Acht (oder mehr) Geschäftsmodelle für E-Mail Newsletter

Als ich vor einigen Jahren begann, die redaktionellen E-Mail-Newsletter der Financial Times zu überarbeiten, wurde ich schnell mit positiver Bestätigung, technischer Frustration und Quellen tiefer Zufriedenheit konfrontiert.

Die gute Nachricht war, dass wir am Höhepunkt eines wiedererstarkten Interesses für E-Mails von Medienfirmen waren, das gerade wieder angestiegen ist. Dies legte nahe, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Von legendären Printunternehmen wie der New York Times bis hin zu digitalen Unternehmen wie BuzzFeed – fast jeder erkennt den Wert des Mediums.

Das Frustrierende war, dass E-Mails und das kommerzielle System, in das sie eingebunden waren, nur wenig an die Bedürfnisse von Journalisten und Lesern angepasst waren. Das Senden von E-Mails bedarf einer Navigation durch ein komplexes Labyrinth aus technischen Systemen und vermehrten regulatorischen Anforderungen. Es bedeutet, Systeme anzupassen, die hauptsächlich auf die Bedürfnisse von Spezialisten abgestimmt sind, die in Marketingabteilungen mit Programmierfähigkeiten für verschiedene Anwendungsfälle von Journalisten mit engen Deadlines sitzen.

Trotz dessen waren wir mit den Antworten, die wir erhielten, zufrieden: Viele gaben an, sich durchgängig für E-Mail-Newsletter einzutragen, diese dann auch zu öffnen und auf Artikel zu klicken. Viele gaben sogar ein regelmäßiges, positives Feedback. Das, was wir taten, hatte Ähnlichkeit mit einer „Heilung“: Wir durften die besten Stücke aus den Nachrichten und Analysen auswählen. Entwickelt werden sollte ein Narrativ für Leser, die unter Zeitdruck standen und geradezu in Informationen ertranken. Wir konnten so außerdem eine direkte Beziehung zu unseren Lesern herstellen.

Dan Oshinsky, Leiter der Newsletter-Abeilung bei BuzzFeed, berichtete mir: „Uns geht es darum, Geschichte zu erzählen, die die Leute teilen möchten. Deshalb ist die E-Mail so ein natürlicher Startpunkt. Es ist sicherlich nicht die schillerndste oder neueste Plattform. Aber sie hat eine gewisse Reichweite, bringt Leute zurück auf die Seite und verteilt unsere Inhalte.“

Wie bei so vielem in den Redaktionen sind auch die Ressourcen stark begrenzt und Medienunternehmen suchen immer noch den besten Weg, um E-Mails als Teil eines größeren Engagements zu monetarisieren. Dies brachte mich dazu, mit Kollegen von anderen Medienorganisationen zu sprechen – in Nachrichtenabteilungen und kommerziellen Abteilungen – um die Trends zu verstehen, die ich in einem neuen Bericht für das Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford hervorhob.

Es werden zurzeit mindestens acht verschiedene Geschäftsmodelle getestet:

  1. Internetraffic generieren oder konvertieren. Die Klicks, die durch die E-Mail-Newletter hereinkommen, können die Gesamtzahl der Pageviews erhöhen. Dies unterstützt das breitere Geschäftsmodell und erhöht Anmeldungen und Werbeumsätze. Die Washington Post, die mehr als 70 redaktionelle E-Mails betreut, nennt dies eine „Zugbrücke“. Sie erhöht die Reichweite und zieht eine größere Zahl potentieller Leser an. Der New Yorker sagt, dass die Antwortquote höher ist als in den sozialen Medien. Für kleinere und jüngere Organisationen ist es eine wertvolle Möglichkeit, um Aufmerksamkeit zu bekommen und Lesegewohnheiten bei den Nutzern aufzubauen. Blendle generiert so ein Drittel des Traffics. Die Firma hat ein Mikrozahlungsmodell adaptiert, das nach dem Prinzip „Pay as you go“ funktioniert. Man zahlt, wenn ein Link von einer teilnehmenden Mediengruppe angeklickt wird.
  2. Einzelabonnement: Der Espresso (und die App) von The Economist, The Browser und Brief.me in Frankreich rechnen alle für die E-Mail selbst ab und bieten einen einzigartigen Inhalt oder die Entdeckung von anderen Artikeln auf Grundlage eines starken Urteilsvermögens und einer besonderen Schreibqualität. Laurent Mauriac, Gründer von Brief.me sagt: „Der beste Weg, eine starke Beziehung mit dem Leser aufzubauen, ist, sie dszu zu bringen, zu zahlen.“ In Großbritannien überlegt die „Red Box“ der Times, die die aktuelle Politik behandelt, ein solches Modell einzuführen.“
  3. Spenden oder verschiedene Beiträge: Eine bestimmte Anzahl Newsletter wird umsonst gesendet, aber verlangt regelmäßig Beiträge, wie beispielsweise Johnson’s Russia List. Diese aggregiert Medien und akademische Artikel über Russland und die ehemalige Sowjetunion. Genauso ProMed, die Krankheitsausbrüche mit ansteckendem Charakter abbildet. Manche werden umsonst an Privatpersonen und Akademiker ausgegeben, aber an Geschäftskunden und gewerbliche Abonnenten verkauft.
  4. Zusatz zu Abonnement: Free Lunch, Brexit Briefing und andere spezielle Newsletter werden gratis an Standard oder Premium-Abonnenten versandt. Sie stellen einen alternativen Weg für Leser dar, um Inhalte zu konsumieren. Sie helfen auch dabei, Artikel von der Financial Times im Netz zu verbreiten und das Engagement zu erhöhen, indem mehr Artikel gelesen werden. Auf diese Weise bindet man seine Leser oder kann sie zu Upgrades bewegen.
  5. Werbung: Viele Newsletter enthalten Werbung oder Banner wie Red Box. Immer mehr beinhalten auch native Werbung oder gesponserten Inhalt, wie beispielsweise Quartz’s Daily Brief, The Monocle Minute und TTSO (Time to Sign Off) in Frankreich.
  6. Querverkauf: E-Mails enthalten oft eine Leseprobe, um die Reichweite durch neue Leser zu erhöhen. Man bekommt ungewohnte Inhalte präsentiert und generiert Loyalität und Klicks zu einem Abonnement oder einer Abo-Paywall. Manche tun dies mit ihren eigenen Seiten in Kopperation mit kommerziellen Seiten. Beispielsweise haben die Washington Post und BuzzFeed sich mit Amazon zusammengeschlossen. Andere bewerben Bezahl-Events oder bauen Adresslisten auf, mit denen man verschiedene Zielgruppen adressieren kann.
  7. Markenwahrnehmung: Kostenlose Newsletter sollen größeres Interesse an einer Nachrichtenorganisation oder einem Produkt auslösen. Auch kann das Wissen über die Organisation oder ihren Inhalt vergrößert werden, genau wie die Wahrnehmung von neuen Inhalten oder Services.
  8. Gemeinschaftsbildung: Newsletter, die bestimmte Interessen, Themen oder Leute in bestimmten Regionen ansprechen, bieten eine Möglichkeit, um eine tiefergehende Vernetzung zu speziellen Gruppen herzustellen und eine direkte Beziehung aufzubauen. Auch die Loyalität wird vergrößert und Mitgliedschaften und Eventteilnahmen werden angeboten.

Nicht jedes dieser Modelle funktioniert für jeden – und diejenigen ohne starkes, redaktionelles Urteilsvermögen, eigenen Inhalt oder andere Arten der Abgrenzung werden an dem zunehmend umkämpften Newslettermarkt sehr zu leiden haben. Der Newsletter closure of This, bei dem Leseempfehlungen erteilt werden, ist eines dieser Beispiele.

Neben größerer Experimentierfreude mit diesen Modellen müssen auch andere Zukunftsthemen für redaktionelle E-Mails berücksichtigt werden, wenn es um die Entwicklung von journalistenfreundlicheren Plattformen geht: die Veränderung der Regulierung (vor allem in Europa) und die Rolle der Algorithmen, die bei der Entdeckung von Inhalten eine Rolle spielt.

E-Mails sind ein Hybridmedium, das weit davon entfernt ist, perfekt zu sein. Zur Zeit füllen sie aber eine Lücke für Nachrichtenabteilungen. Ihre Einschränkungen bieten eine wichtige Plattform für Experimente, deren Eigenschaften auch in anderen Medienformen tragen können, die sie vielleicht eines Tages ersetzen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf „NiemanLab” unter CC BY-ND 4.0. Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.


Image “mail-newsletter-home-mailbox” (adapted) by Anne-Onyme (CC0 Public Domain)


Andrew Jack ist Chefkurator bei der Financial Times und schreibt über öffentliche Ordnung, Gesundheit, Nonprofit-Unternehmen und Afrika.


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