Wie digitale Medien unsere Häuserfassaden verändern

Wenn ich abends über die Skyline von Melbourne schaue, kann ich mindestens vier Hochhäuser-Fassaden sehen, die digitale Medien beinhalten. Sie sehen beinahe lebendig aus und flackern fast wie Diamanten. Das können wir auf der ganzen Welt sehen. Gebäude, die darum zu wetteifern scheinen, welches am meisten mit ihrem überwältigenden Erscheinungsbild beeindruckt.

Die Architektur hat heute durchaus Möglichkeiten wie nie zuvor. Die Städtepolitik muss daher mit diesen Entwicklungen mithalten. Unsere Häuser wurden immer schon dazu verwendet, um unser kulturelles Selbstverständnis und unsere Normen und Werte darzustellen. Im alten Griechenland vermittelten Statuen, die um die Gebäude herum angesiedelt waren, Geschichten vom Heldentum. Bei den gotischen Kirchenbauten sollten filigrane Verzierungen von Gott erzählen. Und der Prunk der Barock-Architektur zielte darauf ab, Macht, Triumph und Wohlstand zu veranschaulichen.

Im Laufe der Zeit wurden die Fassaden von den tragenden Strukturen getrennt. Sie fingen an, als unabhängige Häute zu fungieren, und wurden zum Subjekt von materiellem, formellem und technologischem Experimentieren. Heutzutage rühmt sich Architektur oft mit dynamischer Beleuchtung, die die äußere Erscheinung verwandeln kann. Dieses Phänomen ist als Medienarchitektur bekannt.

Manche Architekten gingen soweit, dass sie Fassaden in interaktive Leinwände für kreativen Ausdruck verwandelten. Andere benutzen die Fassaden dazu, um Umgebungsdaten wie die Wettervorhersage, die interne Leistung oder den Energieverbrauch anzuzeigen.

Medienarchitektur als Verkaufsargument

Die Miniaturisierung, eine verbesserte Energieeffizienz und eine mehr und mehr erschwingliche Lichttechnologie, haben die Palette von architektonischer Gestaltung erweitert. Als Ergebnis werden Fassaden zu Oberflächen, die unendlich anpassungsfähig und reaktiv sind.

Architektur kann nun besser auf unerwartete Anforderungen eingehen und zu einer Plattform für Kreativität werden. In den schnell wachsenden Immobilienmärkten wie China, Südkorea und Australien erkennen Immobilienentwickler den Wert von Medienarchitektur. Sie wenden abstraktes Licht an, um mit ihrem äußeren Erscheinungsbild hervorzustechen.

Mit digitalen Medien augestattete Fassaden erleuchten nun die Stadt. Sie machen aus normalen Gebäuden dynamische Wahrzeichen. Eine gut durchdachte leuchtende Gebäudehülle, die abstrakte digitale Darstellungen abbildet. Auch sie kann einen kulturellen Beitrag zu einer Stadt leisten.

Das Melbourner Planungsschema und die Sydney-Richtlinien für öffentliche Kunst lassen die Medienarchitektur als kulturellen Beitrag zu neuen Entwicklungen zu. Wir werden mit neuen städtischen Perspektiven versorgt, während unsere Gebäude die Stadt einfärben. Die dynamische Beleuchtung kann zu einem Gefühl der Sicherheit beitragen. Sie kann einen kreativen Absatz liefern oder eine geteilte Plattform zum Spielen erschaffen.

Daher ist das Schaffen einer „guten“ Medienarchitektur eine komplexe Designaufgabe. Sie erfordert Expertise in architektonischem Design, städtischem Design, Interaktionsdesign, Lichtplanung, Benutzererfahrung und gesellschaftlichem Engagement.

Die Planungspolitik muss sich anpassen

Die Städtepolitik beurteilt die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Vorzüge neuer Entwicklungen. Sie hat zum Ziel, sicherzustellen, dass Architektur ein qualitativ hochwertiges öffentliches Reich für heutige und zukünftige Generationen schafft.

Die Politik wird regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht, um dringende Bedürfnisse und Möglichkeiten zu berücksichtigen. Unsere Städte regen immer öfter Politik für Medienarchitektur in städtischen Planungsschemata an. Dies weist auf einen wachsenden Konsens über deren Beitrag zu städtischen Gebieten hin.

Wenn sie gut gemacht ist, dann kann Medienarchitektur unsere Gemeinden zusammenbringen. Zum Beispiel indem sie eine Einbindung in den Designprozess und die Zeit nach dessen Vollendung zulässt. Wenn sie nicht gut gemacht ist, kann sie eine architektonische Trennung oder soziale und kulturelle Probleme hervorheben. Dies kann in Desinteresse, Missbilligung oder sogar Vandalismus enden.

Gute Designprozesse machen Medienarchitektur gegen technische Evolution, Neuausrichtung und Überalterung beständig. Diese Designanforderungen sollten besser in der Politik und in Entscheidungsfindungsprozessen repräsentiert sein. Solch ein Ansatz würde beinhalten, dass die Gemeinden die Aufnahme von Medienarchitektur anregen, um öffentliche Plätze zu aktivieren. Hier gibt es eine erste Gelegenheit, um Politik über digitale Medien mit Politik über öffentliche Orte zu koordinieren.

Wenn es um Politik in Sachen digitale Medien geht, wird sich momentan darauf konzentriert, Perspektiven zu beschützen und visuelles Durcheinander zu vermeiden. Politik über öffentlichen Platz ist vom Charakter her qualitativer und empirischer. Sie legt die Notwendigkeit von offenem Raum dar, der Lebensqualität, Engagement und Attraktivität fördert. Beide Strategien sollten bestehen bleiben. Das ist unabdingbar. Beide Räte sollten erkennen, dass Medienarchitektur Menschen engagieren und gleichzeitig den Reiz des öffentlichen Raumes erhöhen kann.

Was sind die zentralen politischen Fragen?

Die Gemeindeleitung sollte spezifische Richtlinien bezüglich der Design- und Entscheidungskriterien anordnen, um langfristige Nachhaltigkeit und Akzeptanz zu fördern. Das beinhaltet:

  • Verfahren zur Beteiligung. Wie können Menschen mit Medienarchitektur interagieren? Wer sind diese Menschen – ansässige Bürger oder alle? Wird eine spezielle Altersgruppe angesprochen? Wird die Öffentlichkeit in den Designprozess involviert? Gibt es ein kulturelles Programm, dem sich die Medienarchitektur angleichen sollte, so wie White Night oder Vivid?
  • Universelle Verständlichkeit von dargestelltem Text, Bildern und Symbolen über alle kulturelle Normen und Werte hinaus. Sollte eine solche Information weitergetragen werden? Wie wird dieser Prozess eingerichtet, aufrechterhalten und überprüft? Wer nimmt an der Moderation teil?
  • Verhinderung eines architektonischen und städtischen Konflikts. Wie wird das Eindringen von Licht in den privaten Raum von Menschen gemildert oder wie tragen die sozialen Medien zum architektonischen Erleben der Stadt bei? Wie werden Text, Bilder und Symbole gestaltet, um sich der Architektur anzugleichen?
  • Antworten auf Neuausrichtung und Überalterung. Wie geht Medienarchitektur mit einem Wechsel der Belegung, Sanierung und Leerstand um? Wie wird sie von der architektonischen Lebensspanne beeinflusst und anders herum?
  • Prävention von technologischem Verfall. Welche Optimierungsmaßnahmen sind vorhanden, um technische Flexibilität zu gewährleisten? Wie wird Medienarchitektur aufrechterhalten? Wie regelmäßig sind Informations-Updates?
  • Vorgehen bei Meinungsverschiedenheiten. Wie könnten Bewohner und Anwohner ihre Sorgen über dargestellte Informationen oder technische Funktionen äußern, vor und nach der Fertigstellung des Projekts?

Die Gemeindevertreter sollten auch Richtlinien mit spezifischen Zielen für bestimmte Gegenden zur Verfügung stellen. Zum Beispiel könnte man in Touristengegenden eindringendes Licht mehr abmildern als in Wohngebieten.

Wie es für die Städte weitergeht

Das Bedürfnis nach Politik wird durch architektonische Sorge motiviert. In den meisten Fällen müssen wir eine Erlaubnis einholen, wenn wir die äußere Erscheinung eines Gebäudes ergänzen oder ändern. Das stellt sicher, dass die Veränderung einen minimalen negativen Effekt auf den Charakter und auch auf das Auftreten der Gegend hat. Das Ziel ist, dass das Gebäude – ohne Rücksicht auf Zweck, Dimension oder Lokalisation – gut hineinpasst.

Genauso wie die Behausungen, muss auch die Medienarchitektur gut hineinpassen und ihre sozialen Möglichkeiten maximieren. Wir sollten Medienarchitektur, die in dekorierten Absteigen oder bloßen Schaufensterdekorationen endet, verhindern.

Politik, die die funktionellen und sozialen Qualitäten von Medienarchitektur besser anspricht, ist notwendig. Und damit diese Politik funktionieren kann, werden umfassende Leitlinien immer notwendiger. So kann man unter anderem sicherzustellen, dass Menschen durch digitale Medien in öffentlichen Plätzen eingebunden werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf The Conversation unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adpated) „Skyline“ by Mike Wilson (CC0 Public Domain)


The Conversation

ist Digital Media Spezialist im Microsoft Research Center für Social Natural User Interfaces und der Science Gallery Melbourne. Niels hat einen Doktortitel in Ingenieurwesen: Architektur von der Universität Leuven, einen MSc in Architektur und einen BSc in Informatik.


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