebaut sind. Durch das präzise Erstellen verschiedener Sequenzen aus A, G, T und C konnten Forscher zuletzt neue Faltmöglichkeiten der DNA entwickeln, zum Beispiel verschiedene Origami-Formen, also weit über die gewöhnliche Doppelhelix hinaus.

Dieser Ansatz hat neue Möglichkeiten eröffnet, DNA über ihren genetischen und biologischen Nutzen hinaus zu verwenden, sie wie Lego-ähnliches Material zum Bauen von Objekten zu verwenden, deren Durchmesser im Nanobereich nur einige wenige Milliardstel eines Meters misst. DNA-basiertes Material wird nun für eine Vielzahl verschiedener Anwendungen verwendet, die von Schablonen für elektronische Nanotechnologiegeräte zu Möglichkeiten, wie Medikamente genau zu erkrankten Zellen gebracht werden können, reichen.

DNA-basierte Nanothermometer

Technische Geräte zu entwerfen, die nur einige Nanometer groß sind, ermöglicht eine Vielzahl von Anwendungen, macht es aber auch schwerer, Mängel zu erkennen. Um dies zu umgehen, haben sich Forscher der Universität Montreal DNA zu Nutze gemacht, um ultrasensitive Thermometer im Nanoskalenbereich zu entwerfen, die dabei helfen könnten, winzige Hotpots in Nano-Geräten zu finden (die auf einen Mangel hinweisen könnten). Sie könnten außerdem genutzt werden, um die Temperatur innerhalb lebender Zellen zu beobachten.

Die Nano-Thermometer sind aus DNA-Schleifen gemacht, die als Schalter fungieren, sich also als Antwort auf Temperaturänderungen falten oder entfalten. Diese Bewegung kann sichtbar gemacht werden, indem optische Sonden an die DNA angehängt werden. Die Forscher wollen diese Nano-Thermometer nun in größere DNA Geräte einbauen, die im menschlichen Körper funktionieren können.

Biologische Nanoroboter

Forscher der Harvard Medical School nutzten DNA, um einen Roboter in Nanogröße zu erstellen und zu bauen, der als Medikamententransportmittel zu spezifischen Zielzellen fungiert. Der Nanoroboter ist aus einem Zylinder aus DNA gemacht, dessen zwei Hälften über ein Scharnier verbunden sind, das durch spezielle DNA-Bügel geschlossen gehalten wird. Diese Bügel können Kombinationen spezifischer Proteine auf der Oberfläche von Zellen erkennen, inklusive solcher, die mit Krankheiten assoziiert sind.

Wenn der Roboter mit den richtigen Zellen in Kontakt kommt, wird der „Behälter“ geöffnet und die Ladung abgeliefert. Als die Roboter zu einer Mischung aus gesunden und krebsbefallenen menschlichen Zellen gegeben wurden, zeigten sie die Fähigkeit, die Hälfte der Krebszellen zu finden und zu zerstören, während die gesunden Zellen unversehrt blieben.

Bio-Computer bei lebenden Tieren

Weil DNA-Strukturen als Schalter fungieren können, die sich von einer in eine andere Position bewegen, können diese genutzt werden, um logische Operationen auszuführen, die Computerkalkulationen möglich machen. Forscher an der Harvard und der Bar-Ilan-Universität in Israel nutzten diesen Prinzip, um verschiedene Roboter in Nanogröße zu bauen, die miteinander interagieren können, indem sie ihre DNA Schalter zum Reagieren auf und Produzieren von verschiedenen Signalen nutzen.

Darüber hinaus pflanzten die Wissenschaftler die Roboter in lebende Tiere ein, in diesem Fall in eine Küchenschabe. Dies erlaubte ihnen, eine neue Art biologischen Computer zu entwickeln, der die Abgabe von therapeutischen Molekülen in der Küchenschabe kontrollieren kann, indem Elemente seiner Struktur auf „An“ oder „Aus“ geschaltet werden. Nun wird eine Studie geplant, die diese DNA Nanoroboter bei Menschen testen soll.

Licht einfangende Antennen

Wie die DNA dafür genutzt werden kann, winzige Maschinen zu bauen, kann sie auch eine Möglichkeit für uns bieten, natürliche Prozesse im Nanobereich zu kopieren. Die Natur kann zum Beispiel Energie aus der Sonne gewinnen, indem die durch Photosynthese Licht in chemische Energie umsetzt, die als Treibstoff für Pflanzen und andere Organismen fungiert (und die Tiere, die diese essen). Forscher an der Arizona State Universität und der Universität der British Columbia haben nun eine dreiarmige DNA Struktur erschaffen, die Licht fangen und übertragen kann und damit diesen Prozess imitiert.

Photosynthese funktioniert in lebenden Organismen aufgrund von winzigen Antennen, die von einer großen Anzahl an Pigmentmolekülen in bestimmter Ausrichtung und Abstand zueinander gebildet werden und die die Fähigkeit besitzen, sichtbares Licht zu absorbieren. Die künstliche DNA-basierte Struktur arbeitet ähnlich wie diese Antennen, indem sie die Position spezifischer Farbstoffmoleküle kontrolliert, die die Lichtenergie absorbieren und zu einem Reaktionszentrum leiten, wo sie in chemische Energie umgewandelt wird. Diese Arbeit könnte den Weg ebnen für Geräte, die es schaffen, diejenige Energiequelle, die wir am reichlichsten frei zur Verfügung haben, effizienter zu nutzen: das Sonnenlicht.

Was kommt also als nächstes in der DNA-Nanotechnologie? Das ist schwer zu sagen, aber mit der DNA hat uns die Natur ein sehr vielseitiges Werkzeug zur Verfügung gestellt. Es liegt nun an uns, daraus das Beste zu machen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „The Conversation“ unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image „DNA“ by PublicDomainPictures (CC0 Public Domain).


ist seit September 2013 Dozent der Chemie und Hauptuntersuchungsleiter an der Schule für biologische und chemische Wissenschaften der Queen Mary Universität in London.


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