Blog-Evolution: Ad-hoc Dialoge ersetzen Kommentare

technochart

Technorati misst die Relevanz von Blogs anhand der Links, die von anderen Blogs darauf verweisen. Die Währung heißt Authority. Es gibt rund 76.000 Blogs weltweit, die über eine „Authorität“ von mehr als 50 verweisenden Blogs verfügen. Da beispielsweise Serendipity Probleme mit Trackbacks hat, ist die Dunkelziffer noch höher. Trotz der immensen Zahlen oder gerade deswegen hat Brian Solis von techcrunch Probleme mit der Relevanzmessung.

Nach seiner Ansicht verlieren die Blogs an Authorität: Techcrunch selbst, obwohl noch immer auf Platz 3 der Top-100-Liste, musste Einbußen von 50 Prozent der Links hinnehmen. Die Site ist innerhalb von rund drei Monaten von über 32.000 Links auf 16.000 abgesackt, weil sich die Links auf die wachsende Masse der täglich tausend neuen Blogs umverteilt. Ein ähnliches Phänomen erleben die klassischen Medien, die sich in den letzten zehn Jahren trotz um 40 Prozent gestiegener Anzahl an Publikationen denselben Werbekuchen teilen mussten wie Ende der Neunziger.

Kommentare wandern aus – zu Twitter

Aber das ist nicht der einzige Grund. Wer schon länger bloggt, stellt fest, dass die Anzahl der Kommentare zu Blogeinträgen proportional zur Zunahme von Tweets und Bemerkungen bei Friendfeed oder Facebook abnimmt.

Das Web erhält zweite Schicht: Partizipation als ad-hoc Kommunikation

Ich würde das sogar noch forcieren und sehe eher eine Teilung in dialogisches ad-hoc Social Media wie Twitter und archiviertes Old-School Publizieren in Blogs. Beides wird immer aufeinander Bezug nehmen, jedoch werden die Themen unterschiedlich verteilt und – was noch wichtiger ist – die Aufmerksamkeit wird nicht nur zum Maß für Werbung, sondern auch zum Maß für das Selbstverständnis des Autors in Bezug auf den jeweiligen Kanal.

Twitter ist blog² – Social Media zweiter Ordnung

Blogs bilden daher immer mehr den Boden, oder präziser den Dünger, auf dem ad-hoc mit Microblogging oder Aggregationstools eine Bedeutungsebene zweiter Ordnung entsteht. Hier setzt dann auch die gewünschte Bewertungsfunktion an, die mit zoomer.de und anderen Blogprojekten so kläglich an der Ausdauer der Macher gescheitert ist.

Denn trotz der enormen Geschwindigkeit der Informationsvernetzung an sich, bewegen sich die Adaptionshandlungen der Masse doch in überschaubaren Geschwindigkeiten. Ich kenne heute nicht wenige Menschen, die täglich das Web nutzen, aber nicht so ganz genau wissen, was ein Blog ist und wo da die Links sind zum Auffinden der einzelnen Artikel. Twitter ist dort eine Art Large Hadron Collider (LHC) – also das riesige Ding in der Schweiz zum Erfassen von Antimaterie…

Twitter? Kenne ich, habe ich von gelesen (bei SpOn oder der Süddeutschen)…

Aber wehe, wenn die erstmal erfasst haben, was die Early und Late Adopters da so treiben und wie sie es nutzen. Dann bricht der zweite Frühling des viralen Marketings und die Innovation des Kundensupports via Twitter so mancher klassischer Agentur und so manchem traditionellen Call-Center das Genick. Machen wir uns also darauf gefasst, dass die partizipative Ebene an Social Media weitgehend in die dialogorientierte Ebene der ad-hoc und n:n Kommunikationsmittel wie Twitter und identi.ca fließt und dort bleibt. Microblogging ist also kein Feind der Blogs 2.0, sondern Blogging über Blogs – also Blogging².

Messmethoden

Vielleicht messen wir morgen eher mit Klout.com und Backtype.com was wir heute noch mit Technorati messen. In jedem Fall gibt es eine neue Ebene über der Schicht der Webserver, die mit ICQ begann und über Skype ihren ersten Höhepunkt hatte, der jetzt mit Twitter und Konsorten wieder auf der Schriftebene fortgeführt wird hin zur asynchronen aber multikanalfähigen Kommunikation mit eingebetteten Bildern, Videos und Podcasts. Hypertext ist angekommen im Rich Media Land.

  ist seit 1999 als Freier Autor und Freier Journalist tätig für nationale und internationale Zeitungen und Magazine, Online-Publikationen sowie Radio- und TV-Sender. (Redaktionsleiter Netzpiloten.de von 2009 bis 2012)


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4 comments

  1. Die Blog-Evolution geht weiter: nach Twitter folgt ein weiteres Microblog System (www.blogmachin.net), das völlig ohne Anmeldung auskommt. Jeder kann sofort losbloggen und auch seine Posts wieder löschen. Es wird in Spähren kommuniziert, die bei Bedarf vom System für den Blogger neu generiert bzw. erweitert werden.

    Will man nicht nur kommunizieren, sondern auch aktiv werden, steht ein global-emergency-aid-blogsystem (www.machinkaput.net) zur Verfügung. Hier kann und soll weltweit per blog Hilfe in Notlagen gegeben werden können.

    Beide Blogsysteme sind speziell auf mobile Geräte mit Touch-Screens optimiert, damit man überall und jederzeit ad-hoc Nachrichten absetzen kann.

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