Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Meinungsaustausch im Abseits

Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Meinungsaustausch im Abseits

Vor einigen Wochen habe ich bereits meine Bedenken bezüglich des Leistungsschutzrechts für Presseverlage geäußert. Der nun öffentlich gewordene Gesetzesentwurf zeigt: Es betrifft gerade auch die Nutzerinnen und Nutzer und ist eine Gefahr für den demokratischen Meinungsaustausch.

Der Schwamm ist weg, es bleibt Granit

Als ich damals ankündigte, weder Links noch Zitate aus journalistischen Pressetexten zu veröffentlichen, hielt ein Kollege das für unnötig – ich sei ja „auf jeden Fall nicht-kommerziell“. Liest man jedoch die Ausführungen im Entwurf, kann man nur sagen: weit gefehlt.

Blogs sind ein beliebtes Thema im Entwurf, und in klaren Worten wird festgestellt, dass schon die Werbebanner und Flattr-Buttons gewerblich und lizenzpflichtig seien. In keinster Weise sieht der Entwurf vor, das Ganze vom Ausmaß abhängig zu machen, denn „ob der Blogger die Absicht hat, mit der Werbung einen Gewinn zu erzielen“ sei egal.

Einfache Links sollen übrigens kostenfrei bleiben, solange man keine Teile des Artikels bringt. Für die entsprechenden Zielseiten wäre das eine nette Suchmaschinenoptimierung, ohne dass die eigenen Leser eine kleine Serviceleistung erhalten, was sie sich überhaupt unter dem Artikel vorstellen sollen. Danke, aber nein danke.

Zahlen von Berufs wegen

Klingt dick? Kommt noch dicker. Wer nämlich ein Blog in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit führt, kann zwar vielleicht ein wenig von dem Gesetz profitieren – für „die Online-Nutzung von Presserzeugnissen Dritter muss er jedoch eine Lizenz erwerben“. Auch hier verliert man kein Wort über die Frage, ab wann denn eigentlich jemand beruflich bloggt, und ob man diese Frage überhaupt für relevant hält.

Konkret heißt das: wer Themen in Zusammenhang mit seinem Beruf behandelt, muss damit rechnen, zahlungspflichtig zu sein. Das Ganze so lange, wie der Gesetzgeber Presseerzeugnisse für schützenswert hält – nämlich ein Jahr. Klar im Vorteil ist, wer – wie ich seit einiger Zeit – Presseerzeugnisse also einfach in seinem Blog ignoriert. Und am besten auch direkt in den anderen sozialen Medien.

Knebel für die Meinungsfreiheit?

Nun sind Presseerzeugnisse nicht einfach irgendwelche Produkte. Sie genießen einen besonderen Status als Ausdruck von Meinungsfreiheit, jenem holden Gut der Demokratie. Und so bilden sie eine der Grundlagen für einen demokratischen Meinungsaustausch. Dazu bleibt der Gesetzesentwurf beängstigend widersprüchlich. Eine kleine Kostprobe:


    „Das Leistungsschutzrecht schützt bereits kleine Teile des Presseerzeugnisses.“

versus

    „Der Informationsfluss im Internet wird durch die vorgeschlagene Regelung nicht beeinträchtigt.“

Wie soll das zusammengehen? Wenn schon ein kleiner Ausschnitt aus einer Überschrift kostenpflichtig werden soll, wird das zwangsläufig den Informationsfluss beeinträchtigen – insbesondere für kleine Akteure, die mal nicht eben ihr Portemonnaie öffnen können.

So soll es also werden, jenes Leistungsschutzrecht: Ein Gesetz nicht nur gegen die großen Geldverdiener im Netz, sondern gegen alle Nutzerinnen, die Inhalte teilen, zitieren und kritisch hinterfragen möchten – sofern sie in des Gesetzgebers weit gefasste Definition von „gewerblicher oder beruflicher Nutzung“ fallen. Klar suchen die Presseverlage nach Finanzierungsmöglichkeiten für ihre durchaus wertvolle Arbeit – aber mit einem Gesetz gegen den demokratischen Austausch und ihre eigenen Nutzer können sie nur verlieren.


Quelle:


ist Medienwissenschaftler und beobachtet als Autor („Grundkurs Gutes Webdesign“) und Berater den digitalen Wandel. Seine Themenschwerpunkte sind User Experience, anwenderfreundliches Design und digitale Strategien. Er schreibt regelmäßig für Fachmedien wie das t3n Magazin, die Netzpiloten oder Screenguide. Mitglied des Netzpiloten Blogger Networks.


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