Alles gesammelt, von nichts gewusst: Warum eine Datenstrategie im Digital Marketing wichtig ist

Digitalisierung hurra! Cloud Computing, Automatisierung und Big Data. Alle machen mit und jeder hat schon mal davon gehört, dass Daten der wertvollste Rohstoff des Informationszeitalters seien. Doch bei der optimalen Nutzung von Daten steht der Markt noch ganz am Anfang, denn den meisten Unternehmen mangelt es nach wie vor an einer professionellen Datenstrategie. So gilt die Prämisse: „Erst einmal sammeln, dann sehen wir weiter“. Diese ziellose Datensammelei endet meist im Datendschungel aus dem nur eine ausgewogene Datenstrategie wieder heraus führt.

Auch im Marketing sind neue Strategien untrennbar mit Technologie verbunden. So überrascht es kaum, dass kürzlich beim New Marketing Tech Summit das Thema Datenhebung und Datennutzung eine maßgebliche Rolle spielte. Für rund 37 Prozent der Marketiers hat das Thema Datenstrategie zur Zeit sogar höchste Priorität. Schließlich geht es um bares Geld: So prognostizierte die IDC im Auftrag von Microsoft allein in Deutschland ein Potenzial für geschäftliche Mehrwerte auf der Basis von Datenanalysen in Höhe von 99 Milliarden US-Dollar: It’s all about Data! – aber was macht eine erfolgreiche Datenstrategie im Marketing aus und wie gelingt die Umsetzung?

UmfrageAdzineResearch
Quelle: New Marketing Conference.

Structure follows Strategy

Die Struktur eines Unternehmens soll seiner Strategie folgen – so lautet ein von Alfred J. Chandler jr. in den 1960er-Jahren aufgestellter Leitsatz der Wirtschaftswissenschaft, der in Sachen Digitalisierung heute noch gilt: Ob BMW, Tuifly, oder Tesla Motors; große Unternehmen haben längst eine klare Vorstellung davon, wie sich per Datenanalyse ihre Marketingprozesse optimieren lassen.

Auch der Mittelstand weiß um das Potential der neuen Technologie und die Verlockung ist groß, sich dem Thema Data-Management aus IT-Sicht zu nähern. Doch Experten raten ausdrücklich dazu, sich erst eine Datenstrategie zu erarbeiten, bevor die Entscheidung zum Einsatz etwa einer Data Management Plattform gefällt werden. Leider fehlt gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen eben dieser strukturierte Fahrplan und oft sogar die Vorstellung davon, wozu eine Datenstrategie eigentlich dient.

Laut Benjamin Aunkofer, Lead Data Scientist und Hochschul-Dozent, brauchen Unternehmen eine Datenstrategie, um „sich nicht in Big-Data- beziehungsweise Data-Science-Projekte zu verrennen oder mit den falschen Projekten anzufangen. Die Strategie soll Frustration vermeiden und schon vom Ansatz her dafür sorgen, dass die nächst höhere Etage – bis hin zum Vorstand – Big Data Projekte nicht für sinnlos erklärt und die Budgets streicht.“

So liegt es auf der Hand, dass eine erfolgreiche Datenstrategie vor allem auf Synergien in den verschiedenen Abteilungen beruht. Nur wenn IT, Produktmanagement, Marketing und Vertrieb, kaufmännische Entscheider und Datenexperten eine gemeinsame Strategie für datengetriebenes Marketing erarbeiten und verfolgen, lassen sich alle relevanten Datenquellen sinnvoll verknüpfen und auswerten, so dass schließlich alle profitieren. Eine gute Datenstrategie bleibt dabei laut Aunkhofer „auf dem Boden und hat realistische Ziele, sie orientiert sich an den Gegebenheiten und nicht an zukünftigen Wunschvorstellungen einzelner Visionäre.“

Die richtige Datenstrategie zu jeder Zeit an jedem Ort

Ob im Kampagnenmanagement, in der Kommunikation oder bei der Produktplanung; vor allem Marketiers können von einer gelungenen Datenstrategie und zielgerichteten Datenanalysen profitieren. Wer die richtigen Fragen stellt, erhält wertvolle Informationen über Kunden und Märkte. Dank derer lassen sich Produkte und Services dann schneller und besser an die individuellen Gegebenheiten anpassen. Etwa durch Personalisierung in der Kundenansprache entlang der gesamten Customer Journey, beim Location-Based Targetin oder im Adspend.

[table id=24 /]

Quelle: “WHAT’S YOUR DATA STRATEGY?” BY LEANDRO DALLEMULE AND THOMAS H. DAVENPORT, MAY–JUNE 2017© HBR.ORG

Bei der Formulierung einer Datenstrategie müssen die Beteiligten vielerlei Faktoren berücksichtigen. Die entscheidende Frage lautet: Beginnen wir von Null oder geht es darum, das datengetriebene Marketing neu auszurichten? Fahren wir eine offensive Datenstrategie und sind dabei möglichst flexibel und schnell? Oder verfolgen wir eine eher defensive Strategie, bei der es in erster Linie um Sicherheit und Vertrauen geht? Wollen wir unsere Daten selbst kontrollieren oder lagern wir sie aus? Zuerst muss klar sein, wohin der Weg gehen soll und wie der Weg aussieht. Dann kann man überlegen, wie und mit welchen Mitteln man den Weg beschreitet.

Sag mir, wie ein Projekt beginnt und ich sage Dir, wie es endet

Benjamin Aunkhofer empfielt Data Driven Thinking als probate Methode, sich einer Strategie zu nähern: „Es ist die, an das Design Thinking angelehnte, Denkweise, Daten zu nutzen, um Fragen zu beantworten und damit verbundene Probleme zu lösen.“ Hierbei durchdenken die Beteiligten in fünf Schritten ihr Vorgehen und bekommen so eine Vorstellung davon, welche Datenquellen zur Verfügung stehen, welche Art von Informationen in ihnen enthalten sind und wie sich dieses Wissen gewinnbringend in die Geschäftsprozesse integrieren lässt. Ob sich eine offensive oder defensive Datenstrategie besser eignet, lässt sich mit dem Tool von Leandro DalleMule und Thomas H. Davenport „Assess Your Strategy Position“ ermitteln.

DataThinking
© Datanomiq Aus: “DIE FÜNF SCHRITTE ZUR DATENSTRATEGIE“ VON BENJAMIN AUNKOFER, AUG. 2017

Mit Sicherheit werden wir in den kommenden Jahren eine weitere Explosion der datengetriebenen Dienstleistungen beobachten können. Marketiers werden vor noch komplexeren Aufgaben stehen als bisher, doch eine Wahl haben sie schon lange nicht mehr. Ohne professionelle Datenstrategie und starkes Datenmanagement werden Unternehmen über kurz oder lang den Anforderungen ihrer Kunden nicht mehr gerecht werden. Der Mittelstand sollte also schleunigst die Ruder in die Hand nehmen und versuchen aufzuholen, bevor es zu spät ist.


Image (adapted) „Datenstrategie“ by Markus Spiske (CC0 Public Domain)


ist Fachjournalistin für Interactive Design, Technologie, eCommerce, digitale Wirtschaft und Bildung. Lebt seit 2003 in Hamburg und arbeitete dort unter anderem als Redakteurin für einen Kulturverein, verschiedene Fachverlage, Agenturen und Start-Ups. Jetzt bei PAGE.


Artikel per E-Mail verschicken
Schlagwörter: , , , , , , , ,

1 comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert