Editor und Konsument: Breaking News will Hinweise per App an alle Nutzer verteilen

Weniger als eine Minute, nachdem ein Erdbeben mit einer Stärke von 5.2 Südkalifornien am 10. Juni 2016 um 1:04 Uhr in der Nacht erschütterte, trafen haufenweise Hinweise in der News-App des Dienstes Breaking News ein. Im vergangenen Monat fügte der Dienst von NBC der eigenen App eine Funktion hinzu, die den Nutzern erlaubt, andere Nutzer und Breaking News-Redakteure über Nachrichten zu alarmieren, die in der Nähe stattfinden. Um 1:05 Uhr sendeten Breaking News-Nutzer von Anaheim bis San Diego Hinweise zur App. Die Los Angeles Times veröffentlichte ihre erste Schlagzeile, geschrieben von Quakebot und basierend auf Informationen des US-amerikanischen Geoinforamtionsdienst mit Angaben von 1:09 Uhr. Innerhalb der ersten 30 Minuten nach dem Erdbeben wurden 136 Hinweise an Breaking News abgegeben. Es war das Ereignis mit den meisten Hinweisen seit der Einführung der Hinweis-Funktion im Mai. Seitdem hat Breaking News Hinweise von 80 Ländern und allen 50 Staaten erhalten, sagte Geschäftsführer Cory Bergman. Diese Hinweise führten zu ein paar hundert Schlagzeilen.

Breaking news wird von Augenzeugen sehr viel schneller überblickt als irgendeine andere Nachrichtenorganisation, sagte Bergman. Es ist wie ein Live-Video, es ist wie eine Aufnahme aus jedem möglichen Winkel. Dies ist unser erster Exkurs, um herauszufinden, wie wir als Nachrichtenunternehmen ein Stück davon abhaben können, ohne die Berichterstattung komplett an Social-Media-Plattformen zu übergeben.

Der Knopf, mit dem man Hinweise mitteilen kann, ist in der oberen rechten Ecke der App. Nutzer können aus einer Anzahl von Emojis, die Ereignisse repräsentieren, wählen. Deren Bandbreite reicht von einem Erdbeben über Überschwemmungen bis hin zu Sirenen oder einem lauten Knall. Die Hinweise fließen dann zu dem Bereich namens „in der Nähe“, der Hinweise zeigt, die in der Nähe der Umgebung des Nutzers eingereicht wurden. Ein Feed mit Hinweisen wird ebenso in das Veröffentlichungssystem der App gespeist, so dass Breaking News-Redakteure sie sehen können. Es gibt so viele Hinweise, dass Redakteure nicht auf alle eingehen können, aber wenn es einen Zustrom an Hinweisen zu einem bestimmten Thema gibt, können sie die Information nutzen um Berichte zu bestätigen. „Der wertvollste Teil, in dem viel des eigentlichen Potentials für uns liegt, ist, wenn es eine Steigerung von ähnlichen Hinweisen von einem ähnlichen Ort innerhalb einer kurzen Zeitspanne gibt“, sagte Bergman. „Wir halten ein Auge nach diesen Hinweisen offen und richten unsere Aufmerksamkeit gesondert auf sie.“ Breaking News erhält immer mal wieder besondere Hinweisen über große Schlagzeilen in städtischen Gegenden, so wie die Explosionin einer Fabrik neulich in Südphiladelphia und einem stundenlangen Stromausfall im Stadtzentrum von Seattle Ende Mai. Es kann auch Ausreißerhinweise geben, mit denen Meldungen bestätigt werden. Zum Beispiel dass Überschwemmungen in Sri Lanka mehr als 100 Menschen letzten Monat getötet haben und eine halbe Millionen Einwohner vertrieben haben. Diese Berichterstattung über die Überschwemmungen begann mit einem einzelnen Hinweis aus dem Stadtrand der Hauptstadt Colombo. Nachdem Breaking News-Redakteure den Hinweis gesehen hatten, konnten sie nur einen einzigen Bericht über die Überschwemmung finden, aber durch Suchen in sozialen Medien wurde ein Tweet gefunden, der überflutete Straßen zeigte. Mithilfe dieser Information konnte Breaking News einen Notruf rausschicken und die Berichterstattung in seinen Apps aktualisieren.

Wir haben auch einen umfangreicheren Effekt, sagte Bergman. Wenn wir frühzeitig und sehr schnell Schlagzeilen finden, beschleunigt das auch Berichterstattung in anderen Nachrichtenabteilungen.

Manchmal reichten Nutzer auch falsche Hinweise ein. Vor kurzem meldete jemand ein Erdbeben in Warren, Michigan, einem Vorort von Detroit – dabei gab es kein Erdbeben an diesem Tag und an diesem Ort. Breaking News designte die Hinweis-Funktion in der Hoffnung, die Missbrauchsmöglichkeiten zu verringern. Die Kategorien sind absichtlich recht weitläufig, die Schrift für Hinweise ist heller und kleiner als die Schrift für bestätigte Berichte und auf die Registerkarte „in der Nähe“ beschränkt – im Now-Feed, der beschreibt, was im Moment gerade passiert, ist das nicht der Fall. Breaking News kann zudem Nutzer sperren, die wiederholt die Hinweis-Funktion missbrauchen. Dennoch sind falsche Hinweise ein großes Problem. „Nachrichtenunternehmen waren stets darüber besorgt, was passiert, wenn die Gemeinschaft etwas falsch macht oder etwas Falsches sagt„, sagte Bergman.“ Als Industrie sind wir noch nicht offen genug gewesen, der Gemeinschaft etwas Spielraum zu erlauben.“ Die Hinweis-Funktion entstand aus der Breaking News App von Apple Watch. Dort konnten Nutzer eine Taste drücken, um anzudeuten, dass Neuigkeiten in ihrer Nähe passierten. Die Redakteure konnten entscheiden, ob sie diesen Hinweisen weiter folgen wollten. Aber die Redakteure waren auch recht bald mit vagen Hinweisen überwältigt und legten fest, dass eine spezifischere Hinweis-Funktion erstellt werden sollte, die sie zu iOS und Android-Apps hinzuzufügen und kundenorientierter machen konnten. Breaking News will einen besseren Weg finden, Nutzern, die Hinweise einreichen, diese Mühen anzurechnen. Außerdem will man bestätigte Hinweise in den primären Now-Feed einspeisen. Die Firma denkt auch darüber nach, wie es funktionieren könnte, mithilde von Nachrichtenorganisationen Geoinformationen über die eigenen Breaking News-Apps hinaus zu erweitern und eine einheitliche Hinweisplattform zu erstellen. Optimierte Wege, um Schlagzeilen für Redakteure zum Vorschein zu bringen, sind bereits in Arbeit. Im Augenblick müssen sie manuell Hinweise sieben, um Nachrichten zu finden, aber Breaking News plant ein programmatisches System, das den Redakteuren Benachrichtigungen senden kann, wenn es mehrere Hinweisen zu einem Thema gibt. Bergman sieht die Hinweis-Funktion als einen Teil der Bemühung von Breaking News, Ortung zu einem zentraleren Teil mobilen Nachrichtenkonsums zu machen. „Wir arbeiten daran, einer Antwort auf die Frage ‚Hey, was ist gerade in meiner Nähe passiert?‘ geben zu können“, sagt Bergman. „Es wird keinen netten, säuberlich aufbereiteten Bericht dazu geben – vor allem nicht im frühen Stadium – aber wenn Nutzer Hinweise, Tweets und andere Berichte in dem „in der Nähe“-Bereich der App zu sehen, können sie sich zusammenreimen, was gerade passiert. Diesen Anwendungsfall zu erfüllen, ist einer unserer größten Ziele.“. Dieser Artikel erschien zuerst auf “Nieman Journalism Lab” unter CC BY-NC-SA 3.0 US. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image (adapted) „Texting in NYC“ by Michele Ursino (CC BY-SA 2.0)


schreibt für das an der Harvard Universität angesiedelte Nieman Journalism Lab über Innovation in der Medienbranche. Davor arbeitet er für die Nachrichtenagentur Reuters und berichtete über den wirtschaftlichen Niedergang von Detroit.


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