Der 15 Jahre Netzpiloten-Jubiläums-Talk

Wir Netzpiloten feiern dieses Jahr unser 15 jähriges Bestehen. In einem Gespräch zwischen dem jüngsten Redaktionsmitglied, Steve Martin (23) und dem Netzpiloten-Gründer, Wolfgang Macht (46) geht es um verblassten New Economy Größenwahn, Survivertum und den Aufbruch zu neuer Verantwortung. Außerdem fragen wir in den kommenden Wochen immer wieder Weggefährten nach ihren persönlichen Highlights aus anderthalb Jahrzehnten Digitaler Revolution.

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Steve: 15 Jahre Netzpiloten – bist du zufrieden was aus der Plattform geworden ist?

Wolfgang: Teils teils. Angetreten sind wir ja als Pioniere, die traditionelle Inhalte mit einer neuen Online-Navigation verbanden. Dafür haben wir die sogenannten Webtouren entwickelt, mit denen wir Tausende von redaktionell ausgewählten Rundtouren durchs Netz bereitgestellt hatten.

Steve: Ideal für Anfänger, denke ich mal.

Wolfgang: Genau. Und 1998 waren ja im Grunde alle Anfänger. Das heißt wir haben sowohl ganz einfache Erklärtouren für AOL-Angsthasen produziert (Wie geht Online-Shopping?) aber auch ausgefeilte Kulturtrips zu nie gesehenen Kunstprojekten oder lustigen Spaßseiten.

Steve: Klingt ja als Service nicht schlecht. Ich hab mal nachgeschaut, als die Netzpiloten 2000 mit TV Spot und Internationalen Ablegern auf sich aufmerksam gemacht hatten war ich gerade in der 4. Klasse. Damals sehr stolz wenn ich einmal in der Woche an den heimischen Windows 98 PC durfte.

Wolfgang: Ja, wir haben den New Economy Hype in vollen Zügen mitgemacht. Auf der Höhe der Welle waren wir knapp 150 Mitarbeiter mit vier Auslandsbüros und wurden hofiert wie Supermodels. Das war dann alles auch sehr schnell wieder vorbei, weil wir fast über Nacht für unser Konzept keine Werbegelder mehr einnehmen konnten und ein Plan B nicht in der Schublade war.

Steve: Trotzdem habt ihr überlebt.

Wolfgang: Wir hatten innerhalb weniger Wochen fast alles komplett zurückgefahren, saßen schließlich zu siebt in einem gigantischen leeren Büro und rieben uns die Augen wie nach einem Spuk. Gerettet hatten uns unsere Gewinnspiel-Plattformen. Ein paar Jahre später konnten wir uns in der Blogwelt zurückmelden und uns mitten aus der digitalen Szene zu dem heutigen Magazin entwickeln.

Steve: Die Webtouren von damals sind nicht mehr am Start.

Wolfgang: Die klassischen Webtouren braucht heute kein Mensch. Wir haben sie für unser täglichen Lesetipps noch als Oldtimer im Einsatz und eigentlich hätte ich schon Lust, dass wir uns das Tool mal wieder vorknüpfen und prüfen, welchen publizistischen Service es heute liefern könnte. Jedenfalls freue ich mich total, dass wir mit Netzpiloten.de eine geachtete Plattform im Netz geblieben sind. Wann war deine erste Begegnung mit den Netzpiloten?

Netzpiloten

Steve: So zum Beginn meines Studiums, ich war 20, sah ich eine gelungene Seite, die nicht nur Technik-Trends zeigt. Das „Querbeet“ hat mir sehr gefallen. Einblicke in verschiedenste Bereiche – ob Netzpolitik, Gadgets, Trends oder einfach nur pure Unterhaltung, gaben mir einen kleinen Rundumblick. Das war auch der Grund warum ich unbedingt für die Netzpiloten arbeiten wollte.

Wolfgang: Du gehörst zur Generation der Digital Natives, bist also komplett mit Internet, Playstations und Handy aufgewachsen. Ich nehme an, du regelst dein ganzes soziales Leben per Smartphone, richtig?

Steve: Mein Tag beginnt damit, dass ich von meinem Smartphone geweckt werde, zum Frühstück Musik/Radio darüber höre und schaue was das Wetter bringt. Ohne dieses “Tool” wäre ich wirklich aufgeschmissen. Termine, Erinnerungen und E-Mails werden nur noch damit gesteuert. Was den Heim-PC eigentlich so nach und verstauben lässt. Auch Nachrichten, Trends und Ereignisse verfolge ich komplett über das Smartphone. Ein komisches Gefühl wenn man mal bedenkt, dass es früher auch ohne ging.

Wolfgang: Ich habe in den letzten Jahren sehr daran gearbeitet, eine friedliche Koexistenz mit den diversen Gerätschaften und Diensten herzustellen. Ich liebe die traumhafte Situation, dass ich überall und jederzeit auf der Welt via Smartphone und Laptop arbeiten kann. Aber ich hasse es, wenn ich fahrlässig vor einem schönen Abendessen oder vorm Schlafengehen nochmal in die Mails schaue und prompt was dabei ist, was mir dann länger im Kopf rumgeht oder sogar die Laune verdirbt. Dabei hätte der Blick am nächsten Morgen völlig ausgereicht. Hast du Leib-und Magen – Publikationen im Netz oder außerhalb, die du regelmäßig liest?

Steve: Mittlerweile bin ich ein treuer Freund von Virato und Flipboard geworden. Gerade wenn wenig Zeit ist, kann man mit einem paar “Fingerwischs” auf dem aktuellen Stand bleiben. Was bei Virato auch sehr interessant ist, ist die Verbreitung bei Facebook, Twitter und G+. Regelmäßige Besuche sind unter anderem, Meedia, Turi2, t3n, Bildblog und buzzfeed.

Wolfgang: Also nichts Gedrucktes!?

Steve: Wenn nicht zufällig irgendwo etwas ausliegt, nein.

Wolfgang: Krass! Ich bin durch und durch ein Magazine-Junkie – zunehmend von tablet-Magazinen aber nach wie vor auch von kiloschwerem gedrucktem Hochglanz. Wie sehr beschäftigen dich persönlich Themen wie Netzneutralität, Datenschutz, Privatsphäre, Urheberrecht?

Steve: Wirklich “aufgewacht” bin ich erst jetzt durch PRISM und Tempora. Datenaffären gab es in den letzten Jahren ebenfalls. Was mich vorerst weniger interessierte. Mittlerweile schreibt ein komisches Gefühl bei Mails, Twitter- oder Facebookeinträgen mit. Was früher eher war wie “Na und?” ist mittlerweile doch zu mehr Skepsis gereift. Die Frage warum und wieso unternimmt dagegen niemand etwas, ist allgegenwärtig. Welche Zukunft siehst du für die Netzpiloten?

Wolfgang: Ich finde unseren Pionierstatus ganz angenehm und hoffe es gelingt uns weiterhin, junge Journalisten wie dich und eine Vielzahl unserer Autoren an das Magazin zu binden. Mit gefällt gut, dass wir uns sowohl für neue Trends begeistern können aber gleichzeitig auch die Verantwortung spüren für gesellschaftlich relevante Themen. Ich finde es wichtig, dass wir uns noch mehr interessieren für den Wandel den die Digitalisierung in nahezu allen Bereichen unseres Lebens hervorruft.  Letztes Jahr haben wir ja unseren Report zum Thema “Social Media in Firma und Familie” herausgebracht. Das finde ich eine gute Richtung für uns – Kundig, ratgebend, vermittelnd und dabei trotzdem mit Spaß an einer attraktiven Verpackung.

Steve: Wir haben viele Weggefährten der Netzpiloten gefragt, was für sie persönlich das eindrücklichste Erlebnis in der Digitalen Revolution war.  An was denkst du da spontan?

Wolfgang: Bei mir sind es drei Momentaufnahmen, die insbesondere unsere turbulente Anfangsgeschichte markieren. Erstens: Im Winter 1999 schickte uns unsere sonst kreuzbiedere Hausbank Champagner zu Weihnachten und warb darum, bei uns investieren zu dürfen. Da wussten wir, da rollt was auf uns zu. Zweitens: Im Frühjahr 2000 lief in Barcelona die zig-köpfige Belegschaft einer der ältesten und ehrwürdigsten Anwalts-und Notarskanzleien zusammen um die beiden Gründer aus Deutschland zu besichtigen, die in Lederjacken und Fahrradkuriertaschen ihre neue Klienten werden sollten. Wir fühlten uns wie im Zoo. Drittens: Im Sommer 2000 trat ich auf das gigantische Studio-Set unseres TV Spots und traute meinen Augen nicht welch opulenter Revue-Act unsere Netzpiloten berühmt machen würde. – Und obwohl es natürlich unglaublich war, all das alles erlebt zu haben, ist mein Trinkspruch für das Jubiläum: Never believe the hype!

Die Crew der Netzpiloten in Hamburg und Berlin setzt sich zusammen aus rund zehn festangestellten Redakteuren/innen, festen freien Blogger/innen sowie einigen Praktikanten. Alle Texte der Mitglieder unseres ausgedehnten Netzpiloten Blogger Networks erscheinen direkt unter deren Autorenhandle.


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1 comment

  1. Als „Pioniere“ habt ihr euch technisch aber kaum weiterentwickelt. Redaktionell mag ich die Netzpiloten ja, aber Layout, Ladezeiten und so weiter sind wirklich katastrophal. Liebe Netzpiloten, gönnt euch doch bitte endlich mal ein Facelift.

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